WOS 4: Widerspruch zum WLAN-Urteil

"Offene Netze auch für Deutschland" fordern auf der Berliner Wizard of OS deren Cheforganisator sowie eine Reihe von Initiativen und Einzelpersonen.

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Von
  • Monika Ermert
"Offene Netze auch für Deutschland" fordern auf der Berliner Wizard of OS deren Cheforganisator, Volker Grassmuck sowie eine Reihe von Initiativen und Einzelpersonen. Sie wenden sich damit gegen das kürzlich veröffentlichte Urteil des Landgerichts Hamburg, das eine einstweilige Verfügung gegen die Betreiberin eines offenen WLAN-Zugangs für rechtens erklärt hatte, nachdem über ihr Netz urheberrechtlich geschützte Inhalte heruntergeladen wurden.
"In der Konsequenz bringt dieses Urteil alle, die ihren WLAN-Zugang anderen öffentlich zur Verfügung, in eine rechtliche Grauzone," schreiben die Aktivisten in ihrer Erklärung: Wer seinen Zugang nicht zumache, könne jederzeit zum "Mittäter" werden -- ohne Rücksicht darauf, dass eigentlich zwischen Infrastruktur und Inhaltsangebot unterschieden werden müsse. Abgesehen davon, dass auch der Passwortschutz keine hundertprozentige Sicherheit gegen eine missbräuchliche Nutzung bringe, werde eine öffentliche Nutzung im Sinn der "Nachbarschaftshilfe" unmöglich gemacht. Freie Netzwerke, wie sie von mehr und mehr Privatpersonen oder auch Cafes zur Verfügung gestellt werden, seien gefährdet.
Mehr und mehr offene WLAN-Zugänge, so die Erklärung, seien letztlich auch ein Beitrag zum Abbau von Engpässen bei der Versorgung in Gebieten, wo kein DSL zubekommen sei. Die Initiative Freifunk.net, die ebenfalls zu den Unterzeichnern gehört, propagiert genau dieses Modell. In anderen Ländern bauten derzeit selbst Städte und Kommunen offene Netze auf. Deutschland laufe angesichts des Urteils und der darin zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
"Das Urteil kann eine Signalwirkung für andere Fälle haben," warnt Markus Beckedahl von Netzpolitik.org und Mitunterzeichner. Daher sei eine rasche Klärung der rechtlichen Situation notwendig, notfalls auch eine entsprechende Änderung im ohnehin gerade vorliegenden Entwurf des Telemediengesetzes. Es gelte, den Status nicht-kommerzieller Diensteanbieter zur berücksichtigen.
Mehr zum Thema finden Sie in der aktuellen c't 20/06 (ab Montag am Kiosk): Mit dem WLAN-Urteil beschäftigt sich der Artikel "Funk-Risiko, Betreiber haftet für offenes WLAN" (S.52, auch online nachzulesen), mit dem Teilen des eigenen Internet-Anschlusses mittels spezialisierter WLAN-Angebote befasst sich der Artikel "Funk-Kommunen, Öffentliche Netze über private WLANs" (S.174).
Monika Ermert