Wirecard-Skandal: Chefaufseher der Wirtschaftsprüfer muss gehen

Der Leiter der Abschlussprüferaufsichtsstelle des Bundes muss nach Aktiengeschäften mit Wirecard-Anteilen seinen Posten räumen.

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(Bild: Wirecard)

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Der Leiter der Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist wegen Geschäften mit Wirecard-Aktien freigestellt worden. Apas-Chef Ralf Bose sei am vergangenen Freitag über seine sofortige Freistellung informiert worden, bestätigte das BAFA am Montag. Zuvor hatte Bose bei einer Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags eingeräumt, privat mit Wirecard-Aktien gehandelt zu haben, während seine Behörde bereits in dem Fall ermittelte.

Bose werde freigestellt, "um die Integrität der Apas bis zur schlussendlichen Aufklärung des Sachverhalts sicherzustellen", hieß es weiter. Bis auf Weiteres übernehme der Chef der Unterabteilung Qualitätskontrolle die Leitung der Behörde. Die organisatorisch ans BAFA angebundene und dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte Behörde führt die Aufsicht über Wirtschaftsprüfer, darunter auch die Branchenriesen PWC, EY, KPMG und Deloitte.

Für Wirecard hatten die Wirtschaftsprüfer von EY bisher die Bilanzen abgesegnet. Im Jahresabschluss 2020 konnte EY aber keinen Nachweis für 1,9 Milliarden Euro finden, die angeblich auf Treuhandkonten liegen sollten. Die Vorlage des Abschlussberichtes wurde wiederholt verschoben. Auch eine Sonderprüfung durch Experten von KPMG, die eigenen Angaben zufolge bei der Arbeit behindert wurden, brachte keine Entlastung. Im Sommer musste Wirecard dann Insolvenz anmelden.

Die Münchener Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Wirecard seit 2015 Scheingewinne ausgewiesen hat. Neben den Wirtschaftsprüfern sind auch die Aufsichtsbehörden in die Kritik geraten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat ein Ermittlungsverfahren gegen Journalisten der Financial Times geführt, die maßgeblich zur Aufdeckung des Skandals beigetragen haben, musste dies aber wieder einstellen. Auch die Apas muss sich fragen lassen, ob sie ihren Aufsichtspflichten im Fall Wirecard genügt hat.

Apas-Chef Bose hatte vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags eingeräumt, Aktien des Unternehmens im April gekauft und im Mai wieder verkauft zu haben. Gekauft hat er die Aktien Berichten zufolge an dem Tag, als KPMG sein Sondergutachten vorgestellt hatte, verkauft dann knapp einen Monat später, als das KPMG-Gutachten Thema von Beratungen Boses mit der Bafin gewesen sei. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich in der vergangenen Woche "befremdet" über die Aktienkäufe des Behördenchefs gezeigt.

Auch Mitarbeiter der Finanzaufsicht BaFin hatten mit Wirecard-Aktien gehandelt. Nach Angaben der Behörde gibt es dabei aber keine Anzeichen, dass sie einen möglichen Informationsvorsprung zum privaten Vorteil genutzt hätten. Künftig soll BaFin-Beschäftigten der Handel mit Einzelwerten der von der Behörde beaufsichtigten Unternehmen untersagt werden.

(vbr)