Whatsapp-Chef: Westliche Demokratien zunehmend autokratisch

Whatsapp-Chef Cathcart ist auf Europatour und warnt Politiker in Brüssel und London, mit der Chatkontrolle eine Steilvorlage für autoritäre Systeme zu liefern.​

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Die Symbole verschiedener Chat-Anwendungen auf dem Bildschirm eines Smartphones.

(Bild: Michele Ursi/Shutterstock.com)

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Whatsapp-Chef Will Cathcart hat seinen Widerstand gegen die Aufweichung von Verschlüsselung durch Regierungen bekräftigt. Die westlichen Demokratien würden zunehmend autokratische Züge annehmen und die Grundrechte der Menschen bedrohen, warnte Cathcart am Donnerstag. Der Whatsapp-Chef reiste in den vergangenen Tagen zu Gesprächen nach London und Brüssel.

Die von der britischen Regierung und der EU-Kommission geplanten Eingriffe in verschlüsselte Chats seien eine existenzielle Bedrohung für die private Kommunikation der Bürger, betonte Cathcart laut einem Bericht von Politico Europe. Auch wenn noch keine Regierung es wage, verschlüsselte Dienste grundsätzlich zu verbieten, sei das eine Gefahr.

Die EU-Kommission will Diensteanbieter verpflichten, auch die private und verschlüsselte Kommunikation ihrer Nutzerinnen und Nutzer nach auffälligen Mustern zu durchsuchen. Begründet wird das zuvorderst mit dem Kampf gegen Kindesmissbrauch und die Verbreitung von Abbildungen solcher Taten. Gegen das Vorhaben hat inzwischen auch die Bundesregierung schwere grundrechtliche Bedenken.

Die Briten gehen noch einen Schritt weiter. Mit der "Online Safety Bill" sollen Diensteanbieter verpflichtet werden, den Behörden die verschlüsselten Inhalte von Verdächtigen im Klartext zu liefern. Während dies im Gesetzesvorschlag nicht explizit geregelt ist, kann das bei verschlüsselter Kommunikation nur funktionieren, wenn die Anbieter einen Schlüssel für die Hintertür behalten.

Auch in den USA ist ein vergleichbares Gesetz in Vorbereitung – mit einem Unterschied: Der "Kidѕ Online Safety Act" (KOSA) enthält eine klare Ausnahmeregelung für Ende-zu-Ende-verschlüsselte beziehungsweise vom Provider nicht gespeicherte Chats.

Das britische Gesetzesvorhaben sei eigentlich nichts Neues, meint Cathcart. "Aus dem Vereinigten Königreich sind in den vergangenen Jahren immer wieder Vorschläge für Hintertüren gekommen", sagte der Whatsapp-Chef. "Aber wir können nicht in einen globalen Kommunikationsdienst eine Sicherheitslücke nur für die Menschen im Vereinigten Königreich einbauen."

Sollte das Gesetz so in Kraft treten, hat Whatsapp bereits angekündigt, sich vom britischen Markt zurückzuziehen. Auch Signal will dann seine Dienste in Großbritannien nicht mehr anbieten.

(vbr)