Xwayland führt X11-Anwendungen unter Wayland aus

Nach Jahren der Entwicklung sind jetzt alle wichtigen Komponenten integriert worden, um für den X-Server geschriebene Linux-Anwendungen unter dem potenziellen X11-Nachfolger Wayland auszuführen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 160 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis

Die Hauptentwicklungszweige von Weston und X-Server bringen nun alles mit, um für den X-Server geschriebene Linux-Anwendungen unter dem Wayland-Compositor Weston auszuführen. Die Infrastruktur dafür heißt Xwayland und funktionierte schon 2012; der jetzt aufgenommene Code nutzt aber einen leicht anderen Ansatz, da die Wayland-Entwickler einige Teile des alten Codes über den Haufen geworfen haben.

Der X-seitige Xwayland-Code ist nun nicht mehr ein Modul, das sich bei einem X-Server einklinkt, der auf Grafikchip-spezifische Treiber wie "intel", "nouveau" oder "radeon" zurückgreift. Stattdessen ist Xwayland jetzt ein eigener X-Server ohne Hardware-spezifische Treiber, der die Bilddaten zur Ausgabe an den Wayland-Compositor (beispielsweise Weston) weiterreicht. Letzterer gibt dann das Bild mit Hilfe hardware-spezifischer Treiber aus. Das Ganze funktioniert somit ähnlich wie Xnest oder Xephyr, bei dem ein X-Server in einem Fenster läuft und die Ausgabe dem Haupt-X-Server überlässt.

Um dabei ordentliche Performance zu liefern, verwendet Xwayland Glamor. Diese bislang über eine Bibliothek eingebundene 2D-Beschleunigungsarchitektur wurde bislang fest nur von dem Radeon-Treiber verwendet. Glamor wurde aber kürzlich überarbeitet; Details liefert X-Urgestein Keith Packard in einem Blog-Beitrag. Die überarbeitete Fassung wurde in den X-Server eingepflegt und hat den neuen Xwayland-Ansatz erst sinnvoll werden lassen.

Genau wie die X-Wayland-Unterstützung soll auch Glamor Bestandteil des X-Servers 1.16 werden, der Anfang Juli erscheinen soll. Die Wayland-seitigen Andockpunkte für Xwayland soll bereits Weston 1.5 bieten, das noch für April geplant ist. Im Herbst erscheinende Distributionen bekommen mit diesen Komponenten so alles frei Haus, um in Zukunft auf den X-Server angewiesene Anwendungen unter Weston auszuführen. Für den Gnome-Desktop und dessen Anwendungen wird man X-Wayland aber nicht brauchen, denn die laufen schon direkt unter Wayland.

Weitere Details zur Architektur von Xwayland erläutert Jasper St. Pierre in einem Blog-Eintrag. Dort geht er auch auf eine Wortmeldung von Nvidia-Entwicklern ein, die mit dem neuen Ansatz nicht recht glücklich sind, weil sich so keine beschleunigte Grafikausgabe für X-Anwendungen realisieren lasse. Laut St. Pierre haben sich daraufhin Entwickler aus verschiedenen Lagern zusammengefunden, die derzeit über Erweiterungen diskutieren, die das von Nvidia Gewünschte ermöglichen sollen. (thl)