Widerstand im Bundesrat gegen EU-Pläne zur Telecom-Regulierung

Fachausschüsse der Länderkammer sehen in ihren Empfehlungen zum Telecom-Paket der EU-Kommission eine übergeordnete Regulierungsbehörde skeptisch, pochen auf die Hoheit bei der Medienpolitik und fordern mehr Verbraucherschutz.

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Von
  • Stefan Krempl

Fachausschüsse des Bundesrates haben umfangreiche Empfehlungen zu den Vorschlägen der EU-Kommission zur Telecom-Regulierung abgegeben. Die Länder wollen demnach ein deutliches Wort bei der Neuverteilung der ordnungspolitischen Macht mitreden. Skeptisch sehen die Fachpolitiker etwa die geplante übergeordnete Regulierungsbehörde. Auch bestehen sie auf der Hoheit bei der Medienpolitik und fordern mehr Verbraucherschutz. Die Länderchefs wollen in der Plenarsitzung am Freitag über die Empfehlungen beraten und über die endgültigen Eingaben für Brüssel abstimmen.

Der federführende Europa-Ausschuss sowie die Wirtschaftspolitiker unterstützen den Ansatz der Kommission, die Liberalisierung der elektronischen Kommunikation durch die Förderung von Wettbewerb, Sicherung von Investitionen und Innovationen sowie durch die Stärkung der Verbraucherrechte fortzusetzen und den Binnenmarkt in diesem Sektor so zu vollenden. Sinnvoll sei etwa die Reduzierung der Märkte, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen. Da die Telco-Märkte "überwiegend national geprägt sind", dürfe es keine einheitliche europaweite Regulierung geben.

Generell vermissen die EU- und Wirtschaftsgremien des Bundesrates ein "übergeordnetes regulatorisches Leitbild", an der einzelne Maßnahmen gemessen werden könnten. Eine EU-Behörde für die Märkte der E-Kommunikation und die damit verbundene Zentralisierung von Entscheidungsbefugnissen sei nicht erforderlich, so die entsprechende Empfehlung (PDF-Datei). Durch eine solche Agentur sollte nicht die die Europäische Gruppe der Regulierungsbehörden (ERG) ersetzet werden, da diese mit den nationalen Besonderheiten besser vertraut sei; sie solle besser gestärkt werden.

Die Kommission könne sich nicht über die Befugnisse der Mitgliedsstaaten zur Wahrung der kulturellen Vielfalt und der sich daraus ableitenden Hoheit über den nationalen Rundfunk hinwegsetzen, meint der Ausschuss für Kulturfragen gemeinsam mit den EU-Politikern der Länder. Die Bundesregierung solle daher vor allem darauf achten, dass die Bedeutung des Rundfunks für die Meinungsbildung bei der Verteilung von Übertragungskapazitäten für TV und Radio weiter angemessen berücksichtigt werde.

Beim Verbraucherschutz (PDF-Datei) drängt vor allem der für diesen Bereich mit zuständige Agrarausschuss für Nachbesserungen. Provider sollen demnach keine Verträge mehr mit Mindestlaufzeiten von 24 Monaten abschließen dürfen, wie dies heute vor allem bei DSL-Anschlüssen geläufig ist. Das Maximum solle drei Monate bei einer Kündigungsfrist von nicht mehr als vier Wochen zum Monatsende betragen. Zudem solle die Rufnummernmitnahme beim Providerwechsel für den Endkunden kostenlos werden.

Den EU- und den Wirtschaftsausschuss stört, dass den Mitgliedsstaaten und Unternehmen im Sektor Nutzerrechte "weitgehende Informations-, Transparenz- und Berichtspflichten auferlegt werden", ohne dass ein Bedarf dafür belegt sei. Gemeinsam mit den Kulturpolitikern meint der EU-Ausschuss ferner, verbindliche Vorschriften zum Übertragen bestimmter Hörfunk- und Fernsehprogramme müssten gemäß dem Ansaatz "Must carry" auch auf neue Dienste erstreckt werden, die der Sicherung der Meinungsvielfalt dienen.

In einem 26 Seiten langen allgemeinen Empfehlungsteil (PDF-Datei) bemängelt der EU-Ausschuss das Fehlen spezifischer Regelungen für "neue Märkte" und IP-basierte "Next Generation Networks". Bei der Neuverteilung der durch die Digitalisierung des Fernsehens freiwerdenden Frequenzen sei zunächst zu prüfen, ob und inwieweit diese etwa für eine verbesserte Breitbandversorgung in der Fläche genutzt werden könnten. Zu stark dürfe Brüssel aber auch hier nicht in die Politik der Länder hineinreden. (Stefan Krempl) / (anw)