Weltraumteleskop James Webb: Farbige Nebel, ein Exoplanet und "überall Galaxien"

Die ersten wissenschaftlichen Aufnahmen des Weltraumteleskops James Webb wurden enthüllt. Es sei der "Anbruch einer neuen Ära", heißt es von der NASA.

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Das "kosmische Kliff" in bislang unerreichter Detailtiefe

(Bild: NASA, ESA, CSA, and STScI)

Lesezeit: 5 Min.

Unter den ersten wissenschaftlichen Aufnahmen des Weltraumteleskops James Web ist das bislang detaillierteste Bild einer markanten Region des Carinanebels. Die NASA hat die Aufnahme, die sie am Dienstagnachmittag zusammen mit weiteren Bildern vorgestellt hat, "Das kosmische Kliff" genannt. Die Aufnahme des Instruments NIRCam (Near-Infrared Camera) zeigt Details, die dem Weltraumteleskop Hubble verborgen geblieben waren. Die einprägsame Struktur der Region wird von intensiver ultravioletter Strahlung gebildet, die am Rand in den Nebel schneidet. Zu erkennen sind hunderte bislang nicht sichtbare Sterne in der Region, wo viele davon gerade erst entstehen.

Außerdem deutet das Bild (hochaufgelöste Variante, 124 Megabyte) bereits auf etwas hin, was die Aufnahmen des neuen Weltraumteleskops prägen dürfte. Weil es so scharfe Aufnahmen machen kann und so weit ins Universum blickt, gibt es auf so gut wie jeder Aufnahme im Hintergrund Galaxien zu entdecken. "Überall, wo wir gucken, sind Galaxien", sagte die Webb-Wissenschaftlerin Jane Rigby bei der Vorstellung.

Enthüllt wurde am Dienstagnachmittag überdies eine eindrucksvolle Aufnahme (Original, 182 Megabyte) von vier Galaxien, die 300 Millionen Lichtjahre entfernt von uns ein wechselwirkendes System bilden. Zusammen mit einer fünften im Vordergrund heißen sie Stephans Quintett und die Aufnahme verdeutlicht, wie leistungsfähig das Weltraumteleskop ist. So sind teilweise einzelne Sterne zu erkennen, aufgelöst als einzelne Lichtpunkte. Auszumachen sind weitere Details, darunter Ansammlungen junger Sterne und gigantische Regionen aus Gas und Staub. Eine weitere Aufnahme im mittleren infraroten Spektrum macht die Interaktion dieser Strukturen sichtbar und werde "unschätzbare Erkenntnisse darüber liefern", wie galaktische Wechselwirkungen die Entwicklung der Galaxien im frühen Universum vorangetrieben haben könnten, schreibt die NASA.

Die ersten wissenschaftlichen Aufnahmen des Weltraumteleskops James Webb (10 Bilder)

Die fünf "tanzenden Galaxien" in Stephans Quintett
(Bild: NASA, ESA, CSA, and STScI)

Die angekündigte Aufnahme des südlichen Ringnebels (NGC 3132) besteht sogar aus zwei Bildern (Original, 29 Megabyte), aufgenommen von den Instrumenten NIRCam (Near-Infrared Camera) und MIRI (Mid-Infrared Instrument). Sie zeigen den planetarischen Nebel in verschiedenen Spektren und sind deutlich detaillierter als bisher besten verfügbaren Aufnahmen. Zu erkennen sind unterschiedliche Ebenen um das Zentrum. Es handelt sich um Gas und Staub, die von zwei sterbenden Sternen ausgestoßen werden. Dass im Zentrum des Nebels ein Doppelstern liegt, sei bereits vermutet worden, erklärt die NASA. Das Weltraumteleskop James Webb liefert aber nun die Bestätigung. Deutlich zu erkennen sind die beiden Himmelskörper.

Veröffentlicht wurde auch das erste von dem Weltraumteleskop aufgezeichnete Spektrum eines Exoplaneten, es zeigt die deutliche Spur von Wasser in der Atmosphäre von WASP-96 b. Der heiße Gasplanet umkreist einen sonnenähnlichen Stern, der 1500 Lichtjahre von uns entfernt ist. Die Daten, die das Vorhandensein bestimmter Moleküle anhand winziger Helligkeitsschwankungen aufzeigen, sind die bislang detailliertesten ihrer Art und geben ebenfalls einen Ausblick auf das, was von dem Instrument zu erwarten ist.

Schon in der Nacht zum Dienstag durften US-Präsident Joe Biden und seine Vize, Kamala Harris, die erste Deep-Field-Aufnahme des Weltraumteleskops (Original, 29 Megabyte) bewundern und öffentlich machen. Sie zeigt im Vordergrund eine gigantische Anhäufung von Galaxien, deren gemeinsame Masse so stark ist, dass sie das Licht dahinter liegender Galaxien auf dem Weg zu uns biegen und verzerren. So ermöglichen sie den bislang detailliertesten Blick zurück ins frühe Universum und werden Forschern und Forscherinnen bislang nicht zu erhaltende Einblicke in die Entstehung der ersten Galaxien geben.

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Vor der Veröffentlichung der Aufnahmen wurde bei der Pressekonferenz NASA nicht nur die jahrelange Vorbereitung und hingebungsvolle Arbeit der Beteiligten gelobt, sondern auch auf die dahinter steckende internationale Kooperation verwiesen. NASA-Chef Bill Nelson erinnerte daran, dass das hochsensible Instrument mit einer europäischen Rakete des Typs Ariane 5 gestartet worden war. Weil das geradezu ideal geklappt hat, wurde dabei so viel Treibstoff gespart, dass das Weltraumteleskop 20 Jahre einsatzbereit sein dürfte. Die Europäische Weltraumagentur ESA hat ungefähr 700 Millionen Euro bezahlt, die kanadische CSA etwa 200 Millionen kanadische Dollar. Den Löwenanteil des massiv angestiegenen Budgets hat die NASA gestemmt – bisher fast neun Milliarden US-Dollar.

Weltraumteleskop Hubble (105 Bilder)

Der Affenkopfnebel im Orion
(Bild: ESA/Hubble)

Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) wird von den Weltraumagenturen NASA, ESA und CSA betrieben und wurde am 25. Dezember gestartet. Nachdem es sich selbst entfaltet hat, ist es einen Monat später am Lagrange-Punkt L2 angekommen. Hier blickt es abgewandt von Sonne, Erde und Mond ins All, sodass deren Wärmestrahlung das Infrarotteleskop nicht stört. Ein riesiger Schutzschirm blockt diese ab. Die Betriebstemperatur des Geräts liegt bei 40 Kelvin (- 233 Grad Celsius), ein Instrument wurde sogar auf 6,4 Kelvin oder -267 Grad Celsius heruntergekühlt.

Kalibrierungsbilder des Weltraumteleskops James Webb (5 Bilder)

Am Anfang war ein Durcheinander
(Bild: NASA/STScI)
Update

Details ergänzt

Update

Angaben zu Stephans Quintett korrigiert

(mho)