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Windenergie auf See ergiebiger als gedacht – Kritik von Umweltverband

Windenergie auf See ergiebiger als gedacht – Kritik von Umweltverband

(Bild: offshore-stiftung.de)

Sollen die Ziele der Energiewende erreicht werden, dann mĂŒssen noch deutlich mehr Windkraftwerke in Nord- und Ostsee errichtet werden. Das hat eine Studie ergeben. UmweltschĂŒtzer reagieren zunehmend skeptisch auf diese Nutzung der Meere.

Windkraftwerke auf dem Meer erzeugen mehr und zuverlĂ€ssiger Strom als bislang angenommen. Nach einer Studie des Instituts Fraunhofer IWES produzieren die Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee an 363 Tagen des Jahres Energie, teilte die Stiftung Offshore Windenergie [1] als Auftraggeberin mit. In der VorgĂ€ngerstudie hatte dieser Wert noch bei 340 Tagen gelegen. Die Anlagen lieferten somit relativ konstant Strom und die ErtrĂ€ge seien gut vorhersehbar. Die erhöhte VerfĂŒgbarkeit senke den Bedarf an Reservekraftwerken fĂŒr windstille Stunden und damit die Kosten. Energiewirtschaftlich sei die Offshore-Windenergie damit sowohl Windkraftwerken an Land als auch der Photovoltaik ĂŒberlegen.

Aus Sicht der Offshore-Windindustrie legt das Ergebnis der Studie einen deutlich stĂ€rkeren Ausbau der Windenergie auf See nahe. "Die Offshore-Windenergie trĂ€gt erheblich zur Versorgungssicherheit bei", sagte Ursula Prall, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Offshore-Windenergie. "Die Bundespolitik sollte sich daher den Forderungen der KĂŒstenlĂ€nder und der Branche aus dem Cuxhavener Appell vom September dieses Jahres anschließen." Darin wurde ein Ausbau der Offshore-Windenergie auf mindestens 20 Gigawatt bis 2030 und 30 Gigawatt bis 2035 gefordert. Durch ein höheres Ausbauvolumen seien auch weitere Kostensenkungen möglich.

Die Studie von Fraunhofer IWES reicht noch weiter und nimmt das Jahr 2050 in den Blick – 33 Jahre in der Zukunft gelegen, wenn Kohle, Öl und Gas keine Rolle mehr spielen sollen. FĂŒr diese Zeit hĂ€lt die Studie einen Ausbau der Offshore-Windenergie auf eine Leistung von 57 Gigawatt fĂŒr energiewirtschaftlich optimal. "Der erforderliche Anteil Erneuerbarer Energien fĂŒr eine sektorĂŒbergreifende Energiewende ist nur mit einem signifikanten Anteil an Offshore-Windenergie möglich", heißt es von der Stiftung. GegenwĂ€rtig liegt die Leistung der mehr als 1000 Windkraftwerke in Nord- und Ostsee bei rund 5 Gigawatt.

offshore-stiftung.de

Übersicht der Offshore-Windparks in Deutschland.

(Bild: offshore-stiftung.de)

Bei UmweltschĂŒtzern wachsen indes die Zweifel, ob Nord- und Ostsee einen derartig starken Ausbau der Offshore-Windenergie verkraften könnten. Je nach LeistungsfĂ€higkeit der Windkraftanlagen könnten in den kommenden Jahrzehnten bis zu einem Drittel der MeeresflĂ€che mit mehreren tausend WindrĂ€dern bebaut werden und die Nordsee zu einem Industriepark verĂ€ndern. "Dann mĂŒssen wir uns um den Schutz vieler Arten keine Gedanken mehr machen", sagte Kim Detloff vom Naturschutzbund Nabu [2]. Die Nordsee werde fĂŒr See- und Rastvögel weitgehend nutzlos; betroffen seien durch die Bauarbeiten auch Schweinswale und andere MeeressĂ€ugetiere.

"Der Nordsee geht es ohnehin nicht gut", sagte der Nabu-Leiter Meeresschutz. Die Auswirkungen der Offshore-Windenergie auf das Ökosystem seien massiv unterschĂ€tzt worden. Zudem gebe es noch weitere Nutzungen des Meeres wie Schifffahrt, Tourismus, Fischerei Pipelines und Rohstoffförderung, die das Meer belasteten. Auch wer fĂŒr den Einsatz regenerativer Energien sei, mĂŒsse sich ĂŒber die ökologischen Konsequenzen klar sein. "Es wĂ€re fahrlĂ€ssig und verantwortungslos, allein auf den Ausbau der Offshore-Windenergie zu setzen", sagte Detloff. Er plĂ€dierte fĂŒr einen dezentralen Ausbau der erneuerbaren Energien und eine effizientere Energienutzung und -einsparung.

Andere UmweltverbĂ€nde wie der WWF plĂ€dieren dagegen mit Blick auf die Klimapolitik fĂŒr einen stĂ€rkeren Ausbau der Offshore-Windenergie. Die Windindustrie sagt dazu, sie habe in den vergangenen Jahren erfolgreich in leisere GrĂŒndungen und BetriebsfĂŒhrungskonzepte investiert. Die Branche sei sich der Notwendigkeit weiterer Fortschritte bei der Umweltfreundlichkeit der Anlagen bewusst, heißt es von der Stiftung Offshore Windenergie. Zudem gehe die Branche von geringeren FlĂ€chenansprĂŒchen durch den Bau immer leistungsfĂ€higerer Anlagen aus. (anw [3])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3915055

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.offshore-stiftung.de
[2] https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/offshore-windparks/index.html
[3] mailto:anw@heise.de