Webbrowser: Google Chrome entfernt Videocodec und testet mehr Privatsphäre

Die Google-Entwickler fangen mit Tests für die Privacy Sandbox von Chrome an. Aus Sicherheitsgründen entfernen sie den Theora-Codec.

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Chrome-Logo 2023 vor Farbverlauf

(Bild: Google, Montage heise online)

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Googles Entwickler planen einige Änderungen für den Webbrowser Chrome. Erste Tests mit Funktionen für die sogenannte Privacy Sandbox laufen an. Zudem entfernen sie den alten Video-Codec Ogg Theora.

Mit der "Privacy Sandbox" will Google das Nutzertracking so verhindern, dass Werbetreibende dennoch personalisierte Werbung ausspielen können. Die API dazu haben die Entwickler bereits im Mai fertiggestellt. Jetzt planen sie erste Tests mit den neuen Funktionen. Den Start macht Googles "IP Protection", früher als Gnatcatcher bekannt. Diese Funktion schickt Netzwerkverkehr für bestimmte Domains durch Proxys, um deren IP-Adressen vor diesen Domains zu verstecken.

Die serverseitige Zusammenführung der IP-Adresse mit Nutzern ermögliche Werbetreibenden, Nutzeraktivitäten im Netz zu verfolgen. Es gebe aber anders als bei Drittanbieter-Cookies keine offensichtlichen Möglichkeiten für Nutzer, einen Opt-out aus diesen Tracking-Maßnahmen zu veranlassen, erklärt Google die ursprüngliche Idee für IP Protection. Außerdem sei es damit möglich, Schutz vor Betrug und Missbrauch und andere wichtige Funktionen für Netzwerkbetreiber und Domains bereitzustellen.

Die Funktionen, die ab Mitte 2024 darin münden, dass Google Chrome keine Drittanbieter-Cookies mehr unterstützt, gehen jetzt in eine "Phase 0"-Testphase. Die experimentelle Funktion soll in dem Chrome-Kanal "pre-stable" für etwa ein Drittel der Nutzer aktiviert werden. Den Anfang macht ein einzelner Proxy von Google, der auch nur Anfragen an Google-Domains umleitet. Damit wollen die Entwickler die Infrastruktur testen und vermeiden, dass andere Firmen negative Einschränkungen erfahren. Das verschaffe den Programmierern zudem Zeit, die Liste der Domains zu verfeinern, die durch den Proxy geschickt werden. Phase 0 findet nur mit Clients statt, die IP-Adressen aus den USA haben.

Künftig soll die Funktion als Opt-in bereitstehen, jetzt wird sie im Test automatisch aktiviert. Google will ihn phasenweise ausweiten. Um auf den Proxy zuzugreifen, müssen Benutzer in Chrome angemeldet sein. Zur Vermeidung von Missbrauch regelt ein Authentifizierungsserver von Google den Zugang anhand von Zugriffstoken, basierend auf einem Benutzer-Datenlimit (per user quota).

Der Videocodec Ogg Theora, der von der Xiph Foundation entwickelt wurde und zwar nicht patentfrei, jedoch aufgrund einer BSD-artigen Lizenz kostenlos nutzbar war, ist in Google Chrome enthalten. Der Desktop-Browser unterstützt den Codec, der jetzt auf "deprecated" (veraltet) gesetzt wurde. Folglich soll der Codec aus dem Browser fliegen. In ihrer Mitteilung erklären Googles Entwickler, dass die geringe und oft fehlerhafte Nutzung des Theora-Codecs die Unterstützung für die meisten Nutzer nicht mehr rechtfertigt.

Zudem stiegen Zero-Day-Angriffe gegen Media-Codecs an, wobei die Nutzung des Theora-Codecs nicht mehr messbar sei. Die Entwickler hätten Seiten manuell überprüft und bevor die Nutzung des Codecs sank, hatten viele Webseiten fälschlicherweise Theora vor moderneren Codecs wie VP9 bevorzugt. Die Unterstützung für Ogg-Container solle jedoch bleiben. Der Fahrplan sieht vor, erst in den Canary- und Beta-Kanälen bei der Hälfte der Browser die Unterstützung abzudrehen. Ab 6. Dezember gehen die Tests bei einem Prozent der Stable-Kanal-Nutzer weiter, Anfang Januar 2024 sollen es schon 50 Prozent der Browser sein, um Mitte Januar bei 100 Prozent zu landen. Wer den Codec dann benötige, könne ihn über das Flag chrome://flags/#theora-video-codec wieder aktivieren. Das Flag fliegt mitsamt des Codes dann laut bisheriger Planung im März 2024 endgültig raus, mit der Version Chrome 123.

(dmk)