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WeWork: Coworking für Konzerne

Torsten Kleinz
WeWork: Coworking für Konzerne

Büros hinter Glas, gibt's auch bei WeWork

(Bild: Torsten Kleinz / heise online)

Mit einer rapiden Expansion versucht sich der Konzern WeWork als weltweiter Büroanbieter zu etablieren. Zielgruppe sind Großfirmen und Startups.

Acht Jahre nach der Gründung hat WeWork bereits 400 Standorte weltweit und 400.000 Mitglieder. Derzeit expandiert der Büroanbieter stark in Deutschland. Berlin, Hamburg, München und Frankfurt sind bereits mit WeWork-Büros versorgt, weitere Städte sollen folgen. Mit einer neuen Startup-Initiative und einer neuen Dienstleistungssparte will die Firma neue Einnahmequellen erschließen.

Mit dem eher alternativen Coworking-Modell hat WeWork dabei nur noch wenig zu tun. So hatten sich in den letzten Jahren in vielen deutschen Städten Anbieter in verlassenen Büro- oder Industriebauten aus den 1970er Jahren angesiedelt. In den improvisierten Büros saßen Webdesigner mitunter neben Lehramtsstudenten und der nächsten kommenden Startup-Sensation, die sich allesamt die großen Räume zu kleinen Preisen teilten.

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Mit solchen Früh-Initiativen hat WeWork nur noch wenig zu tun. So spricht alleine der Standort in der Frankfurter Neuen Rothofstraße für das gehobene Arbeitsumfeld, das die Firma ihren Kunden bieten will. Auf der einen Seite ragen die Bürotürme der deutschen Großbanken in den Himmel, auf der anderen Seite ist eine Edel-Einkaufsmeile, bei der sich ein Geschäft der Edelmarke Dior an Cartier und Prada anschließt.

Entsprechend hoch sind die Preise: Die Mitgliedschaft beginnt bei 280 Euro pro Monat, ein eigener Schreibtisch kostet 400 Euro. Ein Jahr nach Eröffnung hat WeWork Frankfurt bereits 800 Mitglieder, ein zweiter Standort wird in Kürze in der Nähe eröffnen.

"Coworking ist nur noch ein kleiner Teil dessen, was wir anbieten", erklärt David Wohde, der seit kurzem die neue Startup-Initiative von WeWork in Frankfurt aufbaut. "Wir haben immer mehr Großunternehmen als Kunden". Dieser Fokus spiegelt sich auch in den Zahlen: Von 1000 Arbeitsplätzen am Standort sind gerade mal 50 für so genannte "Hot Desks" vorgesehen, bei denen sich Freiberufler mal eben mit dem mitgebrachten Laptop an einen der großen Tische setzen.

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70 Plätze sind für Dedicated Desks vorgesehen – hier bekommen die Kunden zusätzlich einen Rollcontainer für ihre Büroeinrichtung und können in einem der abgeschotteteren Büros im Haus arbeiten. Fast 900 Arbeitsplätze sind aber in separaten Büros, die im Wesentlichen für Firmenkunden vorbehalten sind.

WeWork setzt dabei auf eine demonstrativ hipster-freundliche Atmosphäre. So wirbt das Unternehmen gezielt in vielen Podcasts um ein junges, urbanes Publikum. Und in den Werbespots wird immer erwähnt, dass die WeWork-Büros nicht nur die üblichen Kaffeemaschinen vor Ort haben – sondern dazu auch frisch gezapftes Bier anbieten. Wer morgens zur Arbeit kommt, wird vom Community-Team in Empfang genommen, das die Aufgabe hat, alle Mitglieder kennenzulernen und ihnen einen Weg in die Bürogemeinschaft zu ebnen. Das "Du" dominiert.

Betritt man die Räume hinter den weiteren NFC-Chip-geschützten Türen, zeigt sich eine konventionellere Welt: Der WeWork-Standort erinnert mit seinen Glaswänden, Teeküchen und fertig verkabelten Besprechungsräumen an eine moderne Firmenzentrale. Der Unterschied: In den jeweils abgetrennten Büros sitzen nicht nur unterschiedliche Teams, sondern meist unterschiedliche Firmen.

