Wikileaks-Gründer Assange: Wir sind die Underdogs

In einer australischen Zeitung ist nach seiner Verhaftung ein Artikel des Wikileaks-Gründers Julian Assange erschienen. Darin schreibt er, Wikileaks sei ein "Underdog", auf den sich seine und die US-Regierung einschießen. Wikileaks hat derweil zusätzliche Maßnahmen ergriffen, um die Verfügbarkeit der Site sicherzustellen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1373 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Der festgenommene Wikileaks-Gründer Julian Assange hat zu einer scharfen Attacke gegen seine Kritiker ausgeholt. In einem Zeitungsartikel, der am Mittwoch einen Tag nach seiner Festnahme in London in seiner australischen Heimat erschien, schrieb Assange, er fühle sich von seiner Regierung im Stich gelassen. "Wikileaks verdient Schutz, nicht Bedrohungen und Angriffe", schrieb Assange im Australian.

Premierministerin Julia Gillard bezeichnet die Veröffentlichungen von Wikileaks als unverantwortlich und illegal. Außenminister Kevin Rudd beteuerte aber laut dpa, dass Assange in London alle konsularische Hilfe zu Teil werde. Rudd schob der US-Regierung Mitverantwortung für die Enthüllung Hunderttausender US-Geheimdokumente über Wikileaks zu. "Der ordentliche Schutz vertraulicher Informationen durch die Regierungen selbst muss oberste Priorität haben", sagte er in Brisbane. In den USA hätten offenbar "ein paar Millionen" Menschen Zugang zu solchen Informationen. "Das ist vielleicht ein bisschen viel", sagte Rudd.

"Wir sind die Underdogs", schrieb Assange. "Die Gillard-Regierung versucht, den Überbringer der Nachrichten abzuschießen, weil sie nicht will, dass die Wahrheit rauskommt, unter anderem über ihre eigenen diplomatischen Aktivitäten." Wikileaks sei nicht das einzige Medium, das die Depeschen veröffentliche. "Premierministerin Gillard und die US-Außenministerium Hillary Clinton haben kein einziges Wort der Kritik über die anderen verloren. Das liegt daran, dass der Guardian, die New York Times und Der Spiegel groß und alteingesessen sind, Wikileaks dagegen klein und neu."

Assange verteidigte die Rolle von Wikileaks als eine neue Art des Journalismus. Zusammen mit den Nachrichten würden den Lesern gleichzeitig die Originaldokumente zugänglich gemacht, damit jeder sich selbst überzeugen könne, was wahr sei.

Er und andere Wikileaks-Mitarbeiter seien zahlreichen Drohungen vor allem aus den USA ausgesetzt. "Man hätte erwarten können, dass eine australische Regierungschefin ihre Landleute dagegen verteidigt, stattdessen gab es nur völlig unbegründete Vorwürfe der Illegalität", schrieb Assange. Australiens Regierung biedere sich den Amerikanern an.

Assange war am Dienstag in London festgenommen worden. Das hat offiziell nichts mit den Wikileaks-Veröffentlichungen zu tun. Die Briten reagierten auf einen Haftbefehl aus Schweden. Dort wird Assange wegen sexueller Vergehen gesucht. Vor seiner Festnahme hatte Assange zwei Monate Unterschlupf bei einem Londoner Journalistenverein bekommen. Assange lebte und arbeitete im Frontline Club im Zentrum Londons, bevor er mit einer Frau zusammenzog. Clubgründer Vaughn Smith bestätigte am späten Dienstagabend die Information, die bei der gerichtlichen Anhörung Assanges in London bekannt geworden war.

Der Frontline Club kämpft für Pressefreiheit und organisiert Diskussionsrunden. Smith versprach, Assange weiter zu unterstützen. "Ich bin misstrauisch, was die Vorwürfe gegen Herrn Assange angeht, und hoffe, dass dies vor Gericht einwandfrei geregelt wird", sagte Smith. Fast alle der etwa 1500 Mitglieder des Frontline-Clubs stünden hinter Assange.

Unterdessen ist die Zahl der Mirror, auf denen die Inhalte der Whistleblower-Plattform gespiegelt werden, auf über 1000 angestiegen. Unter der ursprünglichen Adresse wikileaks.org ist die Plattform weiterhin nicht erreichbar, mittlerweile möglicherweise als Vorsichtsmaßnahme, damit US-amerikanische Behörden keinen Zugriff auf den US-Betreiber der .org-Domain haben. Thuy Ledinh von der Public Interest Registry of Reston, die die .org-Registry betreibt, sagte laut einem CNet-Bericht, seine Organisation sei aber nicht von den Behörden aufgefordert worden, wikileaks.org dauerhaft vom Netz zu nehmen. Momentan ist die Plattform über wikileaks.ch sowie unter anderem über wikileaks.de und wikileaks.no erreichbar. Neben den unzähligen Spiegelservern und den unterschiedlichen Domainnamen sind für die derzeitige Hauptdomain wikileaks.ch nunmher auch insgesamt 13 Nameserver eingetragen , um das Abschalten der Domain durch einen einzelnen DNS-Provider zu verhindern

Derweil gehen die dDoS-Attacken gegen Finanzdienstleister, die Konten oder Zahlungsmöglichkeiten von Wikileaks gesperrt haben, weiter. Die Banksparte der Schweizer Post, postfinance.ch, ist im Internet immer noch nicht wieder verfügbar. Auch unter anderem mastercard.com ist nicht oder nur sehr schwer erreichbar. Für die Aktionen erklärte sich die "Operation Payback " verantwortlich. (anw)