X schließt sein Büro in Brasilien

Der Kurznachrichtendienst X zieht sich vorerst aus Brasilien zurück und erhebt Zensurvorwürfe. Der Streit schwelt schon länger.

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X-Logo und Musks Gesicht

(Bild: Angga Budhiyanto/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Die Social-Media-Plattform X hat am Wochenende mitgeteilt, dass sie ihren Betrieb in Brasilien "mit sofortiger Wirkung" einstellen werde. Zur Begründung hieß es, der Richter am Obersten Bundesgericht, Alexandre de Moraes, habe "Zensuranordnungen" erlassen. Konkret schließt X seine Niederlassung in dem Land und kündigt den dort noch verbliebenen Mitarbeitern. Der Dienst X soll allerdings verfügbar bleiben.

Update

Verdeutlichung, dass der Microbloggingdienst in Brasilien weiter verfügbar sein soll.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, behauptet X, Moraes habe einer Rechtsvertreterin des Unternehmens in Brasilien heimlich mit Verhaftung gedroht, falls sich das Unternehmen nicht an die gerichtliche Anordnung hält, bestimmte Inhalte zu entfernen. Der Social-Media-Konzern im Besitz des US-Milliardärs Elon Musk veröffentlichte Bilder eines angeblich von Moraes unterzeichneten Dokuments. In diesem heißt es, dass gegen die X-Vertreterin Rachel Nova Conceição eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Reais (3.350 Euro) pro Tag und ein Haftbefehl verhängt würde, wenn die Social-Media-Plattform den Anordnungen Moraes' nicht vollständig nachkäme. "Um die Sicherheit unserer Mitarbeiter zu schützen, haben wir uns entschlossen, unseren Betrieb in Brasilien mit sofortiger Wirkung einzustellen", schrieb X. Trotz der Ankündigung ist der Kurznachrichtendienst in Brasilien weiterhin verfügbar, teilte das Unternehmen am Samstag mit.

Moraes leitet seit geraumer Zeit Ermittlungen gegen sogenannte "digitale Milizen". Diesen wird vorgeworfen, während der Amtszeit des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro Fake News und Hassrede verbreitet zu haben. Im Rahmen der Untersuchungen ordnete der Richter Anfang dieses Jahres an, dass X bestimmte Accounts sperren müsse. Im April nahm Moraes dann Elon Musk persönlich ins Visier, nachdem dieser angekündigt hatte, der Vorgabe zur Sperrung von X-Accounts nicht Folge leisten zu wollen. Musk bezeichnete die Entscheidungen Moraes' in Bezug auf X als "verfassungswidrig".

Auf die Frage, warum X den richterlichen Anordnungen nicht vollständig nachgekommen sei, erklärten Anwälte des Konzerns in Brasilien gegenüber dem Obersten Gerichtshof, dass "operative Fehler" es gesperrten Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht hätten, die Beschränkungen zu umgehen und auf der Social-Media-Plattform aktiv zu bleiben. Später teilten Vertreter von X dem Gericht mit, dass das Unternehmen die Gerichtsurteile befolgen werde.

In einem Beitrag auf X nannte Musk den Richter Moraes am Samstag eine "absolute Schande für die Justiz". Sein Unternehmen hätte der "geheimen Zensur und den Forderungen [des Richters, Anm.] nach Herausgabe privater Informationen" nicht zustimmen können, so Musk weiter.

Doch nicht nur X liegt mit Brasiliens Justiz über Kreuz. Auch der Facebook- und Instagram-Konzern Meta Platforms sieht sich richterlichen Anordnungen gegenüber. In der vergangenen Woche untersagte das Bundesgericht von São Paulo dem Messengerdienst WhatsApp, brasilianische Nutzerdaten mit anderen Unternehmen von Meta zu teilen, beispielsweise für die personalisierte Einblendung von Werbung Dritter.

Die einstweilige Verfügung verpflichtet WhatsApp zudem, innerhalb von 90 Tagen Funktionen einzurichten, die es Nutzerinnen und Nutzern unter anderem ermöglichen, die von WhatsApp im Jahr 2021 eingeführte Datenschutzrichtlinie zu widerrufen.

(akn)