Das dominante Geschäftsmodell von WeWork heißt Skalierbarkeit. So sind bereits heute 30 Prozent der Kunden im Enterprise-Segment, haben also selbst jeweils mehr als 1000 Angestellte. Diese Kunden haben zwar ihre eigenen Firmenzentralen, WeWork bietet ihnen aber eine bequeme Alternative, wenn es darum geht neue Standorte aufzubauen. Wer eine Vertriebsbüro oder einen neues Entwicklerstudio in Asien aufbaut, kann darauf vertrauen, dass das Arbeitserlebnis im WeWork-Standort in Hongkong nicht fundamental anders ist als etwa in Frankfurt. Und ein Standort kann mal eben seine Angestelltenzahl verdoppeln, ohne aufwändig ein neues Bürogebäude suchen zu müssen.

Aus diesem Grund hat sich zum Beispiel die Vermögensberatung Prospery im Frankfurter WeWork angesiedelt. Die junge Firma ist eine Tochter der Amsterdamer ABN AMRO, die dortigen WeWork-Büros waren den Gründern bereits vertraut. Um den Kontakt mit der wohlhabenden Kundschaft zu halten, hat sich Prospery Videokabinen in den eigenen abgetrennten Büroraum einbauen lassen.

Obwohl die Türen der Einzelbüros üblicherweise geschlossen sind, lobt Jochen Scheffler von Prospery das Miteinander. "Wenn man es möchte, kann man die Angebote voll nutzen", sagt Scheffler. So sei beispielsweise die Tischtennisplatte im Eingangsbereich bei den Prospery-Angestellten beliebt. Für Firmenkontakte veranstaltet das Startup ab und an Vortragsabende im großen Gemeinschaftsraum, bei denen es unter anderem um die Blockchain oder Wein-Investments gehen kann.

Besprechungsraum

Besprechungsraum

(Bild: Torsten Kleinz / heise online)

Begeisterung für den Arbeitsplatz gehört zum WeWork-Konzept. So steht auf dem Eventplan immer ein TGIM-Frühstück – kurz für: Thank God It's Monday. Während sich gewöhnliche Büroangestellte auf das Wochenende freuen, wirbt WeWork mit einer Bürokultur, bei der sich die Mitglieder eher bei der Arbeit richtig zu Hause fühlen. Auf den Kaffeetassen steht "Always Do What You Love" – gemeint ist freilich die Arbeit im Unternehmen. Mittlerweile bietet WeWork seinen Großkunden auch an, die eigenen Firmenzentralen von WeWork-Mitarbeitern ausstatten und betreiben zu lassen.

Ein weiterer Schwerpunkt sind Startups und sogenannte Scaleups, die die Gründungsphase bereits hinter sich haben und nun ganz auf Wachstum angelegt sind. WeWork hat deshalb für Neugründer ein eigenes Programm aufgelegt, das den jungen Firmen nicht nur Büroraum bietet, sondern Zugriff auf ein internes Bildungsprogramm und ein Kontakte-Netzwerk innerhalb von WeWork. Im Gegensatz zu anderen Inkubatoren verzichtet WeWork dabei darauf, sich in Firmenanteilen bezahlen zu lassen.

Entspannen im Büro, nicht nur beim Kickern

Entspannen im Büro, nicht nur beim Kickern

(Bild: Torsten Kleinz / heise online)

Bereits vorher hat sich das Startup Finanzguru eingemietet, das bei der TV-Sendung "Die Höhle der Löwen" ein Investment von einer Million Euro gewonnen hatte. Geschäftsführer Benjamin Michel schätzt den Austausch mit anderen Gründern in Frankfurt: "Man leidet als Startups oft unter den gleichen Kinderkrankheiten", sagt der Gründer – beispielsweise, wenn es darum geht, Werksstudenten einzustellen oder Formalitäten richtig abzuwickeln. "Der Austausch ist in den vergangenen Monaten definitiv intensiver geworden.", sagt Michel.

Ob sich das WeWork-Modell auf Dauer durchsetzen kann oder ob einer der Konkurrenten die Oberhand gewinnt, wird sich zeigen. Derzeit baut der in New York gegründete Konzern vor allem auf Masse.

So hat das Unternehmen im vergangenen Jahr die Anzahl seiner Standorte in Deutschland von fünf auf zehn verdoppelt. Neun weitere Standorte sind bereits angekündigt, weitere im Gespräch. (jk [3])


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[3] mailto:jk@heise.de