Warum Corona-Schnelltests zu Beginn der Infektion unzuverlässig sind

Eine neue Methode detektiert SARS-CoV-2-Partikel in der Atemluft und liefert eine gute Erklärung, weshalb viele Antigentests zu Beginn einer Infektion versagen.

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(Bild: PhotoSGH / Shutterstock.com)

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Eine belgische Forschungsgruppe hat eine neue Methode zur Atemluftanalyse entwickelt. Diese liefert nun harte Belege dafür, dass Antigenschnelltests besonders zu Beginn einer SARS-Cov-2-Infektion daneben liegen können.

Demnach habe die ausgeatmete Viruslast ihren Höhepunkt schon erreicht, bevor die Antigenschnelltests zuverlässig anschlagen. Die Ergebnisse belegen eindrücklich, dass Menschen das Virus schon früh im Verlauf einer Infektion verbreiten können, während Schnelltests die Antigenproduktion (Virenvermehrung) noch nicht aufgedeckt haben.

Antigenschnelltests sind ein weit verbreitetes Mittel zum Nachweis des SARS-CoV-2-Virus und werden beispielsweise Personen empfohlen, die sich in der Weihnachtszeit treffen wollen. Sie sind kostengünstig und liefern innerhalb von 20 Minuten ein Ergebnis. Klar ist allerdings auch, dass ein Antigentest im Vergleich zu einem PCR-Test weniger empfindlich ist und daher nicht immer korrekte Resultate liefert.

Bisher ging man jedoch davon aus, dass Antigentests während der maximalen Viruslast durchaus korrekte Ergebnisse zeigen. Das hat man angenommen, weil übliche PCR-Tests mit Nasen- oder Rachenabstrichen im frühen Stadium einer Infektion nur geringe Viruslasten zeigten. Dabei ging man mangels anderer Messmethoden davon aus, dass die Viruslast im entnommenen Schleim der Viruslast in der ausgeatmeten Luft entspricht.

Die Forscher der Katholischen Universität Leuven, des dortigen Universitätskrankenhauses und des Instituts Imec widersprechen dieser Annahme. Sie stützen sich auf völlig neue Analysen ausgeatmeter Luft. Dafür haben Wissenschaftler des Imec einen tragbaren Probenehmer entwickelt, der an einer spezifischen Kontaktfläche in der Atemluft enthaltene Tröpfchen bestimmter Größe aufnimmt, während er kleinere Partikel durchlässt. Die aufgenommenen Tröpfchen werden anschließend konventionell mittels der PCR-Technik analysiert.

Für die erste klinische Studie untersuchte die Forschungsgruppe 58 Teilnehmer mit Hochrisikokontakten. Davon entwickelten 11 eine Infektion. Bei diesen 11 haben die Forscher die Viruslast zwei Wochen lang täglich ein, teils auch zwei mal analysiert. Dabei traten deutliche Unterschiede in der zeitlichen Dynamik der Viruslast bei Nasen- und Rachenabstrichen, Speichel, Atemluft und Antigentests auf.

Ein neuartiger Probennehmer nimmt in der Atemluft enthaltene schwere Partikel auf und lässt leichte Partikel passieren. Die anschließende PCR-Analyse deckt SARS-Cov-2-Infektionen weit zuverlässiger auf als Antigentests.

(Bild: Imec)

In den ersten beiden Tagen hat die Infektionen die Hälfte der Antigenschnelltests nicht aufgedeckt (falsch-negative Ergebnisse). Die parallel dazu durchgeführten PCR-Tests an Nasen- und Rachenabstrichen wiesen in den ersten beiden Tagen wie üblich nur eine geringe Viruslast auf. Im Gegensatz dazu zeigten die PCR-Tests der Atemluftproben eine hohe Viruslast. Das kann man als weiteren Beleg dafür werten, dass das Virus in den ersten beiden Tagen der Infektion leicht übertragen wird.

"Wir wussten bereits, dass ausgeatmete Partikel eine Schlüsselrolle bei der Virusausbreitung spielen, insbesondere in schlecht belüfteten Räumen, in denen sich Menschen versammeln. Wir wissen jetzt auch, dass die ausgeatmete Viruslast in einer frühen Phase der Infektion ihren Höhepunkt erreicht, bevor die Antigenschnelltests zuverlässig positiv sind", sagt Emmanuel André, klinischer Mikrobiologe an der Uni Leuven.

"Angesichts dieser beobachteten Dynamik der ausgeatmeten Viruslast können wir schlussfolgern, dass ein negativer Antigenschnelltest kurz vor einem Treffen keine Garantie für den Schutz anderer Personen bietet, insbesondere wenn die getestete Person erst kürzlich mit dem Virus in Kontakt gekommen ist. Ein negativer Antigentest sollte die Selbstisolierung nicht ersetzen, wenn das Risiko einer Erkrankung hoch ist, wie etwa in den ersten 7 Tagen nach einem Hochrisikokontakt."

Die Studie ist bisher nur als Preprint veröffentlicht, eine Prüfung durch unabhängige Fachleute steht noch aus. Die Forscher haben die vorläufigen Ergebnisse im Interesse der öffentlichen Gesundheit bereits jetzt publiziert. Antigenschnelltests kurz vor einem Treffen seien "keine Garantie für den Schutz anderer".

(dz)