X11-Nachfolger: Wo ist Wayland?

Abseits von Gnome und KDE Plasma kommt die Wayland-UnterstĂĽtzung nur schleppend voran. Etwa das Xfce-Projekt hat nun seine Roadmap etwas konkretisiert.

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Xfce-Apps unter Gnome mit Wayland

(Bild: Screenshot / Tim SchĂĽrmann)

Update
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Tim SchĂĽrmann
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Die großen Desktop-Umgebungen Gnome und KDE Plasma unterstützen bereits seit längerem Wayland, das kommende Plasma 6 will sogar standardmäßig eine Wayland-Sitzung starten. Während die beiden Marktführer somit vorpreschen und sich dort Wayland bereits auf Produktivsystemen nutzen lässt, hinken viele andere Desktopumgebungen teilweise deutlich hinterher.

Das gilt auch für das ressourcenschonende und deshalb recht beliebte Xfce. Dessen Entwicklerteam hat sich jetzt in die Roadmap für die nächste Version 4.20 eine erste Unterstützung für den X11-Nachfolger geschrieben. Sie wird allerdings nur die Kernkomponenten bieten, zudem sollen noch einige notwendigen Funktionen fehlen. Daher wird die Desktopumgebung auch weiterhin parallel eine X11-Sitzung anbieten, die sogar langfristig verfügbar bleiben soll: Unter anderem reicht aus Sicht der Xfce-Entwickler Nvidias Wayland-Unterstützung noch nicht aus. Überdies lässt sich ein Xfce mit X11-Unterstützung auch auf anderen Unix-Systemen ohne Wayland einsetzen.

Den aktuellen Portierungsstand der einzelnen Xfce-Komponenten verrät eine Tabelle im Xfce-Wiki. So unterstützt beispielsweise der Dateimanager Thunar bereits Wayland, der zentrale Fenstermanager xfwm4 und der Session-Manager xfce4-session hingegen noch nicht. Die Systemeinstellungen sind zudem noch eine Baustelle. Um sich die Arbeit zu erleichtern, greift das Xfce-Team auf die Bibliothek wlroots zurück. Mit ihr lässt sich die Entwicklung der zentralen Komponente in Form des Wayland-Compositors deutlich beschleunigen. Wann Xfce 4.20 erscheint, ist im Moment noch völlig offen. Der entsprechende Abschnitt für den Zeitplan vermeldet ein schlichtes "TODO".

Etwas weiter als Xfce sind die Entwickler von Budgie. Dessen aktuelle Version 10.9 bietet bereits eine erste, aber noch unvollständige Wayland-Unterstützung. Die Arbeiten gehen laut dem Entwickler Joshua Strobl jedoch zügig voran. Anders als Xfce soll Budgie daher bereits im dritten oder vierten Quartal 2024 nur noch eine Wayland-Sitzung starten und X11 vollständig ausmustern. Interessanterweise nutzt das Budgie-Projekt neben wlroots auch die aus Xfce stammende Bibliothek libxfce4windowing, die Wayland derzeit noch unvollständig unterstützt.

Die maßgeblich im Rahmen von Linux Mint vorangetriebene Desktop-Umgebung Cinnamon bietet in der aktuellen Version 6.0 eine erste Wayland-Unterstützung. In den Release Notes von Linux Mint 21.3 weisen die Entwickler darauf hin, dass eine vollständige Unterstützung noch weit in der Ferne liegt. So soll die komplette nächste Linux-Mint-Versionsreihe 22.x auch in den nächsten Jahre weiterhin X11 ausliefern. Mit einem Umstieg rechnet das Linux-Mint-Team nicht vor 2026 und somit der Versionsreihe 23.x. Wer schon jetzt zur Wayland-Sitzung wechselt, muss mit Instabilitäten rechnen, zudem fehlen viele Funktionen. Der Entwicklungsfortschritt lässt sich auf einem Trello-Board beobachten, Fehlerberichte sammelt ein eigenes GitHub-Repository.

Viele Komponenten der ursprünglich aus Gnome 2 hervorgegangenen Desktop-Umgebung Mate laufen schon seit mehreren Jahren in einer Wayland-Sitzung. Dazu zählen unter anderem der Dateimanager, der Systemmonitor und das Terminal. Einen Überblick über die Portierung der Komponenten gibt das Mate Wiki. Demnach fehlen vor allem die Systemeinstellungen. Mate selbst bietet allerdings noch keinen eigenen Wayland-Compositor. Derzeit scheinen die Mate-Entwickler mit dem externen Compositor Wayfire zu experimentieren, der seinerseits auf wlroots basiert.

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim LXQt-Projekt: Auch hier portiert das Entwicklerteam zunächst nur die eigenen Komponenten, einen Wayland Compositor muss man selbst besorgen. Die LXQt-Entwickler testen ihre Programme derzeit unter den externen Wayland-Compositors Wayfire, Sway, Hyprland und Labwc. Letztgenannter unterstützt sogar LXQt, unter anderem bei den Windows Rules, über die sich die Darstellung der Fenster verändern lässt. Obwohl bereits LXQt 1.2.0 vor eineinhalb Jahren die ersten unter Wayland lauffähigen Komponenten enthielt, ist die TODO-Liste im Wiki ziemlich lang. Viele Komponenten, wie das Screenshot-Werkzeug oder die Bildschirmtastatur, fehlen noch.

Vor den Teams liegt durchweg noch ein großes Stück Arbeit, trotz des Rückgriffs auf Bibliotheken wie wlroot. Die wiederum erfreut sich bei fast allen Entwicklern großer Beliebtheit. Konkrete Zeitangaben findet man nur selten, wie bei Budgie und Cinnamon bleiben sie zudem eher vage. Das verwundert nicht, liegt vor den meist kleinen Teams ein ziemlich großer Haufen Arbeit. Deutlich wird aber auch, dass die Zukunft eindeutig Wayland gehört und das alte X Window System sukzessive ausgemustert wird.

Update

Im Text präzisiert, dass Plasma 6 nicht nur noch Wayland startet, sondern lediglich standardmäßig auf Wayland setzt. Es unterstützt natürlich weiterhin X11-Sessions.

(dmk)