Zank um Kopiervergütung bei Kabel-TV, IPTV und Handy-TV

Die Vergütungsregelung für die so genannte Kabelweitersendung und ihre Ausdehnung auf neue digitale Kanäle zur Verbreitung von Fernsehprogrammen entzweit im Rahmen der Urheberrechtsnovelle die Experten.

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Die Vergütungsregelung für die so genannte Kabelweitersendung und ihre Ausdehnung auf neue digitale Kanäle zur Verbreitung von Fernsehprogrammen entzweit Experten im Rahmen der laufenden zweiten Stufe der Urheberrechtsreform. Privatsender und Kabelnetzbetreiber wehren sich dabei gegen eine "Doppel- und Dreifachvergütung" der Kreativen und Verpflichtungen zur Zahlung erheblicher Millionenbeträge. Die "Münchner Gruppe", in der sich Verwertungsgesellschaften rund um die Thematik der Kabelvergütung zusammengeschlossen haben, möchte dagegen auch die Anbieter von IPTV und Handy-TV aufgrund der umstrittenen rechtlichen Grundlage zur Kasse bitten. Rechtsprofessoren wiederum sind geteilter Meinung, was die Aufrechterhaltung der Vergütungsregelung anbelangt.

Auslöser des Streits ist Paragraph 20b des Urheberrechtsgesetzes, wonach Kabelunternehmen dem Urheber in jedem Fall eine "angemessene Vergütung" zu zahlen haben für das Recht zur "Weitersendung" seines Werks im Rahmen eines "zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme". Diese Verpflichtung besteht der Regelung zufolge auch für den Fall, dass der Schöpfer das Weitersendungsprivileg einem Sendeunternehmen oder einem Tonträger- oder Filmhersteller eingeräumt hat. Der Vergütungsanspruch kann dem Gesetz nach nur über eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

Laut dem Regierungsentwurf zum "2. Korb" der Urheberrechtsnovelle soll die Klausel beibehalten werden. Auch neue "gemeinsame Vergütungsregeln" stehen laut einer geplanten Ergänzung der Zahlungspflicht nicht entgegen. Martin von Albrecht vom Verband der privaten Rundfunkanbieter VPRT plädierte im 2. Teil der Anhörung im Bundestag zur Urheberrechtsreform am gestrigen Mittwoch dagegen auf einer Streichung der Regelung. Eine angemessene Vergütung der Kreativen sei bereits im novellierten Urhebervertragsrecht vorgesehen, führte er aus. Diese würden neben Honoraren der Sender auch bereits Beiträge aus dem Kabelpauschalvertrag von Verwertungsgesellschaften in Höhe von insgesamt über 120 Millionen Euro pro Jahr erhalten. Gänzlich unverständlich erschien dem VPRT-Vertreter dagegen, dass eine Beteiligung der Sendeunternehmen an der bestehenden Kopiervergütung mit dem Gesetzesentwurf abgelehnt worden sei. Diese wolle man notfalls gerichtlich einklagen.

Auch Ralf Heublein vom Deutschen Kabelverband machte deutlich, dass die Kabelfirmen bereits für die Weiterleitungsrechte an Sendeunternehmen und Verwertungsgesellschaften bezahlen würden. Er beklagte zudem, dass bei Verträgen über Vergütungszahlungen künftig alle anspruchsberechtigten Verwertungsgesellschaften hinzugezogen werden müssten. Unterstützung erhielten die Wirtschaftsvertreter von Georgios Gounalakis. Der Rechtsprofessor von der Universität Marburg sieht in dem Vergütungsanspruch für die Kabelweitersendung eine "versteckte staatliche Subvention zugunsten der Urheber und Sendeunternehmen zum Nachteil der Verbraucher". Auf diese würden die Kosten nämlich letztlich abgewälzt. Vier Jahre nach Abschluss des Urhebervertragsrecht müsse sich der Gesetzgeber von der "kuriosen" und sowohl verfassungs- als auch europarechtlich bedenklichen Regelung trennen. Die Kabelunternehmen würden generell nur als Zugangsanbieter auftreten und allein für die Durchleitung von Programmen zuständig sein. Sendeunternehmen sei der Content-Lieferant, der sich die Weiterleitungsrechte bereits gegen einen entsprechenden Obolus einräumen lasse.

Jürgen Becker von der Münchner Gruppe räumte dagegen allein "Rangeleien" um die Höhe der Vergütung ein und forderte, dass die Zahlungsverpflichtung "auf alle technischen Formen der Weiterleitung" anzuwenden sei. Er begrüßte in diesem Zusammenhang, dass in diesem Jahr erstmalig auch Anbieter wie T-Online oder Hansenet für das Angebot von Fernsehen "über das Telefonkabel" in Form von IPTV Weitersende-Lizenzen erstanden hätten. Man habe auch mit den Mobilfunkanbietern Gespräche aufgenommen, um deren Handy-TV-Angebote zu lizenzieren. Dabei sei man bisher aber auf Granit gestoßen, da dort trotz der erfolgenden zeitgleichen, vollständigen und unveränderten Weiterleitung der Programme der Kabelbegriff nicht recht greife. Um eine "Gleichbehandlung" der Anbieter zu erreichen, drohte auch Becker mit einer Klage vor Gericht.

Prinzipiell Rückendeckung lieferte der Münchner Gruppe Thomas Dreier, Urheberrechtsexperte von der Universität Karlsruhe. Ihm zufolge handle es sich bei dem Vergütungsanspruch zwar um eine "gesetzeswidrige Anomalie". Der Weitersender habe nämlich tatsächlich schon einmal für die Rechte gezahlt. Trotzdem sei die weitere Vergütung aber gerechtfertigt, "weil sonst die Urheber nichts erhalten von den Sendern". Die zwei gesetzlichen Grundlagen zur Zahlung bezeichnete Dreier als eine Art Puffer um sicherzustellen, dass tatsächlich Geld in angemessener Höhe fließe. Mittelfristig hinfällig werden könnte die Regelung allein, wenn das Urhebervertragsrecht einmal greife und zwischen Sendeunternehmen und Kreativen Übereinkommen oder Vergütungsregelungen bestünden. Dieser Schutz der Urheber sei aber noch lange nicht flächendeckend gegeben. Von einer reinen Durchleitung von Programmen könne bei einer Kabelfirma zudem nicht die Rede sein, da diese eine bewusste Entscheidung treffe, was wann durch ihre Leitungen gehe und so fremde Urheberrecht für ihre eigenen Tätigkeit in Anspruch nehme.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)