Weiter Zoff um EU-Pläne zur Speicherung von TK-Verbindungsdaten

Der EU-Rat wird den umstrittenen Rahmenbeschluss zur verdachtsunabhängigen Speicherung der Telekommunikations-Verbindungsdaten trotz Bedenken seines juristischen Dienstes vorerst nicht von der Tagesordnung nehmen.

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Von
  • Monika Ermert

Der EU-Rat wird den umstrittenen Rahmenbeschluss zur verdachtsunabhängigen Speicherung der Telekommunikations-Verbindungsdaten trotz Bedenken seines juristischen Dienstes vorerst nicht von der Tagesordnung nehmen. Seit einem Jahr diskutiert der Rat Pläne zur weitreichenden Vorratsdatenspeicherung; dabei geht es um sämtliche Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Ein Sprecher des Rates sagte gegenüber heise online: "In der kommenden Woche wird beim Treffen der Arbeitsgruppe über den Inhalt der Rahmenentscheidung diskutiert, unabhängig von der Frage zur Rechtsform." Diese Diskussion könne auch dazu dienen, den Vorschlag der Kommission, der vor Juni vorgelegt werden soll, zu begleiten.

Damit bestätigte der Sprecher eine Mitteilung des luxemburgischen Justizministers Luc Frieden aus einer Aussprache zum "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" im Europaparlament in der vergangenen Woche. Darin hatte Parlamentsberichterstatter Alexander Alvaro (FDP) den luxemburgischen Justizminister um eine Stellungnahme zur Ratsinitiative aufgefordert, nachdem der juristische Dienst des Rates auf die fehlende Rechtsgrundlage für die Initiative hingewiesen hatte. Alvaro und die Europäische Kommission hatten bereits vor dem Dienst die Kompetenz des Rates für die Verabschiedung der Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ohne Beteiligung des Parlaments verneint. Die Kommission arbeitet derzeit an einem zweigeteilten Dokument.

Friedens Antwort habe ihn schockiert, meinte Alvaro. "Auf meine Bedenken hinweisend, antwortete er, dass man sich nun nicht über die Rechtsgrundlage streiten solle, wenn man sich in der Zielsetzung einig sei." Dass ein Justizminister eine essenzielle Regel des Rechtsstaats ignoriere, sei "ein Unding".

Der Ratssprecher sagte mit Blick auf das weitere Verfahren, die jetzt tagende Arbeitsgruppe habe ohnehin nicht die Kompetenz, das Thema von der Tagesordnung zu nehmen. Das bleibe dem Ministerrat oder den Ständigen Vertretern (Coreper) vorbehalten. Von der Tagesordnung des Treffens der Innen- und Justizminister in dieser Woche war das Thema abgesetzt worden. Der Ministerrat trifft sich Anfang Juni, Coreper kurz davor. Sollte der Rat dann weiterhin auf der Verabschiedung des Rahmenbeschlusses bestehen, könnte es zum juristischen Streit kommen. Alvaro hat für diesen Fall eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof angekündigt. Die Bürgerrechtsorganisation EDRI warnte kürzlich davor, dass ein solches Verfahren allerdings keine aufschiebende Wirkung für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung bedeuten würde.

"Ich rechne aber nicht damit, dass der Rat diesen Weg einer juristischen Auseinandersetzung beschreitet," sagte der Ratssprecher. Vielmehr könne auf der Basis der jetzigen Verhandlungen sofort der Einstieg in das Mitentscheidungsverfahren geschehen. Mit den inhaltlichen Vorbereitungen im Rat helfe man der Kommission. (Monika Ermert) / (jk)