Whoop stellt Wearable erstmals OpenAI-Coach zur Seite

Whoop hat eine Fitness/Health-App mit einer generativen KI-Funktion ausgestattet. Sie erklärt dem Nutzer, wie er seine Leistungsfähigkeit erhöht.

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(Bild: Whoop)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Jurran
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An Wearables, die Fitness und Gesundheitszustand des Nutzers erfassen, besteht kein Mangel. Die US-Firma Whoop bietet ebenfalls ein entsprechendes Armband an, setzt dabei auf Datenerfassung rund um die Uhr und sieht den Tracker vor allem als Teil eines Gesamtkonzeptes (mit Abo): Der Nutzer führt ein tägliches Logbuch, in dem er unter anderem erfasst, ob er Kaffee oder Medikamente zu sich genommen hat, am Abend einen Blick aufs Handy wagte oder sexuell aktiv war.

Aus den Messwerten und den Angaben des Nutzers erstellt Whoop auf der zugehörigen App dann nicht nur Auswertungen zu Schlaf, Erholung und Belastung, sondern gibt konkrete Anweisungen, um die Leistungsfähigkeit des Körpers zu verbessern.

Jetzt spielt Whoop ein wichtiges Update aus: Damit erhält die App einen virtuellen KI-Coach, der detaillierte und individuelle Antworten auf Gesundheits- und Fitnessfragen in über 50 verschiedenen (frei wählbaren) Sprachen gibt. Grundlage bildet GPT-4, die aktuelle Fassung der generativen künstlichen Intelligenz (KI) von OpenAI. c’t konnte die neue KI-Funktion bereits in der Beta-Version auszuprobieren.

Die Integration der KI-Funktion in der App ist unspektakulär: Auf dem Startbildschirm gelangt man über ein zusätzliches Feld zu einem Chatfenster, in dem man bei bestehender Internetverbindung seine Fragen eintippen kann und kurz darauf Antworten erhält. Generell klappte das gut, bei komplexeren Nachfragen stockte der virtuelle Coach anfangs allerdings gelegentlich und blieb auch schon mal komplett stehen. Hier war aber in den vergangenen Tagen bereits eine deutliche Verbesserung erkennbar.

Zunächst einmal ist der virtuelle Coach eine Informationsdatenbank rund um die Themen Fitness und Gesundheit sowie ein virtueller Support-Mitarbeiter für Whoop, der Fragen wie "Was bedeutet Herzfrequenzvariablität?" oder "Mein WHOOP lädt nicht mehr - kannst du mir helfen?" beantwortet – oft mit Links zu weiterführenden Artikeln, die sich direkt in der App lesen lassen.

Interessanter ist hingegen, dass man auch Fragen stellen kann, bei denen die eigenen Daten ausgewertet werden. Fragt man beispielsweise, wie man seine Schlafqualität verbessern kann, gibt der KI-Coach nicht nur allgemeine Ratschläge – wie Zeit für den Schlaf einzuplanen, das Zimmer zu verdunkeln oder die Koffeinaufnahme zu reduzieren – sondern schaut auch im persönlichen Logbuch nach, ob man in letzter Zeit ein Handy im Bett genutzt oder bestimmte Präparate (wie Magnesium) zu sich genommen hat, um daraus Vorschläge zu generieren.

Wer sich nicht sicher ist, ob man hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit im "normalen Bereich" liegt, kann man den Coach auch danach befragen. Auf die Frage "Wie ist mein Schlaf im Vergleich zu anderen Menschen in meinem Alter?" erfuhr ich beispielsweise, dass ich ein geringeres Schlafbedürfnis habe als der Durchschnitt der Männer in meinem Alter, aber andererseits länger schlafe.

Ich mache laut Whoop beim Schlafen einen tollen Job! Doch was, wenn ich mich dennoch müde fühle? Ich habe den KI-Coach gefragt.

Der KI-Coach wertet laut Whoop Tausende persönliche Datenpunkte seiner Nutzer aus, um herauszufinden, warum man sich so fühlt, wie man sich fühlt – und wie genau dies die eigene Leistung beeinflusst. Auf Nachfrage von c’t erklärte das Unternehmen, dass der Schutz dieser Daten höchste Priorität habe und man sicherstelle, dass OpenAI die Daten nicht für andere Zwecke verwendet. Whoop ist nach eigenen Angaben DSGVO-konform, bei OpenAI ist das nicht unbedingt der Fall.

Laut Whoop kann der KI-Coach schließlich maßgeschneiderte Trainingspläne und Empfehlungen geben, etwa für einen anstehenden 5-Kilometer-Lauf, den man im kommenden Monat in 24 Minuten absolvieren möchte. Bei diesen Anfragen erhielt ich jedoch nicht die gewünschte Antwort, sondern wurde lediglich an den Mitgliederservice verwiesen. Laut Whoop ist dieses Problem bekannt und wird mit dem aktuellen Firmware-Update für das Band behoben. Dieses steht für mein Testgerät bislang aber noch nicht zur Verfügung.

Die Frage nach Trainingsplänen erzeugt mit der aktuellen Firmware nur die Meldung, sich an den Mitgliederservice zu wenden.

Der Verweis an den Mitgliederservice ist eine Notbremse, die Whoop zieht, wenn die KI ans Limit gerät – offenbar, um zu verhindern, dass die Coaching-Funktion (wie ChatGPT vereinzelt) ins Schleudern gerät und anfängt, zu halluzinieren. Der virtuelle Coach wurde zudem erwartungsgemäß vor allem mit Daten rund Fitness und Gesundheit sowie das Whoop-Konzept trainiert. Folglich beantwortet er auch einige allgemeine Fragen wie "Was ist die Hauptstadt von Südafrika" oder "Welchen Umfang hat die Erde?", führt das Gespräch aber gleich wieder auf sein Kerngebiet zurück.

Whoop versteht sich nicht als reiner Wearables-Anbieter, sondern verkauft ein komplettes Gesundheits- und Fitness-Coaching – zu Preisen ab 18,50 Euro pro Monat (bei einem 2-Jahres-Abo). Dafür darf man statt allgemeiner Gesundheitstipps ein individuelles Coaching erwarten. Insoweit ist der aktuelle Schritt des Herstellers nachvollziehbar: Da nicht jedem Kunden ein menschlicher Trainer zur Seite gestellt werden kann, ist der KI-Coach aktuell die nächstbeste Option.

Aus Kundensicht ist die KI-Funktion zunächst vor allem bedienerfreundlich: Man muss sich nicht durch irgendwelche Glossars oder Listen klicken, um zu erfahren, was hinter einem Begriff steckt oder wie man seine Leistungsfähigkeit erhöht.

Bei den Antworten bin ich aktuell noch etwas zwiegespalten: Sie sind fraglos auf mich und meine Angaben im Logbuch zugeschnitten, die Empfehlungen bleiben aber bislang oft noch recht generell. Allerdings konnte ich, wie beschrieben, die Trainingspläne noch nicht abrufen. Zudem benötigt der KI-Coach viele Grunddaten, die Whoop in meinem Fall noch nicht alle gesammelt hat.

Ein ausführlicher Test des KI-Coaches von Whoop wird in einer kommenden c't veröffentlicht. (nij)