Heizungsbranche: Bürger sind über Wärmepumpen nicht ausreichend informiert

500.000 Wärmepumpen sollte Deutschland jährlich bekommen. Dieses Ziel der Bundesregierung wird dieses Jahr aller Voraussicht nach nicht erfüllt.

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Wärmepumpe

Wärmepumpe an einem Wohnhaus in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

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Die deutsche Heizungsbranche hat in den vergangenen sechs Monaten 90.000 Wärmepumpen abgesetzt. Das sind nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) 54 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Für das gesamte Jahr rechnet der BDH mit 200.000 abgesetzten Wärmepumpen, auch wenn die Zahl der von der KfW zugesagten Heizungsförderungen im Mai und Juni um 21 beziehungsweise 40 Prozent gegenüber den jeweiligen Vojrahresmonaten zugenommen habe. Die Bundesregierung hatte vor zwei Jahren die Zahl von mindestens 500.000 Wärmepumpen jährlich zum Ziel gesetzt.

Insgesamt setzten die Hersteller im ersten Halbjahr mit 378.000 rund 43 Prozent weniger Wärmeerzeuger ab als im gleichen Zeitraum 2023, das ein Rekordjahr war. Noch im Mai dieses Jahres lag der Gesamtabsatz bei einem Minus von 35 Prozent, teilte der BDH mit. 223.000 der abgesetzten Wärmeerzeuger werden mit Gas betrieben, 43 Prozent weniger als vor einem Jahr; 55.000 Stück werden mit Öl betrieben, das ist ein Plus von 14 Prozent. An Wärmeerzeugern, die mit Biomasse – vor allem Holz – betrieben werden, setzte die Branche rund 10.000 Stück ab, 74 Prozent weniger als im Vorjahr.

Der Markt bewege sich nach vier Jahren des Wachstums und insbesondere nach dem von Sondereffekten geprägten Rekordjahr 2023 wieder auf dem langjährigen Absatzniveau vor 2020, erläutert BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt. In der Beratung der potenziellen Kundschaft sei es herausfordernd, die Zusammenhänge zwischen Gebäudeenergiegesetz, kommunaler Wärmeplanung und stellenweise der Förderung verständlich zu machen. "In dieser unübersichtlichen Gemengelage schieben die Menschen die Heizungsmodernisierung eher auf", meint Staudt.

Von rund 21,5 Millionen Heizungen in Deutschland gilt dem BDH rund die Hälfte als technisch veraltet. Die Politik könne so die Klimaziele im Gebäudesektor verfehlen, meint der BDH. "Vor allem mit Blick auf den Klima- und Transformationsfonds 2025 ist es daher von zentraler Bedeutung, dass hier ein Signal des Vertrauens seitens der Bundesregierung an die Bürgerinnen und Bürger gesendet wird." Auch 2025 müsse die staatliche Unterstützung für die Heizungsmodernisierung wie im Jahr 2023 fortgeführt werden.

Die im vorigen Jahr angeregt diskutierte und mittlerweile geltende Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) schreibt vor, dass neu einzubauende Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Diese Vorgabe gilt für Bestandsbauten erst dann, wenn die Kommunen ihre Pläne zu ihrer Wärmeplanung vorgelegt haben, spätestens Mitte 2026 in großen beziehungsweise Mitte 2028 in kleinen Kommunen. Das dafür zugrundeliegende Gesetz wurde ebenfalls im Herbst 2023 verabschiedet.

Update

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) teilte heise online dazu mit, es tausche sich mit den Akteuren des Wärmepumpen-Hochlaufs kontinuierlich aus, beispielsweise darüber, wie die Öffentlichkeit informeirt weren könne. Das BMWK unterstütze Bürger mit vielfältigen Informationen bei der Entscheidungsfindung. Zudem bereite es Kampagnen und Termine zum Thema Erneuerbares Heizen vor. Auf der BMWK-Website gebe es beispielsweise eine Eignungsanalyse zum Thema Wärmepumpen.

"Wir können nicht spekulieren, wie viel Anträge künftig gestellt werden. Fest steht aber, dass die Zahl der Anträge steigt, die bei der KfW für einen Heizungstausch gestellt werden", teilte die BMWK-Sprecherin heise online mit. Zum Teil seien bis zu 5000 in einer Woche gewesen, von März bis 22. Juli seien 62.000 Anträge gestellt und fast vollständig sofort bewilligt worden.

Als mögliche Gründe für den Absatzrückgang im ersten Quartal vermutet das BMWK Vorzieheffekte und höhere Zinsen. "Traditionell sind laut Herstellern die Sommermonate die Monate, in denen sich für eine neue Heizung entschieden wird." Laut Wärmepumpenverband sei die Branche zuversichtlich, dass sich die Marktlage im Laufe der nächsten Monate verbessern werde.

Mit Verabschiedung des GEG und der neuen Heizungsförderung und Inkrafttreten der beiden zum 1. Januar 2024 sei Planungssicherheit gewährleistet und eine umfassende Förderung von bis zu 70 Prozent Zuschuss zu den Investitionskosten für eine Wärmepumpe erhältlich. Die KfW bearbeite die Anträge schnell.

Bisher hätten nicht alle möglichen Gruppen ihre Anträge stellen können. Eigentümer in Einfamilienhäusern konnten dies seit dem 27. Februar tun, in der zweiten Stufe seit dem 28. Mai auch private Eigentümer von Mehrfamilienhäusern. Private Vermieter und Nichtwohngebäude seien Ende August dran. "Insofern kann es keinen direkten Vergleich zu den Vorjahreszahlen im gleichen Zeitraum geben", meint das BMWK. Dabei sei wichtig, dass sich die Förderung des Ministeriums nur auf den Heizungstausch bezieht. Im Neubau würden auch Wärmepumpen eingebaut, das sei seit mehreren Jahren der "absolute Normalfall". 64,6 Prozent der im vergangenen Jahr fertiggestellten knapp 96.800 Wohngebäude nutzten laut Statistischem Bundesamt Wärmepumpen als primäre, also überwiegend für das Heizen eingesetzte Energiequelle.

(anw)