Weltwirtschaftsforum: Ukraine auf der Überholspur bei digitaler Währung

Weltweit arbeiten viele Zentralbanken an Konzepten für digitale Währungen. Die Ukraine präsentiert sich beim Weltwirtschaftsforum in Davos als Vorreiter.

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(Bild: ANDREI ASKIRKA/Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Monika Ermert
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Der ukrainische Digitalminister Mykhailo Fedorov will der erste Testnutzer für das digitale ukrainische Zentralbankgeld E-Hrywnja zu sein. Das sagte Fedorov vor Journalisten bei einer Pressekonferenz des noch bis Freitag in Davos tagenden Weltwirtschaftsforum. "Ich plane, als Erster mein Gehalt in E-Hrywnja zu beziehen", kündigte Fedorov an.

Die Nationalbank des Landes legte bereits im November ihren Plan für die digitale Zentralbankwährung E-Hrywnja vor. Als Features für die E-Hrywnja führt die Zentralbank das bargeldlose Bezahlen, programmierbares Geld etwa für staatliche Sozialleistungen, den grenzüberschreitenden Bankverkehr sowie die Zirkulation virtueller Vermögenswerte auf. Regulatorisch hat man sich mit dem Gesetz "About Payment Services" und einer darauf aufsetzenden Entscheidung der Nationalbank zur Ausgabe von Digitalgeld vom September 2022 vorbereitet.

Unterstützt von Fedorovs Digitalministerium sowie der Nationalbank der Ukraine hat die Tascombank einen Testlauf fürs digitale Bezahlen auf der Basis der quelloffenen Blockchain der Stellar Foundation absolviert und kürzlich einen ausführlichen Bericht zu den Ergebnissen vorgelegt.

2024 soll eine umfassende E-Hrywnia-Regulierung hinzukommen, sagte Fedorov in Davos. Zusammen mit einem geplanten, angepassten Steuergesetz und einem bereits bestehenden Gesetz zu virtuellen Vermögenswerten sieht Fedorov die Ukraine als Spitzenreiter, wenn es um die Anpassung des Rechtsrahmens auf die Digitalisierung von Zahlungsströmen geht. Zugleich werde man sich dabei in Zukunft auch an der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und der EU orientieren, da man ja auch Beitrittskandidat sei.

Die Ukraine erhält maßgebliche finanzielle Hilfe von USAID für die Digitalisierung öffentlicher Services. Auch Tech-Firmen von Microsoft bis Palantir unterstützen die Ukraine. Ende 2022 habe man Cloud-Dienstleistungen im Wert von 100 Millionen US-Dollar von Microsoft und von für 75 Millionen Dollar von Amazon erhalten, berichtete Fedorov. "Die Digitalisierung ist die Grundlage für den Wiederaufbau", sagte Fedorov, und "wir warten damit nicht, bis der Krieg zu Ende ist."

Angesichts vieler Tests tut vor allem Interoperabilität Not, wie ein WEF-Panel zum Rennen um die Digitalwährungen weltweit illustrierte. Die Europäischen Zentralbank kreist derzeit noch über dem Ob und Wie – und gerade erst haben Europas Finanzminister die Programmierbarkeit eines möglichen E-Euro verneint. Währenddessen arbeiteten Zentralbanken europäischer Länder laut Lieve Mostrey von Euroclear an gleich mehreren eigenen Konzepten eines digitalen Zentralbankgelds für Endnutzer. Euroclear ist eine der größten Clearingstelle für internationale Wertpapiergeschäfte.

Mostrey beschrieb in Davos die laufenden Pilotprojekte der französischen Nationalbank. Die hat mit DL3S eine proprietäre Blockchain am Start und will 2023 nach verschiedenen Testläufen für den praktischen Einsatz in der Eurozone bereit sein. Einen anderen Ansatz verfolgt Schweden, das sich für seinen eKrona Testlauf auf das Blockchain-Netz Corda verlässt. In der Schweiz gibt es auch noch das auf David Chaums Digicash basierende Gnu-Taler-Projekt.

