Wursteinkauf im Web
Im Bereich des Online-Handels mit Lebensmitteln hat sich die Euphorie der vergangenen Jahre mittlerweile gelegt.
Durch das Internet sollte das Leben leichter und schöner werden: Die Anschaffung eines neuen Autos oder das Buchen einer Reise – vieles würde über das Netz Zeit sparender und billiger sein, warben die Anbieter. Auch Online-Supermärkte schossen wie Pilze aus dem Boden, die den Kunden das Einkaufs-Netz für Lebensmittel anboten.
Allerdings hat sich die Euphorie des vergangenen Jahres mittlerweile wieder gelegt – eine Menge Anbieter sind schon wieder aus dem Web verschwunden. So hatte erst am Montag der US-Online-Supermarkt Webvan seinen Geschäftsbetrieb eingestellt und Gläubigerschutz beantragt. Webvan war vor rund zwei Jahren in zehn amerikanischen Städten an den Start gegangen, um Endverbrauchern die Online-Bestellung von Supermarktartikeln zu bieten – der Konzern musste allerdings heftige Verluste hinnehmen: Umsätzen von rund 179 Millionen standen nach US-Medienberichten im vergangenen Jahr Ausgaben von 525 Millionen US-Dollar gegenüber.
Hierzulande hatte die Karstadt-Gruppe mit my-world einen Shop im Web, über den man auch Supermarkt-Artikel beziehen konnte. Das ist heute jedoch schon Firmen-Geschichte, im Frühjahr hat man den Service eingestellt: "Das Lebensmittelgeschäft ist sehr schwierig", sagt Michael Scheibe, Pressesprecher bei der Karstadt Warenhaus AG in Essen. "Die Gewinnmargen sind niedrig, und mit dem Online-Lebensmittelverkauf hängt auch die Lieferung zusammen, da fallen frische Produkte eigentlich ganz raus."
Lebensmittel seien nun mal nicht das große Geschäft im Netz, da die Kunden sie lieber in richtigen Läden einkaufen wollten: "Nahrung ist ein sehr sensibler Bereich", sagt Karstadt-Sprecher Michael Scheibe. "Auch Berufstätige ziehen es vor, am Wochenende den Großeinkauf zu machen, sich an der Käsetheke beraten zu lassen, den Sonntagsbraten und den passenden Wein dazu auszusuchen. Das ist Kultur."
Das sieht Norbert Strauchmann anders. "Wir liefern praktisch alles", sagt der Geschäftsführer von Einkauf24.de in Hamburg: "Frische Brötchen, frischen Käse, frischen Fisch, frische Blumensträuße. Wenn die Kunden bei uns fünf Scheiben Wurst wollen, dann werden die extra für sie abgeschnitten, das ist nicht vorgepackt." Ebenfalls werde bei dem Online-Supermarkt darauf geachtet, dass die Auslieferungsware den gleichen Frischegrad hat, wie die Ware im Geschäft. Wer bei Einkauf24.de bis 16 Uhr bestellt, bekomme die Ware noch am gleichen Tag geliefert. Die Mindestbestellung müsse jedoch 40 Mark erreichen, außerdem werde eine Liefergebühr von fünf Mark fällig. "Wir verkaufen auch Zeitungen, Zeitschriften und Zigaretten", sagt Strauchmann.
Über 20.000 Stammkunden habe Einkauf24.de, eine hundertprozentige Tochter der Spar Handels AG, in der Bestelldatei. "Wir werden weiter expandieren", kündigt Strauchmann an. Zunächst wolle man die deutschen Ballungszentren erobern, um dann auch in ländlichen Gebieten Präsenz zu zeigen.
Dort soll auch eine Entwicklung des Elektroherstellers Electrolux in Nürnberg zum Einsatz kommen: Im Frühjahr stellte die Unternehmensgruppe, zu der Marken wie AEG und Zanussi gehören, eine automatische Anlieferungsbox vor, die in drei Zonen Gefriergut, gekühlte Lebensmittel und Temperatur unabhängige Güter, wie gereinigte Kleidung oder Bücher, aufnehmen soll, wenn die Besteller nicht zu Hause sind. "Die Anlieferungsbox schließt die Lücke zwischen Anbietern und Kunden im Online-Handel und verringert zugleich die Kosten und die Komplexität der Anlieferung", sagt Electrolux-Vorstandsvorsitzender Michael Treschkow.
Dabei soll der Bestellvorgang folgendermaßen ablaufen: Bei einer Bestellung erhält der Lieferservice gleichzeitig einen einmal nutzbaren Code, mit dessen Hilfe der Kurierfahrer die Box öffnen kann. Der Besteller wird dann via SMS über die Lieferung informiert. Derzeit testet Electrolux die Box im Rahmen eines Feldversuchs mit eigenen Angestellten. (Venio Piero Quinque, gms) / (wst)