Westermann entwickelt digitale Übungen mit intelligentem Feedback

"SmartResponse" heißt eine neue Technik, die der Bildungsmedienverlag Westermann für den Sprachunterricht an allgemeinbildenden Schulen entwickelt.

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(Bild: Skorzewiak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dorothee Wiegand

Westermann arbeitet für SmartResponse mit dem Berliner Sprachspezialisten Retresco zusammen. Der Bildungsverlag liefert die Sprachlerninhalte sowie Informationen zu typischen Fehlern. Retresco entwickelt auf dieser Grundlage das Feedback-System, das Schülern unmittelbar nach einer Eingabe Rückmeldung zur Qualität ihrer Antwort gibt. Die ersten Produkte mit dieser Technik sind interaktive Übungen für das Fach Englisch. Je nach Übung erhalten die Schüler Erklärungen und Tipps zu Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung, Ausdruck oder Bedeutung der eingetippten Lösungen. SmartResponse soll bei Grammatikfehlern die passende Regel als Hilfestellung liefern, kann aber auch die Qualität von Freitexteingaben bewerten, indem es den Schülertext mit einer Musterlösung vergleicht. Eine öffentlich zugängliche Demo zeigt, wie das funktioniert.

Westermann und Retresco sprechen von "KI-basiertem Feedback". Stephan Kyas, Projektleiter für digitale Medien bei Westermann, hält die Bezeichnung künstliche Intelligenz für gerechtfertigt: "Wenn die Eingabe des Schülers in die Lücken eines Lückentextes mithilfe statistischer Modelle analysiert wird, das kann man schon als schwache KI bezeichnen." Die KI wähle im Fehlerfall diejenige Erklärung aus, die den Schüler am besten auf den richtigen Weg führt. Für Kyas ist es ein "Riesenfortschritt", dass das neue System unterschiedliche Lösungen gelten lässt und sprachlich nicht ganz perfekte Antworten als fast richtig bewerten kann.

Der Inhalt der neuen digitalen Workbooks entspreche dem der bisherigen gedruckten Arbeitshefte, erklärt Kyas. Jedes enthält zwischen 300 und 350 Aufgaben, von denen beispielsweise für die Klassenstufe 7 rund die Hälfte ein SmartResponse-Feedback bieten. Die ersten interaktiven Übungen dieser Art seien vor etwa vier Monaten fertig geworden und würden an Testschulen erprobt, berichtet Kyas. "Wir wollen Schulen, die zunehmend digital arbeiten, eine Alternative bieten." Es komme auch vor, dass innerhalb einer Klasse einige Schüler das gedruckte Arbeitsheft verwenden, während andere am Tablet oder am PC mit dem digitalen Workbook arbeiten.

Schreibt der Schüler in einer Übung zu Adjektiven "more friendly" anstelle des richtigen "friendlier", so nennen Westermanns interaktive Übungen mit "SmartResponse" die passende Grammatikregel.

Das auf Natural Language Processing (NLP) spezialisierte Unternehmen Retresco wurde 2008 gegründet und entwickelt für Kunden Werkzeuge zur KI-gestützten automatischen Textproduktion. Diese erstellen beispielsweise automatisiert Spielberichte von Sportplatz Media und Verkehrsnachrichten der Rheinischen Post.

Andreas Peldszus ist fachlicher Leiter des Projektteams, in dem Linguisten, Computerlinguisten, Machine-Learning-Experten und Entwickler arbeiten. Über die Demo-Seite sammeln die Sprachspezialisten aktuell weitere Daten sowie Rückmeldungen zum System. Beides hilft bei der Weiterentwicklung von SmartResponse. "Für Fehler, die man erwartet, kann man im Vorfeld bereits passende Hilfestellungen vorsehen", so Peldszus, "aber oft machen die Nutzer in der Praxis dann noch ganz andere Fehler". In der Weiterentwicklung gilt es dann, auch für diese Fehler passendes Feedback ins System einzubauen.

Bei Westermann steht die Technik als Service im Content Management System zur Verfügung, mit dem Redakteure Übungsmaterialien erstellen. Erst einmal soll sie in digitalen Arbeitsheften für den Sprachunterricht zum Einsatz kommen. Konkret geplant ist laut Stephan Kyas im nächsten Schritt der Einsatz in Deutsch-Übungen, von denen die ersten demnächst verfügbar sein sollen. Eins zu eins ließe sich die Technik dafür nicht übernehmen, berichtet Andreas Peldszus. "Die Herangehensweise ist dieselbe, aber die Grammatik und die Fehlertypen unterscheiden sich im Deutschen von denen des Englischen", erklärt er. Es sei sogar so, dass ein Kind, dessen Muttersprache Deutsch ist, andere Fehler macht als eines, das Deutsch als zweite Sprache erlernt. "Diese vielfältigen sprachlichen Anforderungen muss man immer im Blick haben", so Peldszus zu den Herausforderungen des ambitionierten Projekts.

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(dwi)