Gemeinsam mit Norwegen testet Schweden überdies im Rahmen des Projekts "Icebreaker" die Nutzung von Digitalwährungen für Endkunden über Grenzen hinweg. Den entsprechenden Hub für Icebreaker lieferte dabei keiner der europäischen Partner, sondern das Tech-Team der Nationalbank von Israel, sagte beim WEF Amir Yaron, Präsident der Zentralbank von Israel. "Die Kunden können digital in Schekel bezahlen, und dann wird der entsprechende Betrag nach Norwegen oder Schweden transferiert", berichtete Yaron.

Für den Anschluss an den Hub seien lediglich minimale Anpassungen der nationalen Digitalwährungen notwendig, versicherte er. Beliebige andere Zentralbanken mit eigenen Digitalwährungen könnten angeschlossen werden. Anstatt mehrerer Tage seien die Transaktionen fast unmittelbar.

Auch die Organisation Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication, kurz Swift, die internationale Finanztransaktionen über ihr Netz abwickelt, wäre an sich bereit, Zahlungsanweisungen in Digitalwährung entgegenzunehmen, ergänzte Javier Perez Tasso in Davos. Swift arbeite mit 14 Zentralbanken, darunter der Bundesbank, zusammen, um Transaktionen zwischen Digitalwährungen ebenso wie den Transfer zwischen klassischem Buchgeld und Digitalwährung auszutesten. Man habe dabei verschiedene Blockchain-Technologien, darunter Quorum und Corda ausprobiert, berichtete Swift Ende vergangenen Jahres. Tasso sprach von einem Durchbruch und nannte Swift einen möglichen Brückenbauer.

Auf der Südhalbkugel sind einzelne Projekte für digitales Geld schon abgeschlossen. Die Bahamas und auch Nigeria haben so bereits Digitalgeld eingeführt. Lesetja Kganyago, Chef der südafrikanischen Nationalbank, erläuterte in Davos die Fortschritte des Projekts "Khokha". Dieses zielt darauf, Zahlungsströme zwischen den Banken innerhalb des Landes und auch zwischen Banken im südlichen Afrika zu beschleunigen und Kosten zu reduzieren. Wenn von einer Transfersumme von 100 Dollar nur 60 beim Empfänger ankommen, sei klar, dass die Digitalwährungen ein echtes Problem adressierten, sagte Kganyago.

Im Khoka habe man den Tagessatz von 70.000 Transaktionen innerhalb von 2 Stunden realisiert, so Kganyago. Basierend auf Quorum seien 95 Prozent der Propagierung der neuen Blöcke innerhalb einer Sekunde, 99 innerhalb von 2 Sekunden abgewickelt worden. Ein Erfolg, so Kganyago, der auch einräumt, dass das 2018 als Spitzenreiter ausgezeichnete Projekt mittlerweile eingeholt wurde. Mit der Ausgabe digitalen Geldes für Endkunden möchte er dennoch abwarten. Zu bedenken seien auch Offline-Nutzungen. Denn auch bei Systemausfällen müssten Nutzer über Geld verfügen können.

Neben effizienteren und billigeren Abwicklungen von Zahlungen ist auch der schlichte Zugang zum Finanzsystem ein Motiv für die Ausgabe digitalen Geldes. Peru startete mit Billetera Movil (BIM) eine eigene Wallet-Anwendung, die Bürgern ohne Bankkonto Zugang zur Abwicklung von Zahlungen ermöglichen sollte. Schon vor 6 Jahren wurde die Wallet eingeführt in dem Land, in dem es in vielen ländlichen Gegenden noch nicht einmal eine Bank gibt. Immerhin zwei Millionen kleine Unternehmer habe man auf diese Weise ins Finanzsystem eingebunden, sagte Julio Velarde, Perus Zentralbankchef.

Aufgabe der Zentralbank sei die Standardsetzung. Denn die Finanzdienstleister und Telekomanbieter, die die Wallet aktuell anbieten, haben für einen gewissen Wildwuchs gesorgt. Ab diesem Jahr wird die Einhaltung der Standards verpflichtend. Seit 2021 arbeitet das Land auch an einem Digitalwährungskonzept, gemeinsam mit internationalen Partnern. "Zu den ersten werden wir aber nicht gehören, auch weil das Risiko für uns zu groß ist."

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