Wettbewerb: EU-Kommission prĂĽft Kartellbildung beim Bau von Rechenzentren

Die EU-Kommission hat unangekündigt erste Inspektionen in Räumen von Unternehmen vorgenommen, die im Bereich des Baus von Datenzentren tätig sind.

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Rechenzentrum

(Bild: IM Imagery/Shutterstock.com)

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Bei Unternehmen, die Rechenzentren bauen, können seit Kurzem in der gesamten EU unangekündigt Behördenvertreter vor der Tür stehen und Durchsuchungen vornehmen. Hintergrund ist eine laufende Wettbewerbsprüfung in dem Sektor, die die EU-Kommission am Montag angekündigt hat. Die Brüsseler Regierungsinstitution hat demnach den Verdacht, dass Vertreter der Baubranche gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben. Konkret geht es um Artikel 101 des EU-Vertrags, der unter anderem wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen untersagt.

Die Kommission untersucht nach eigenen Angaben insbesondere eine mögliche Absprache in Form von Abwerbeverboten in einem Markt, in dem Mitarbeiter oft händeringend gesucht werden. Solche Übereinkünfte sind verboten, da sie den Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte verringern, die Mobilität der Arbeitnehmer einschränken und die Kosten für die Kunden erhöhen können. Neben den Razzien hat die Kommission förmliche Auskunftsverlangen an mehrere im gleichen Sektor tätige Baufirmen über deren Praktiken auf diesem Gebiet gerichtet. Auf eine Nachfrage von heise online, wie viele Unternehmen in welchen Mitgliedsstaaten betroffen sind und ob deutsche Firmen darunter sind, erklärte eine Kommissionssprecherin, momentan zu den laufenden Prüfungen nicht mehr jenseits der vergleichsweise vagen Ankündigung sagen zu können.

Aus der Mitteilung geht zumindest hervor, dass die Durchsuchungen in mehreren EU-Ländern erfolgt sind oder noch vollzogen werden. "Die Beamten der Kommission wurden von ihren jeweiligen Kollegen der nationalen Wettbewerbsbehörden begleitet", heißt es darin. Unangekündigte Nachprüfungen sind generell ein vorbereitender Schritt bei der Ermittlung mutmaßlich wettbewerbswidriger Verhaltensweisen. Die Razzien bedeuteten weder, "dass sich die Unternehmen wettbewerbswidrig verhalten haben, noch greift sie dem Ergebnis der Untersuchung selbst vor", hebt die Exekutivinstanz hervor.

Für den Abschluss von Untersuchungen gibt es keine gesetzliche Frist in der EU. Ihre Dauer hängt unter anderem von der Komplexität des jeweiligen Falles und dem Ausmaß ab, in dem die betroffenen Unternehmen mit der Kommission zusammenarbeiten. Diese verweist zugleich auf ein Kronzeugenprogramm, wonach Firmen, die an einem geheimen Kartell beteiligt waren, von Geldbußen befreit oder diese erheblich reduziert werden, wenn sie das Verhalten melden und während der gesamten Untersuchung mit den Behörden kooperieren.

Dazu kommt der Hinweis: Einzelpersonen und Unternehmen könnten Kartelle oder andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen anonym über das Whistleblower-Tool der Kommission melden. Dies gelte auch für Arbeitnehmer, die Kenntnis von Abwerbeverboten beziehungsweise Lohnabsprachen zwischen Arbeitgebern haben. Der Bau von Rechenzentren boomt aktuell – getrieben vor allem durch den Datenhunger von Systemen mit Künstlicher Intelligenz (KI). Allein hierzulande haben Microsoft, Google und AWS (Amazon) vor Kurzem Investitionen von insgesamt über 14 Milliarden Euro angekündigt, wovon ein großer Teil in Datacenter fließen soll. Auch in Irland sind viele Bauprojekte im Gange, da die meisten Big-Tech-Konzerne dort ihren EU-Hauptsitz haben.

(olb)