Wirtschaftsminister beklagt Brüsseler Geheimniskrämerei bei TTIP

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) appelliert an die EU-Kommission, die neuen Regeln zur Geheimhaltung von Verhandlungsberichten zum transatlantischen Freihandelsabkommen zurückzunehmen.

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USA/EU
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Die Bundesregierung hat die neue Verschlossenheit der EU-Kommission rund um die laufenden Gespräche mit den USA über das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP scharf kritisiert. Er halte den jüngst gefassten Beschluss der Kommission, Berichte zu aktuellen Verhandlungsrunden den Mitgliedsstaaten nicht mehr schriftlich zukommen zu lassen, "für einen sehr bedauerlichen Rückschritt in unseren gemeinsamen Bemühungen um größtmögliche Transparenz", moniert Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).

Diese Entscheidung führe dazu, "dass auch die Abgeordneten in Deutschland weniger Informationen erhalten", bedauert der Sozialdemokrat in einem Brief an die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, den das Recherchekollektiv Correctiv.org am Freitag veröffentlicht hat. Es sei aus Sicht der Bundesregierung aber "elementar wichtig", dass die Mitgliedsstaaten wie bisher auch künftig umfassend über den Verlauf der Gespräche mit Washington aufgeklärt würden und die Fakten auch ihren jeweiligen nationalen Parlamenten übermitteln dürften.

Anlass für die Kehrtwende in Brüssel war die Publikation vertraulicher Verhandlungsdokumente der Kommission und als Verschlusssachen eingestufte Berichte der Bundesregierung auf der OpenTTIP-Plattform von Correctiv.org. "Dies ist aus Sicht der Bundesregierung bedauerlich", konstatiert Gabriel. Solche unbefugten Veröffentlichungen würden sich aber auch durch zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen kaum verhindern lassen, meint der Minister. Der Schritt der Kommission sei daher kontraproduktiv.

Gabriel bittet zusätzlich darum, den Abgeordneten nationaler Parlamente den Zugang zu den konsolidierten Verhandlungstexten zu eröffnen. Die dazu laufenden Gespräche über eine geplante "sichere Datenbank" unterstütze die Bundesregierung nachdrücklich.

Seit der Ansage der Kommission können sich Regierungsvertreter der EU-Länder nur noch in einem gesonderten Leseraum in Brüssel über den Stand der TTIP-Verhandlungen informieren. Dokumente aus Washington dürfen Berechtigte über ein vergleichbar strenges Verfahren ausschließlich in US-Botschaften einsehen. Für Ministerialbeamte soll das Zimmer in der Berliner US-Vertretung nur an zwei Tagen pro Woche für je zwei Stunden für maximal zwei externe Personen offen stehen.

Malmström hat bereits auf den Brief reagiert: "In der aktuellen Debatte über die Transparenz der TTIP-Verhandlungen in einigen Mitgliedstaaten scheint es einige Konfusion zu geben", schrieb sie am Freitag in ihrem Blog. Es gebe gar keine neuen Restriktionen ­ lediglich ein Bericht sei in einem Leseraum ausgelegt worden. Dies scheine unnötige Verwirrung gestiftet zu haben. "Das bedaure ich", unterstrich die Kommissarin. Sie gelobte, dass die Brüsseler Institution "von nun an detaillierte und umfassende Berichte über die Verhandlungen auf ihrer Website in allen EU-Amtssprachen veröffentlichen wird"

Im Juli hatte Malmström noch betont, dass sie ihren Kurs einer "nie dagewesenen Transparenz" zu Handelsabkommen fortsetzen wolle. "Mehr Dokumente sind online", betonte die Schwedin. "Zur jüngsten Runde in Brüssel waren 400 Vertreter der Zivilgesellschaft eingeladen, denen wir von den Verhandlungen berichteten."

(anw)