Western-Digital-Festplatten: Kritik an irreführender "5400 RPM Class"

Bei den HDD-Serien WD Red, Red Plus, Red Pro und Gold gibt Western Digital die Rotationsgeschwindigkeit in "Klassen" an, die oft nicht der Realität entsprechen.

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Western-Digital-Festplatten: Kritik an irreführender "5400 RPM Class"

(Bild: Aleksandr Grechanyuk / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Nach dem Debakel um die versteckte Aufzeichnungstechnik Shingled Magnetic Recording (SMR) bei WD-Red-Festplatten sieht sich Hersteller Western Digital mit neuen Vorwürfen wegen ungenauer Datenblätter konfrontiert: Bei sämtlichen Modellen der Baureihen WD Red, Red Plus, Red Pro und Gold verzichtet Western Digital auf konkrete Angaben zur Rotationsgeschwindigkeit der Datenscheiben.

Stattdessen stehen in den Spezifikationen lediglich die beiden Einstufungen "5400 RPM Class" und "7200 RPM Class". Daraus könnten Käufer den Schluss ziehen, dass sich die Scheiben in Festplatten der "5400 RPM Class" mit 5400 Umdrehungen pro Minute drehen. Das stimmt aber nicht für alle WD-Platten der "5400 RPM Class": Einige kommen auf 7200 U/min. Und das nicht kurzfristig, sondern dauerhaft im Betrieb.

Die Webseite Ars Technica berichtet über die verwirrende Angabe, nachdem das Thema in einer Reddit-Diskussion hochkam. Die Praxis ist bei Western Digital allerdings schon seit Jahren üblich; zuletzt riss es c't in der Ausgabe 16/20 an.

Unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeiten wirken sich auf mehrere Eigenschaften einer Festplatte aus: maximale Datentransferrate, minimale Zugriffszeit, Leistungsaufnahme und Betriebsgeräusch.

Die typische "Brummfrequenz" verrät die Drehzahl des Plattenstapels: Bei 7200 Umdrehungen pro Minute (also in 60 Sekunden) sind es 120 Hertz, bei 5400 U/min sind es 90 Hz. Diese Frequenzen lassen sich recht einfach mit einem Smartphone überprüfen, wenn die Festplatte einzeln und in ruhiger Umgebung läuft. Apps wie Spectroid für Android oder Audio Spektrum Analysator für iOS genügen, um das Betriebsgeräusch einzuordnen. Im akustischen Wasserfalldiagramm, welches das Frequenzspektrum des Betriebsgeräuschs visuell darstellt, erkennt man typische Linien bei 90 oder eben 120 Hz.

5400-U/min-Festplatten erzeugen ein Betriebsgeräusch bei 90 Hertz (5400/60, hier links), 7200-U/min-Modelle bei 120 Hertz (rechts). Smartphone-Mikrofone und -Apps reichen zum Überprüfen aus.

(Bild: Christof Windeck / c't)

Weshalb Western Digital diese verwirrende Einstufung vornimmt, ist nicht ganz klar. Traditionell kommen die sparsameren, etwas leiseren, aber auch langsameren 5400-Touren-Platten eher in NAS für Privatleute und Kleinfirmen zum Einsatz. Für größere NAS und Server sind teurere 7200er-Laufwerke üblich, für die die Hersteller oft auch eine niedrigere Wahrscheinlichkeit für unkorrigierbare Lesefehler (UBER) zusichern sowie eine längere Garantiefrist bei höherer jährliche Belastung (Workload Rating). Zudem können teurere "Enterprise"-Platten die Vibrationen anderer Laufwerke besser kompensieren.

In einer Stellungnahme gegenüber Ars Technica schrieb Western Digital jedenfalls, dass die Angaben in den Datenblättern die Charakteristika der Laufwerke widerspiegeln würden. Handlungsbedarf sieht der Hersteller also nicht.

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Einen Hinweis auf die wirkliche Rotationsgeschwindigkeit liefert vor dem Kauf die Angabe der maximalen seriellen Datentransferrate: Überträgt eine Festplatte 200 MByte/s oder mehr, dreht sie sehr wahrscheinlich mit (mindestens) 7200 U/min. Auch die Leistungsaufnahme ist ein Indiz: Das "5400 RPM Class"-Modell WD80EFAX (WD Red Plus 8 TByte) zum Beispiel nimmt unter Last bis zu 8,8 Watt auf – echte 5400er-Modelle kommen auf nur rund zwei Drittel davon. Heliumfüllung bei Festplatten mit höherer Kapazität gleicht den Nachteil allerdings aus, etwa bei der WD140EFFX (WD Red Plus 14 TByte) mit 6,5 Watt.

SMART-Tools wie CrystalDiskInfo lesen indessen die vom Hersteller hinterlegte Rotationsgeschwindigkeit aus, im Falle von Western Digital also die falschen 5400 U/min. (mma)