Wirtschaft und Politik wollen für geistiges Eigentum sensibilisieren

Bei der Feier des Welttags des geistigen Eigentums waren sich der BDI und Bundesjustizministerin Zypries einig: Die Öffentlichkeit müsse stärker über den Wert von Schutzrechten aufgeklärt und die Schutzrechte müssten besser durchgesetzt werden.

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Bei der Feier des Welttags des geistigen Eigentums am heutigen Donnerstag in der Akademie der Künste in Berlin waren sich der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries einig: Die Öffentlichkeit müsse stärker über den Wert von Schutzrechten aufgeklärt werden; und diese Schutzrechte müssten zudem global besser durchgesetzt werden. Wichtig sei die "Sensibilisierung aller Beteiligten für den Wert und die Schutzwirkung des geistigen Eigentums", betonte Carsten Kreklau, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des BDI. Zypries befand ebenfalls, dass die "Information der Öffentlichkeit" "erheblicher Baustein" sei, um ein "Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums" in den Köpfen der Leute zu verankern.

Die SPD-Politikerin und der Industrievertreter sprachen inhaltlich bei der Veranstaltung, die unter dem Motto "Werte schaffen – Werte wahren" stand, fast im Gleichklang. Sie wollten damit demonstrieren, dass Politik und Wirtschaft beim Schutz von Immaterialgütern an einem Strang ziehen. Beide Hauptredner waren sich etwa einig, dass zunächst eine bessere Aufklärung in den "Quellländern der Piraterie" im asiatischen Raum, Russland, Tschechien und Schwellenländern erforderlich sei. Kreklau sprach von 25 Millionen Euro, die Produktpiraterie deutsche Unternehmen koste, Zypries bezifferte den entsprechenden weltweiten Schaden auf 120 Milliarden Euro. Doch man müsse auch bei den Nachfragern und Verbrauchern hierzulande ansetzen sagte der Verbandsvertreter. "Die Waren können deshalb in diesen Massen produziert werden, weil sie bei uns so stark gekauft werden", gab Kreklau zu bedenken. Wer Plagiate kaufe, unterstützte Branchen, "die die Innovation anderer stehlen" Dies sei nur ein "vermeintlicher Kavaliersdelikt".

Vielen sei der Wert etwa von Urheberrechten, Patenten, Marken- oder Gebrauchsmusterrechten noch "schwer begreiflich zu machen", räumte Zypries ein. "Nicht alle sehen ein, dass man einen Film nicht kopieren darf." Denn dabei werde "nur scheinbar dem Eigentümer nichts weggenommen". Doch nur dort, "wo die Rechte des geistigen Eigentums geschützt sind, lohnt es sich überhaupt zu forschen und zu entwickeln". Aber auch ein Schriftsteller etwa werde seine Kreativität auf Dauer nur entfalten können, wenn er selbst über die Verbreitung seiner Werke entscheiden "und Knete kassieren" könne. "Als rohstoffarmes Land brauchen wir kluge und kreative Geister", knüpfte sie an den Werbeslogan vom "Land der Ideen" an.

Einig waren sich Zypries und Kreklau auch, dass bessere Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung nötig seien. Sie verwiesen dabei insbesondere auf die heftig umstrittene Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte, über die der Bundestag heute Abend in 1. Lesung beraten wird. Damit würden neue Rechtsmittel wie ein Auskunftsanspruch gegenüber unbeteiligten Dritten wie Internetprovidern geschaffen, "mit denen sich der Rechtsverletzer wehren kann". Dabei handle es sich um eine "Ergänzung der sehr gut ausgestalteten und wirksamen Rechtsgrundlagen" hierzulande. Wolf Osthaus, Rechtsexperte von eBay Deutschland, verwies in diesem Zusammenhang auf das "verifizierte Rechteinhaberprogramm" des Auktionshauses. Noch aus steht laut Kreklau aber die Schaffung eines vereinheitlichten internationalen Rechtsrahmens für geistiges Eigentum sowie entsprechende Durchsetzungsmöglichkeiten. Dies würde den Unternehmen "die Arbeit erheblich erleichtern".

Die angesprochenen Bereiche gehören zu dem Schwerpunktprogramm, das sich die deutsche G8-Präsidentschaft jüngst gesetzt hat. Dabei geht es etwa auch um die bessere Kooperation der Strafverfolgungs- und Zollbehörden. Hier müssten sich die G8-Staaten gemeinsam mit Schwellenländern auch "auf Datensätze für den Austausch verständigen", erklärte Zypries. Im Rahmen der Standardisierung sei gegebenenfalls auch ein Online-Zugriff zu schaffen.

Lobend erwähnte Zypries, dass auch "die Wirtschaft selbst erhöhte Anstrengungen zum Schutz des geistigen Eigentums" ergriffen habe. Als Grundlage für eine bessere Zusammenarbeit in diesem Bereich hat die Bundesregierung mit dem BDI ein Strategiepapier zur "Prävention" von Rechtsverletzungen erarbeitet. Es fasst zahlreiche rechtliche, politische, betriebswirtschaftliche und technische Maßnahmen im Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie "mit Vorbildcharakter" zusammen. Kreklau unterstrich, dass in diesem Rahmen "der Mittelstand unserer besonderen Unterstützung bedarf". Dieser mache schließlich 98 Prozent der Wirtschaft hierzulande aus.

Den Tag des geistigen Eigentums hat die World Intellectual Property Organization (WIPO) ausgerufen. Hierzulande zelebrieren in Industrie und Politik zum zweiten Mal mit einer eigenen Veranstaltung sowie erstmalig auch mit der Verleihung des Preiswettbewerbs "Die Idee", den Microsoft ausgelobt hat. Als Gewinner verkündete Zypries, welche die Schirmherrschaft zum Ärger etwa des Linux-Verbandes über die Initiative übernommen hatte, die Aktion Plagiarius sowie das Elsa-Brandström-Gymnasium aus Oberhausen wegen einer Schulungskampagne gegen Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen.

Mittelständische Verbände wie patentfrei.de, der Berufsverband Selbständige in der Informatik (BVSI), der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und der Linux-Verband warnten derweil zum Welttag gemeinsam vor der "Entwertung des Urheberrechtsschutzes für Software". Die Ausweitung des Patentwesens auf den Softwarebereich bedrohe kleine und mittelständische Firmen existentiell. Die Unternehmer beklagen unter anderem, "dass Zypries die Interessen von Konzernen über mittelständische Anliegen stellt". Software entwickelnde Unternehmen sähen sich mit einer wachsenden Flut europäischer Patente auf grundlegende Software-Ideen und softwarebezogene Geschäftsmethoden konfrontiert. Obwohl das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) derartige Monopolansprüche untersagt, habe das Europäische Patentamt (EPA) bereits zehntausende Softwarepatente unter dem Tarnbegriff "computerimplementierte Erfindungen" erteilt.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)