Web-Anwendungen im Wochentakt

MP3.com- und Linspire-Gründer Michael Robertson bläst zum Generalangriff auf die etablierten Softwarehersteller.

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Vor zwei Wochen eine Textverarbeitung, vergangene Woche ein Vektorzeichner, heute ein Videoschnittprogramm – und alles ohne Installation auf der eigenen Festplatte, rein Web-basiert: Michael Robertson, Gründer von MP3.com und ehemals Geschäftsführer von Linspire, bläst zum Generalangriff auf die etablierten Softwarehersteller und ihre teuren Softwarepakete. Seine Lösung: Auf Servern installierte Software, die (angeblich) mit der neuen Technik Ajax arbeitet und die jeder über seinen Browser benutzen kann.

Die Anwendungen, die Robertson bisher unter dem Label ajaxLaunch ins Web entlassen hat, leiden jedoch unter dessen eigenen großspurigen Slogans: Der Videomixer Eyespot ist noch weit davon entfernt, professionelle Schnittsoftware auf dem eigenen Desktop überflüssig zu machen. Vor zwei Wochen krähte Robertson bereits "Bye Bye Microsoft Word, Hello ajaxWrite", um die Web-basierte Textverarbeitung anzukündigen, die angeblich das Look and Feel und die Funktionen von Microsofts Word bieten soll, wobei lediglich "einige obskure fortgeschrittene Features" fehlen würden – wozu seiner Auffassung nach offensichtlich auch die Einstellung des Seitenformats zählt.

Während der Videomixer zumindest unabhängig vom verwendeten Browser zu funktionieren scheint, laufen Textverarbeitung und Zeichenprogramm lediglich unter Firefox ab Version 1.5 oder unter einem anderen Browser mit der aktuellen Gecko-Engine 1.8, also etwa SeaMonkey oder Netscape 8. Andere Browser-Engines wie Internet Explorer, Opera oder Safari zeigen beim Aufruf lediglich eine Fehlermeldung – auf den ersten Blick verwunderlich, sollen die Anwendungen doch mittels Ajax laufen, was im Prinzip eine plattformübergreifende Technik ist.

Hier eignet sich Robertson das Buzzword "Ajax" ungerechtfertigt an: Die Entwickler nutzten die Mozilla-Technik XUL, die einzig von Gecko-Rendering-Engines unterstützt wird. Die XML User Interface Language ist in Firefox & Co. für die Benutzeroberfläche des Browsers zuständig und lässt sich auch via Internet beliebig umgestalten. Eine Portierung auf andere Browser würde mehr oder weniger komplette Neuprogrammierung erfordern.

In einem Forum tauschen sich die Anwender über die noch zahlreichen Bugs und Verbesserungswünsche aus. Aller Kritik zum Trotz handelt es sich bei ajaxWrite, ajaxSketch und eyespot prinzipiell um nützliche, innovative Anwendungen – nur sollten sie sich bis auf Weiteres eher mit Konkurrenten wie Writely messen als mit den über Jahrzehnte gereiften Desktop-Kraftprotzen. (db/c't) / (heb/c't) / (pek)