Web-Blaster löst neuen Urheberrechtsstreit aus

Eine Hamburger Foto-Journalistin hat die Macher des Projekts Web-Blaster auf Zahlung von Lizenzgebühren in Höhe von 890 Euro verklagt, da über die Seite fremde Daten rechtswidrig vervielfältigt würden.

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Die Hamburger Foto-Journalistin Martina Nolte hat den Stuttgarter Netzaktivisten Alvar Freude, einen der Macher des Web-Blaster, vor dem Amtsgericht der Hansestadt auf Zahlung von Lizenzgebühren in Höhe von 890 Euro verklagt. Sie begründet ihr Vorgehen laut Freude damit, dass über die Projektseite ein im Hamburger Abendblatt erschienener Artikel von ihr auf der "Blaster"-Domain vervielfältigt werden könne. Die entsprechende Kopie sei rechtswidrig, zumal der Beklagte über die nachgebildete Seite letztendlich Werbeeinnahmen erzielen würde.

Normalerweise gelten für reine Zwischenspeicherungen geschützter Texte oder Bilder etwa durch Caching-Funktionen Ausnahmeregelungen im Urheberrecht. Wenn ein Browser wie der Interner Explorer oder Firefox entsprechende Inhalte zwischenspeichert, begeht er demnach keine Rechtsverletzung. Das gleiche Privileg gilt für Internetprovider, die Inhalte nur durch ihre Netze leiten. Nach Ansicht des Anwalts der Klägerin kann sich Freude aber nicht auf diese Bestimmung berufen, da der Web-Blaster "nicht in Echtzeit mit den Original-Daten" arbeite und längerfristig erreichbare Kopien erstelle.

Der von Freude beauftragte IT-Fachanwalt Thomas Stadler erwidert (PDF-Datei) hingegen, dass der Urheberrechtsverstoß rein "konstruiert" sei. Es würden keine Daten auf dem Blaster-Server gespeichert. Die bei der Nutzung des Projekts durchgeführten Markierungen und Verlinkungen seien auch nicht über Suchmaschinen auffindbar. Vielmehr werde ein Indexierung durch entsprechende Meta-Tags verhindert.

Für Stadler besteht der "Denkfehler" der Klägerin darin, "dass sie die Bereitstellung eines bestimmten Werkzeugs mit einer urheberrechtlichen Nutzungshandlung gleichsetzt". Folge man dieser Sichtweise, wären Übersetzungswerkzeuge wie Google Translate oder Textverarbeitungsprogramme im Web ebenfalls nicht mit dem Urheberrecht zu vereinbaren. Letztlich könnte nach diesem Verständnis selbst eine Umwandlung eines PDFs in eine HTML-Datei durch Google oder andere Suchmaschinen rechtswidrig sein.

Für Freude wirft der Fall eine Reihe elementarer Fragen auf, etwa nach dem Recht, wer eine Webseite in welcher Form darstellen oder weiterverarbeiten dürfe oder ob zwischen "richtigen" und "falschen" Browsern zu unterscheiden sei. Das Vorgehen Noltes richte sich letztlich gegen alle Online-Dienste, die mit Webseiten interagierten. So wie Verlage ein zusätzliches Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse im Internet verlangten, fordere Nolte, dass die Hersteller von Software zur Darstellung von Webseiten bezahlen sollten.

Die aktuelle Auseinandersetzung lässt einen älteren Rechtsstreit zwischen Nolte und Freude sowie anderen Betroffenen neu aufleben: Im Frühjahr hatte die Hamburgerin mehrere Nutzer von Bildinhalten aus der Wikipedia abmahnen lassen und eine Debatte über die Geltungskraft freier Lizenzen angestoßen. Von dem Netzaktivisten wollte die Reporterin ebenfalls unter Hinweis auf potenziell rechtswidrige Nutzungen durch den Web-Blaster und das ihm beigeordnete Netzliteratur-Projekt "Assoziations-Blaster" 1400 Euro und drohte mit zusätzlichen Anwaltskosten und Schadensersatzforderungen. Die gewünschte Unterlassungserklärung gab Freude nicht ab. Nach anwaltlichem Widerspruch folgte im August eine erneute Abmahnung, die noch keine weiteren Konsequenzen nach sich zog. Vor Gericht macht Nolte dieses Mal keinen Unterlassungsanspruch geltend. (keh)