Weird Wide Web

Die 24-Stunden Gesellschaft und das Internet machen's möglich: Wer keine Kürbisse mag, auf Latex-Masken allergisch reagiert und findet, dass Kinder früh ins Bett gehören, kann Halloween ganz stressfrei am PC zelebrieren.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Die globale 24-Stunden-Gesellschaft und das Internet machen's möglich: Wer keine Kürbisse mag, auf Latex-Masken allergisch reagiert und findet, dass Kinder früh ins Bett gehören, kann Halloween ganz stressfrei am PC zelebrieren. Geistig gut gerüstet mit dem Fernstudium für den "paranormal certified investigator" -- per Internet zu haben für schlappe 260 US-Dollar -- kann der Internet-Nutzer vielleicht sogar ein leibhaftiges Gespenst mit einer der zahlreichen Ghostcams entdecken, oder sich in einem entsprechenden Forum mit Gleichgesinnten austauschen.

Das Spektrum der angebotenen Spukorte reicht von klassischen Schauplätzen wie dem Schloss in Edinburgh bis hin zu profanen Lagerhäusern in Memphis, Tennesse. Recht gerne scheinen sich Gespenster aber auch in Bibliotheken herumzutreiben, wie etwa in der Willard Library, wo sich von Zeit zu Zeit die "graue Frau" zeigt -- der Legende nach die Tochter des Bibliotheksgründers. Oder in der Snohomish Library, wo eine blaue Bibliothekarin durch die Gänge streifen soll.

Anregungen, wie solch eine Geistersichtung tatsächlich aussieht, kann man sich beispielsweise im Gespensterweb holen, das unter anderem eine gut bestückte Galerie einschlägiger Photos online gestellt hat. Wer lieber selbst auf die Jagd gehen will, wie das offenbar eine wachsende Zahl nachtaktiver US-Bürger macht, sollte sich mindestens vorher die einschlägigen Tips zur Geisterfotografie durchlesen.

Bei alledem ist kein Grund zur Eile: Historisch gesehen findet das Fest, das laut einschlägigen Esoterik-Lehrbüchern auf das keltische Samhain-Fest zurückgehen soll, eigentlich in der Nacht mit dem ersten Neumond im November statt -- das wäre in diesem Jahr am 4. November. Irische Mönche christianisierten aber dieses Fest und machten es zum "Abend vor Allerheiligen" -- dem "All Hallows Evening".

In der Nacht des Samhein-Festes soll die Barriere zwischen dem Reich der Toten und der Lebendigen besonders durchlässig sein -- was besonders eifrige Spritisten aber nicht davon abhält, bereits heute an Halloween eine Online-Seance abzuhalten, um Kontakt mit dem Illusionisten und Entfesslungskünstler Harry Houdini aufzunehmen -- wer das alles zu merkwürdig findet, kann ja offline bleiben. (wst)