Weltraumteleskop James Webb: "Rote Monstergalaxien" Problem fĂĽrs Standardmodell

Wieder hat das Weltraumteleskop James Webb Galaxien entdeckt, die so frĂĽh so effektiv Sterne bilden, dass es nicht zum Standardmodell der Kosmologie passt.

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Drei unregelmäßige rote Flecken vor Sternenhimmel

Fotomontage der drei "roten Monster"

(Bild: NASA/CSA/ESA, M. Xiao & P. A. Oesch (University of Geneva), G. Brammer (Niels Bohr Institute), Dawn JWST Archive)

Lesezeit: 3 Min.

Ein internationales Forschungsteam hat mit dem Weltraumteleskop James Webb (JWST) drei "rote Monstergalaxien" im frühen Universum entdeckt, die unsere gegenwärtigen Theorien zur Galaxienbildung "herausfordern". Das hat die Universität Genf publik gemacht, von wo aus die Arbeit geleitet wurde. Alle drei sehen wir demnach in einem Zustand weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall und trotzdem sind sie fast so massereich wie unsere Milchstraße. Der Fund stelle "ein spannendes Rätsel" dar, meint Co-Autor Stijn Wuyts von der Universität Bath. Gleichzeitig versichert sein Team, dass der Fund dem sogenannten Standardmodell der Kosmologie nicht prinzipiell widerspreche.

Wie die Gruppe erläutert, geht man davon aus, dass Galaxien im frühen Kosmos stetig und vergleichsweise langsam gewachsen sind, gesteuert von riesigen Strukturen aus Dunkler Materie. Typischerweise würden nur etwa 20 Prozent des vorhandenen Gases zu Sternen, aber die drei Galaxien würden daran Zweifel wecken. Die deuteten darauf hin, dass Galaxien am Anfang des Kosmos viel schneller gewachsen und viel effizienter Sterne entstehen lassen konnten, als für möglich gehalten. Insgesamt würden in allen drei Galaxien fast doppelt so effizient Sterne gebildet als in anderen dieser Epoche und auch als in gewöhnlichen Galaxien deutlich später. Weil sie viel Staub enthalten, sind sie nur für das JWST sichtbar, nämlich stark gerötet.

Die unerwarteten Eigenschaften der drei Galaxien würden dafür sorgen, dass unser Verständnis von der frühen Galaxienbildung sich ändern müsste, meint Hauptautorin Mengyuan Xiao. Erneut würden sie zu dem Befund beitragen, dass das Weltraumteleskop James Webb zu früh im Universum zu viele Galaxien finde. Trotzdem sieht das Team keinen grundlegenden Widerspruch zum Standardmodell der Kosmologie. Die zentrale Theorie zur Entwicklung unseres Universums müsste demnach nur angepasst werden, um solch schnell wachsenden, frühen Galaxien erklären zu können. Andere Forscher und Forscherinnen sehen das nicht so. Sie meinen, die frühen Galaxien seien ein Hinweis auf einen größeren Fehler.

Erst in dieser Woche haben vier Forscher aus den USA und Italien ihre Theorie vorgestellt, laut der die vielen frühen und unerwartet massereichen Galaxien im Datensatz des JWST mit dem Standardmodell der Kosmologie nicht zu erklären seien. Sie meinen, dass sie besser durch die sogenannte Modifizierte Newtonsche Dynamik (MOND) erklärt werden könnte. Die sagt demnach nicht nur sich viel schneller entwickelnden Galaxien im frühen Universum voraus, sie kommt auch ohne Dunkle Materie aus. Es ist nicht der erste Versuch, die vor 40 Jahren ausgearbeitete Theorie als Alternative in Stellung zu bringen. Der Fund der drei "roten Monster" wird jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature vorgestellt.

(mho)