Wikipedianer wollen keine Kryptowährungs-Spenden mehr

Eine Abstimmung sieht den Krypto-Markt als inkompatibel zu den Zielen der freien Online-Enzyklopädie. Nun ist die Wikimedia Foundation am Zug.

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(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Passt die aktuell gelebte Kryptogeld-Kultur zur Wikipedia? In einer aktuellen Abstimmung haben Wikipedia-Autoren entschieden, dass sich Weltanschauung und Ziele der Communities zu sehr unterscheiden. Aus diesem Grund soll die Wikimedia Foundation künftig auf Spenden in Kryptowährungen verzichten.

In Gang gesetzt wurde die Abstimmung von Molly White, die derzeit mit ihrem Projekt Web3 is going just great Betrügereien, Hacks und Fehlschläge aus der Krypto-Szene auflistet. Sie sieht in den Krypto-Währungen nicht nur einen Verstoß gegen die Nachhaltigkeits-Ziele der Wikipedia-Betreiber, sondern hält die überhitzte Spekulation als inkompatibel mit der Philosophie der Wikipedianer. Einstige Ideale seien dem Gewinnstreben geopfert worden: "Einige Befürworter sprechen weiterhin von Freiheit und Dezentralisierung, aber der Raum ist überwiegend zu einer Gelegenheit zur Selbstbereicherung auf Kosten anderer und der Umwelt geworden", schreibt White in der Community-Zeitung Signpost.

Die Community beratschlagte über den Vorschlag drei Monate – schließlich entschieden sich 234 Stimmberechtigte für den Bitcoin-Bann, 94 stimmten dagegen. Solche Abstimmungen sind zwar nicht verbindlich, setzen aber die Wikimedia Foundation unter Zugzwang. Die Stiftung hatte noch im Januar argumentiert, dass man lediglich die Wünsche der Spender erfüllt habe, als man 2014 die Zahlung per Kryptowährungen ermöglicht habe. Die Stiftung kündigte gegenüber heise online an, weitere Schritte prüfen zu wollen.

Ein Verzicht wäre kein großer finanzieller Verlust für die Stiftung. Im vergangenen Geschäftsjahr wurden der Gegenwert von 130.000 US-Dollar per Kryptowährungen an die Wikimedia Foundation überwiesen, was nur 0,08 Prozent der Ausgaben entsprach.

White argumentiert, dass dieser Ertrag nicht den Rufschaden rechtfertigen kann, den eine Assoziation mit Währungen wie Bitcoin unweigerlich zur Folge habe. Dabei sieht sie den Schaden eher außerhalb des Projekts: So versuchen Befürworter der Blockchain-Technik bereits seit über 10 Jahren, die Wikipedia zur Legitimation der eigenen Technik und der damit verbundenen Weltanschauung zu nutzen. Ein Wikipedia-Klon namens Everipedia, der Autoren mit einer Kunstwährung belohnen wollte, ist nach einem Anfangserfolg inzwischen in der Irrelevanz verschwunden.

Die Mozilla Foundation hatte sich in den letzten Monaten mit ähnlichen Forderungen beschäftigen müssen. Die Firefox-Herausgeber entschieden sich Anfang April für einen Kompromiss. Sie wollen künftig besonders energieintensive Kryptowährungen wie Bitcoin nicht mehr akzeptieren, andere Zahlungsmittel, die den Konsensmechanismus Proof of Stake nutzen, sollen weiterhin erlaubt sein.

(axk)