Zahlen, bitte! 60 Zonen der UTM-Koordinaten für sichere Navigation

Das gebräuchliche UTM-Koordinatensystem basiert auf Gerhard Mercator, der im 16. Jahrhundert die Idee hatte, wie man die Erde winkeltreu zu Papier bringt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 41 Kommentare lesen
Zahlen, bitte! 60 Meridianstreifen des UTM-Gitters für sichere Navigation
Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Bundeswehrrekruten dürften den Begriff aus der Kartenkunde kennen: “Universale Transversale Mercatorprojektion“. In den Dienstzeiten des Autors durfte man das so mantraartig vor sich hersagen, dass man ihn morgens um drei wecken konnte mit der Frage, was “UTM“ denn bedeute: Sofort käme der Begriff aus ihm heraus, als wäre es eine Religion.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Religion und UTM-Koordinatensystem sind aber auch in gewisser Weise vergleichbar: Genau wie die Religion (für manche Menschen zumindest) bietet das UTM-Koordinatensystem Orientierung und – sofern man den gewünschten Zielort erreicht hat – sogar "Halt". Der Unterschied ist aber, dass das UTM-Koordinatensystem eine messbare Grundlage hat; erst mit Annäherung an die Pole wird auch hier die Orientierung mehr und mehr eine Sache des Glaubens. Interessant ist auf jeden Fall, wie das UTM-System entstanden ist.

Kartograph und Globenfertiger Gerhard Mercartor im Alter von 62 Jahren. Kupferstich von Frans Hogenberg von 1574

Gerhard Mercator ist am 5. März 1512 als Gerhard De Kremer in Rupelmonde auf die Welt gekommen. Zwischen 1530 und 1534 studierte er Astronomie, Mathematik, Kosmografie und Philosophie. Danach arbeitete er als Instrumenten-Bauer und Landvermesser.

Erste Erfahrungen machte Mercator als Kartograph um 1537, als er eine einfache Weltkarte entwarf, sowie eine Karte von Palästina. Nachdem er als Anhänger der Reformation in seiner Heimat verfolgt und eingesperrt wurde, siedelte er mit seiner Familie nach Duisburg um. Dort unterrichtete Mercator Mathematik, Geometrie und Kosmologie, bis er 1563 zum Kartografen im Herzogtum Kleve ernannt wurde. Hier konnte er in dem Bereich arbeiten, in dem er sich später einen Namen machte – den er zuvor von De Kremer in "Mercator" internationalisierte.

Die Mercator-Weltkarte von 1569.

Mercator erwarb sich den Ruf, für die damalige Zeit hochpräzise und detailtreue Karten zu zeichnen, sodass er viele Auftragsarbeiten von anderen Herrschern und Adeligen erhielt. 1569 gelang ihm mit mit der Weltkarte "Nova et aucta orbis terrae descriptio ad usum navigantium" der Durchbruch.

Mercator schaffte, vermutlich mit Inspiration durch das Kartographen-Werk von Erhard Etzlaub, eine Weltkarte im gewaltigen Format 1,31 m × 2,08 m. Da das Format ein wenig zu groß für die Seefahrertasche war (der Verlag, der die Kartenfaltung zur Kunstform erhob, enstand erst Jahrhunderte später), wurde die Karte in 29 Teile zerschnitten und als Band zusammengefasst: Der erste Atlas war geboren.

Mehr Infos

UTM-Zonenkoordinatenbeispiel: 32U 555117 5804274

UTM-Zone: 32U / Planquadrat 32-Nord

Rechtswert/Ostwert (E): 555117

= 500000 - 555117 = 55117 Meter westlich des Hauptmedians.

Hochwert/Nordwert (N): 5804274

= 5804274 Meter vom Äquator entfernt.

Die Koordinaten der Karl-Wiechert-Allee 10 in Hannover; sie führen zum Stammsitz der Heise Medien GmbH & Co. KG.

