Windows in Deutschland nicht verdongelt?

Ein Gericht untersagt Microsoft die Auslieferung von Windows in OEM-Versionen nur für den Gebrauch auf einem bestimmten PC.

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Von
  • Frank Fremerei

Am Montag hat das Landgericht München I eine Einstweilige Verfügung gegen Microsoft erlassen, die es dem Konzern untersagt, in Deutschland OEM-Versionen von Windows auszuliefern, die nur auf einem bestimmten PC oder PC-Typ lauffähig sind. Bis auf weiteres ist Microsoft unter Androhung von Haft- und Geldstrafen verboten

"im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Softwareprodukte des Typs Windows 95, Windows 98, Windows NT 4.0 oder Windows 2000 zum Erwerb auf Dauer gegen Zahlung einer Einmallizenz anzubieten oder zu bewerben, welche mit einer Programmsperre ausgestattet sind, die es verhindert, dass der Erwerber diese Software nach einem Austausch beliebiger Hardwarekomponenten mit Hilfe einer selbsterstellten Sicherungskopie weiterhin in den Arbeitsspeicher seines Personal Computers kopieren und dort ablaufen lassen kann."

Bei der Einstweiligen Verfügung handelt es sich um eine sogenannte Beschlussverfügung, die allein aufgrund der Plausibilität dessen ergangen ist, was der Vertreter des Antragstellers dem Gericht vorgetragen hat. Das heißt, Microsoft wurde nicht angehört. Die Firma hat das Recht, dem Beschluss zu widersprechen, erklärte Richter Wolfgang Rabl gegenüber c't. Dieser Widerspruch ist nicht mit einer Frist belegt, kann also auch nach Monaten noch wirksam erfolgen.

Da Microsoft jedoch vorhat, ab ersten April diesen Jahres nur auf individuellen PCs bzw. PC-Serien einer bestimmten Hardware-Ausstattung lauffähige Windows-2000-OEM-Lizenzen zu vermarkten (siehe auch "Alle Windows-Versionen werden verdongelt"), ist mit einem baldigen Widerspruch zu rechnen.

Sowohl der Richter als auch der Anwalt des Antragstellers, Andreas Witte, gehen jedoch davon aus, dass sich in der Sache voraussichtlich nicht viel ändern wird. Witte erklärte im Gespräch mit c't: "Ein Kunde erwirbt Software zur Installation und zum Betrieb. Dabei handelt es sich um einen Kaufvertrag im Sinne des deutschen Urheberrechts. Auf welcher Art Hardware er die erworbene Lizenz betreibt, ist ihm überlassen, solange er die individuelle Kopie nicht auf mehreren Rechnern zugleich nutzt oder Reverse Engineering betreibt. Beim PC gehört der Austausch von Komponenten zum bestimmungsgemäßen Gebrauch. Das kann im Extremfall, also bei Austausch aller Komponenten im Laufe der Zeit, zu einem neuen PC führen. Verhindert eine technische Maßnahme des Softwareherstellers nun, dass der Betrieb der rechtmäßigen Kopie auf einem bestimmungsgemäß gebrauchten PC erfolgen kann, so stellt das eine unrechtmäßige Einschränkung des erworbenen Nutzungsrechts dar."

Diese Rechtsauffassung ist so grundsätzlich, dass Witte davon überzeugt ist (und das Landgericht München davon überzeugen konnte), dass sie unabhängig von der technischen Implementierung der "Betriebssystem-Verdongelung" bis zum Bundesgerichtshof Bestand haben wird. Microsoft stand bislang nicht für einen Kommentar zur Verfügung. (frf)