Wissenschaftsrat fordert besseren Schutz von Forschern vor Shitstorms

Social-Media-Plattformen werden zunehmend zur Verbreitung von Desinformation genutzt, warnt der Wissenschaftsrat. Sie mĂĽssten strenger reguliert werden.

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(Bild: Lukasz Stefanski/Shutterstock.com)

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In der Covid-19-Pandemie sind "kommunikative Herausforderungen im Verhältnis von Wissenschaft und Politik, Öffentlichkeit und Medien" besonders sichtbar geworden, was nicht nur das Beispiel des Virologen Christian Drosten zeige. Dies hebt der Wissenschaftsrat in seinem am Dienstag veröffentlichten Positionspapier zur Wissenschaftskommunikation hervor. Vor allem Social-Media-Plattformen würden zunehmend zur Verbreitung von Desinformation genutzt, heißt es darin. Provokante Falschdarstellungen, die insgesamt eine höhere Reichweite als differenzierte wissenschaftliche Informationen hätten, könnten so für Einzelne und die Gesellschaft schädlich sein.

"Herabsetzungen, Anschuldigungen, persönliche Bedrohungen und Hasskommentare", die etwa auf Facebook, YouTube und Twitter in kürzester Zeit "Shitstorms auslösen können", treffen Wissenschaftler laut der Stellungnahme "meist unvorbereitet und ungeschützt". Auch deren Einrichtungen seien auf den Umgang mit feindseligen Reaktionen oft nicht eingestellt. In einer pluralen Gesellschaft sei der gesellschaftliche Bedeutungszuwachs der Wissenschaft notwendigerweise auch mit kritischen Reaktionen verbunden. Diese sollten nicht als genereller Autoritätsverlust missverstanden werden. Die zunehmende Kritik signalisiere aber, "dass Wissenschaft auf vielen gesellschaftlich-wissenschaftlichen Themenfeldern in Mitverantwortung genommen wird für gesellschaftliche Implikationen und politische Entscheidungen".

Dieser Umstände müssten sich Wissenschaftler, "die die gewachsene Verantwortung annehmen und zu konflikthaltigen Themen das Gespräch mit der Öffentlichkeit führen", bewusst sein, schreibt das Beratergremium von Bund und Ländern. Sie sollten vorbereitet sein auf die Dynamik gesellschaftlicher Kontroversen und auf "mögliche persönliche Risiken". Fortbildungen, die dieses Spannungsverhältnis thematisieren, könnten die Forscher dabei unterstützen und sollten bei Bedarf verfügbar sein.

Wissenschaftliche Institutionen sieht der Rat in der Pflicht, ihr Personal "in einem offenen Umgang mit berechtigten Rückfragen und mit sachbezogener Kritik" zu unterstützen. Im Fall persönlicher Angriffe müssten die Betroffenen wissen, "an wen sie sich wenden können". Sie sollten umgehend und unabhängig von inhaltlichen Aspekten der Attacken "verlässlichen Schutz" erhalten. Damit dies auch in zeitkritischen Situationen gelinge, empfehlen die Experten, vorab einen Krisenreaktionsplan zu erstellen. Auf medienpolitischer Ebene könnten ihnen zufolge "weitere Regulierungsmaßnahmen erforderlich werden, um Hassreden und Drohungen im Internet einzudämmen". Es gelte, eine erfolgreiche Kommunikation über wissenschaftlich fundiertes Wissen auf Dauer sicherzustellen.

(axk)