Am Bemerkenswertesten ist die auf der Karte erstmals in dieser Form vorkommende Mercator-Projektion: Eine Art Zylinderprojektion (nicht in physikalischer Hinsicht), mit der die Länder der Erdkugel winkeltreu auf einem Blatt Papier dargestellt werden können.

Bei der Darstellung ist selbst in kleineren Bereichen der Längenmaßstab in allen Richtungen weitgehend identisch. Konstant parallel und maßstabsgetreu ist sie aber nur entlang der Berührungslinien. Unweigerlich entstehen immer größere Verzerrungen in der Darstellung, je weiter die Darstellung sich Nord- und Südpol nähert.

Eine typisches UTM-Gitter mit seinen 60 Zonen.

Das führt dazu, dass die Insel Grönland mit gerade einmal etwa 2,2 Millionen km² fast genauso groß dargestellt wird, wie der Kontinent Afrika mit über 30,3 Millionen km². Nord- sowie Südpol sind nicht darstellbar, da sie prinzipbedingt im Unendlichen liegen.

Mit den Jahrhunderten entstanden viele verschiedene Koordinatensysteme, aber das Mercator-System blieb bis ins 20. Jahrhundert weiter führend, insbesondere bei Seeleuten.

Das Gauß-Krüger-Koordinatensystem wurde von Carl Friedrich Gauß und Johann Louis Krüger entwickelt und baute auf das ursprüngliche Mercator-Prinzip auf. Es wurde vor allem ab den 1920er Jahren im deutschprachigen Raum genutzt. Es verwendet 3°-Meridianstreifensystem und liegt als Bezugsystem dem Bessel- oder das Krassowski-Ellipsoiden zugrunde; der Projektions-Zylinder ist transversal (querachsig) gegenüber den Polen angeordnet und berührt den Mittelmeridian.

Das UTM-Gitter ist ähnlich wie das Gauß-Krüger-System aufgebaut. Beide nutzen die transversale, konforme Zylinderabbildung. Jedoch nutzt die UTM-Projektion mittlerweile WGS84- bzw. GRS80-Ellipsoide. Der Mittelmeridian wird wegen der größeren Längen- und Winkelverzerrungen an den Zonenrändern um den Faktor 0,9996 verkürzt dargestellt (etwa 40 Zentimeter auf einem Kilometer).
Außerhalb der beiden Durchdringungskreise, die 180 Kilometer vom Mittelmeridian entfernt sind, werden die Flächen bei der Projektion gedehnt, innerhalb etwas gestaucht.

Die Erde wird dabei zwischen dem 180. Längengrad West und 180. Längengrad Ost in 60 Zonen geteilt, welche von West nach Ost durchnummeriert und 6° breit sind. Der deutschsprachige Raum umfasst dabei zum größten Teil Zone 32 (6° bis 12° östliche Länge) und 33 (12° bis 18° östliche Länge).

Eine kleine Geschichte der Karten-Projektionen. (6 Bilder)

Aitov-Projektion. 1889 von Dawid Alexandrowitsch Aitow vorgeschlagen. Darstellung der Erdoberfläche als Ellipse. Dabei ist sie nicht flächentreu, aber auf dem Äquator, sowie auf dem zentralen Meridian längentreu.

Das UTM-System wurde ursprünglich 1942/1943 von der Wehrmacht entwickelt und ab 1947 von den US-Streitkräften übernommen. Von da aus wurde es ein NATO-Standard, ging über in die Rettungsdienste und Feuerwehren und ersetzt im Zuge der Vereinheitlichung mehr und mehr die anderen Koordinatensysteme.

Gerhard Mercator teilte nicht das Schicksal anderer Pioniere, die kaum von ihren Errungenschaften profitierten – er starb 1595 gut situiert und angesehen; sein Prinzip verwenden wir bis heute. Selbst, wenn jemand glaubt, er habe noch nie von Mercator gehört – viele GPS-Navigationsgeräte können mittlerweile ebenfalls mit dem UTM-System umgehen. Immer mehr Vermessungsämter stellen auf ETRS89 und UTM um. Heutzutage trifft man immer öfter auf auf Mercator zurückgehende System, ohne es zu merken. (mawi)