Welt-Emoji-Tag: Des einen Freud, des anderen Verwirrung

80 Prozent der Deutschen nutzen sie, 46 Prozent nervt eine Antwort nur mit Emojis. Missverständnisse sind häufig, besonders bei jungen Menschen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 36 Kommentare lesen
Zwei gelbe Ballons, auf denen Smileys zu sehen sind.

(Bild: Hyung min Choi/Shutterstock.com)

Stand:
Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Fast jeder nutzt Emojis, um in Textnachrichten Emotionen auszudrücken oder zu provozieren. Laut einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom zum Welt-Emoji-Tag nutzen 80 Prozent der Menschen in Deutschland Emojis. Dabei helfen Emojis 51 Prozent der befragten Männer, sich besser auszudrücken, aber nur 43 Prozent der Frauen. 46 Prozent der Befragten sind genervt, wenn sie als Antwort nur ein Emoji bekommen. Am häufigsten (98 Prozent) werden Emojis in privaten Chats verwendet, nur knapp 30 Prozent nutzen sie im beruflichen Kontext mit Kollegen.

Im Laufe der Jahre sind immer mehr Emojis hinzugekommen – derzeit gibt es laut Unicode-Konsortium 3782 Stück –, sodass 15 Prozent der Befragten meinen, es gebe zu viele Emojis.

Inzwischen können die Emojis die Kommunikation auch erschweren – nicht nur wegen der schieren Anzahl. Bisweilen kommt es zu Fehlinterpretationen, sodass sie laut Umfrage bei 56 Prozent der Befragten bereits zu Verwirrung in Konversationen geführt haben, bei der Gruppe der 16- bis 29-Jährigen sogar bei 73 Prozent.

Am Anfang war der Smiley​

Emoticons entstanden in den 1980er-Jahren als kreative Kombination von Satzzeichen, um Gefühle in Textnachrichten auszudrücken. Der inzwischen emeritierte Informatikprofessor Scott Fahlman schlug am 19. September 1982 vor, die Smileys :-) und :-( zu verwenden, um lustige von ernsten Nachrichten zu unterscheiden und Missverständnissen vorzubeugen.

Mit dem Aufkommen der Mobiltelefonie und des Internets in den 1990er-Jahren gewannen sie zunehmend an Popularität. Der entscheidende Schritt zu den heutigen Emojis erfolgte 1999 in Japan, als Shigetaka Kurita die ersten 176 Piktogramme für den Mobilfunkanbieter NTT DoCoMo entwarf. Diese bunten, ausdrucksstarken Symbole verbreiteten sich rasch weltweit und wurden 2010 in den Unicode-Standard aufgenommen.

Seitdem wurde die Zahl und Vielfalt der Emojis stetig erweitert, sodass sie heute ein für viele unverzichtbarer Bestandteil der digitalen Kommunikation sind und eine eigene visuelle Sprache darstellen. Inzwischen gibt es über 3782 Emojis in der offiziellen Liste des Unicode-Konsortiums (hier ohne Hautfarben). Wem das nicht reicht, der kann sich beispielsweise auf Webseiten oder in Apples kommenden Betriebssystem eigene Emojis mit KI erzeugen, Apple nennt sie Genmojis.

Die Fehlinterpretationen können verschiedenste Ursachen haben: Emojis sind stark kontextabhängig. Das "Augen-Emoji" 👀 kann neugierig, misstrauisch oder anzüglich wirken, je nach Kontext. Die Vielschichtigkeit menschlicher Emotionen ist schwer durch einzelne Emojis darzustellen. Zum Beispiel sind Gefühle wie Melancholie oder Nostalgie schwer zu vermitteln, auch eine Kombination wie 😊😢 bleibt oft unzureichend. Es besteht eine Tendenz zur Überinterpretation. Ein "nachdenkliches Gesicht" 🤔 könnte einfaches Nachdenken oder Skepsis bedeuten.

Emojis ersetzen nonverbale Hinweise nicht vollständig. Subtile Ironie, oft durch ein "zwinkerndes Gesicht" 😉 dargestellt, wird nicht immer richtig verstanden. Sarkasmus oder Ironie sind besonders schwer zu vermitteln. Ein "lachendes Gesicht" 😂 nach einer sarkastischen Bemerkung kann missverstanden werden, wenn der Empfänger den Sarkasmus nicht erkennt.

Kulturelle Unterschiede stellen die Interpretation von Emojis ebenfalls vor Herausforderungen. Ein "Daumen hoch" 👍 ist in westlichen Kulturen positiv, kann jedoch in Teilen des Nahen Ostens und Westafrikas beleidigend sein. Das "OK-Handzeichen" 👌 gilt in manchen Kulturen als obszön.

Technische Hürden entstehen durch unterschiedliche Darstellungen auf verschiedenen Geräten. Ein "grinsendes Gesicht mit Schweißtropfen" 😅 könnte als verlegen oder nervös auf einem Gerät, und als fröhlich oder erleichtert auf einem anderen interpretiert werden. Generationsunterschiede beeinflussen ebenfalls die Emoji-Bedeutung. Das "weinende Gesicht" 😭 könnte von Jüngeren ironisch, von Älteren hingegen wörtlich verstanden werden. Mitunter fühlen sich Personen auch durch Emojis beleidigt, so im Falle eines Schülers, der Apple zur Überarbeitung des "Nerd-Piktrogramms" aufforderte.

Die rasante Verbreitung der bunten Piktogramme und ihr Einzug in die Alltagskommunikation haben nicht nur das Kino, sondern längst auch Sprachwissenschaftler auf den Plan gerufen. Sie untersuchten beispielsweise anhand von WhatsApp-Korpora die Bedeutung und Interpretation von Emoticons und Emojis in verschiedenen Kontexten, deren Verbreitung, die Entwicklung der Emojis und den Bedeutungswandel. Wissenschaftler diskutieren sogar, ob Emojis zu einer universellen Sprache werden könnten.

Ausgewählte Publikationen über Emojis

(mack)