Weltraum-Simulation Star Citizen: Das Geheimnis des Crowdfunding-Erfolgs

Unter den Veteranen der PC-Spieler hat Chris Roberts einen legendären Namen. In Los Angeles erläuterte er, wie seine Weltraum-Simulation bereits über 26 Millionen US-Dollar per Crowd-Funding einsammeln konnte - das meiste davon ohne Kickstarter & Co.

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Während das Hangar Module von Star Citizen schon fertig ist, können sich die Spezifikationen der Raumschiffe noch ändern.

Unter den Veteranen der PC-Spieler hat Chris Roberts einen geradezu legendären Namen. Er schuf in den 90er Jahren die Wing-Commander-Reihe mit aufwendiger Grafik und mit realen Schauspielern gedrehten Zwischensequenzen. Hardware-Hersteller frohlockten bei jedem neuen Teil der Serie, löste sie doch bei den Spielern stets den Wunsch aus, die PC-Hardware mit möglichst leistungsfähigen Komponenten aufzurüsten.

Offenbar hat Roberts noch immer seine treuen Fans, die ihm für seine geplante neue Weltraum-Simulation Star Citizen bislang 26,2 Millionen US-Dollar per Crowd-Funding vorstreckten. Dabei kam nur ein geringer Anteil von etwa 2 Millionen von der ursprünglichen Kickstarter-Kampagne. Rund 24 Millionen sammelte Roberts bislang direkt über seine Webseite RobertsSpaceIndustries ein. "Kickstarter war nur die Initialzündung. Es hat viele Vorteile, wenn man das Crowd-Funding über eine eigene Webseite fortführen kann. Man behält nicht nur 97 Prozent statt 90 Prozent der Spenden, sondern kann auch direkt mit seinen Fans kommunizieren", erklärte Roberts auf der Game Developers Conference Next (GDC Next) in Los Angeles.

Star Citizen (4 Bilder)

Star Citizen

Das Hangar Module ist schon fertig (Bild: RSI)

In den vergangenen zehn Jahren ist das einstmals populäre Genre der Weltraum-Shooter und Simulationen nahezu ausgestorben. Trotzdem gibt es offenbar noch immer einen großen Nachholbedarf bei den Spielern. Bislang fanden sich 300.000 Vorbesteller, die durchschnittlich fast 100 Dollar für das fertige Spiel vorgeschossen haben. Dabei beträgt der Mindestpreis des Spiels nur 30 Dollar, die restlichen Einnahmen generiert Roberts mit zusätzlichen Raumschiffen, die Spieler kaufen können. Das teuerste von ihnen kostet gar 275 Dollar.

Besichtigen können es die Spieler bereits im Hangar-Modul, dem ersten veröffentlichten Teilstück des Spiels. Bis zum Jahresende sollen die ersten Weltraumkämpfe im Dogfight-Modul stattfinden, eine Solo-Kampagne Ende nächsten Jahres in einer Alpha-Version bereitstehen, MMO-artige Online-Kämpfe im Frühjahr 2015 folgen. Man soll sich sogar an Bord anderer Schiffe begeben und dort in FPS-Ansicht mit Aliens kämpfen können.

„Wir planen mit dem Spiel ein langjähriges Projekt, das immer wieder weiter entwickelt wird, so wie es Valve mit Counter-Strike & Co. macht“, sagte Roberts. Sein Kapital ist seine enge Bindung an die Spieler, die mit Video-Blogs, Render-Filmen und Hochglanzbroschüren über die Entwicklung auf dem Laufenden gehalten werden. Regelmäßig fragt er die Spieler, was sie denn im Spiel am liebsten hätten. Er gibt ihnen so das Gefühl, dass sie die Richtung des Spiels mit gestalten können, was wiederum bei ihnen zu einer größeren Identifikation mit dem Spiel führt.

Star Citizen soll eine AAA-Produktion zum Preis eines Budget-Spiels werden: „Beim bisherigen Retail-Vertrieb bleiben uns als Entwickler gerade einmal 20 Prozent vom Verkaufspreis. Mit dem neuen Direktvertrieb per Crowd-Funding bleiben uns nach Abzug der Werbekosten 80 Prozent — damit können wir eine deutlich größere Entwicklungs-Crew finanzieren." Spieler will er ebenfalls in die Entwicklung mit einbeziehen. Sie können mit einem Editor eigene Missionen kreieren.

Aus Umfragen hat Roberts herausbekommen, dass noch immer sehr viele PC-Schrauber zu seinen Fans gehören: 89 Prozent der Unterstützer spielen am PC, den 81 Prozent sogar selbst zusammengestellt haben. Es sind vor allem ältere Spieler, 69 Prozent sind über 25 Jahre alt. Das technische Grundgerüst für Star Citizen stellt die Cryengine von Crytek. Eine Unterstützung der VR-Brille Rift ist ebenfalls geplant, sodass sich Spieler im Flug frei im Cockpit umsehen können. Dem Hersteller Oculus dürfte Star Citizen eine ordentlichen Schub verleihen.

Laut Roberts Umfragen planen 29 Prozent der Spieler bereits eine Anschaffung der Rift, wenn sie Ende 2014 auf den Markt kommt — das wären immerhin fast 100.000 Rift-Käufer. Der Handel mit Joysticks könnte ebenfalls neuen Schwung bekommen: „Wir wollen eine Reihe verschiedene (Flug-)Joysticks unterstützen, aber man kann die Raumschiffe auch mit Gamepad oder Maus und Tastatur fliegen“, erklärte Roberts heise online auf Nachfrage.

Roberts vermarktet sein Spiel entgegen der sonst üblichen Branchen-Trends überaus clever. „Wir wollten anfangs nur 2 bis 4 Millionen einsammeln und weitere zehn von Sponsoren bekommen. Aber dann merkten wir, dass wir die gar nicht brauchen und per eigenen Crowd-Funding viel mehr einnehmen können.“

Andere Entwickler, die Roberts auf der GDC aufmerksam zuhörten, dürften ihm jedoch nur schwer folgen. Zum einen haben sie nicht den bekannten Namen und zum zweiten nur selten das Glück, dass ihr Spiel in ein solches Genre-Vakuum vorstoßen und geradezu explosionsartig expandieren kann. (hag)