Zensur in China: Sina Weibo will stärker gegen "Schreibfehler" vorgehen

Seit Jahren werden in China gleichklingende Wörter benutzt, um die Zensur zu umgehen. Dagegen will Sina Weibo nun entschiedener vorgehen.

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(Bild: Maciej Zarzeczny/Shutterstock.com)

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Der chinesische Kurznachrichtendienst Sina Weibo will verstärkt gegen die Benutzung von Homophonen und absichtlich falsch geschriebenen Wörtern vorgehen, mit denen Nutzer und Nutzerinnen seit Jahren gegen die strikte Zensur in dem Land vorgehen. Um online ein "ziviles und gesundes soziales Ökosystem beizubehalten", werde das illegale Verwenden homophoner Schriftzeichen, von Wortvarianten und anderer "falsch geschriebener Wörter" zur Verbreitung schädlicher Inhalte jetzt strikter kontrolliert, zitiert das Portal "What's on Weibo". Man rufe die Netzgemeinde dazu auf, Standpunkte in zivilisierter Art und Weise auszutauschen und dazu die standardisierten Schriftzeichen zu verwenden. Wer Verstöße dagegen sieht, solle diese melden.

Auch wenn der Blogeintrag von Sina Weibo es so aussehen lasse, ist das derart öffentlich angekündigte Vorgehen keineswegs neu, ordnet "What's on Weibo" den Schritt noch ein. Angesichts der strikten und allumfassenden Zensurmaschinerie der Volksrepublik ist das chinesische Internet seit Langem bekannt für die kreativen Wege, mit denen Bürger und Bürgerinnen unter anderem die Eigenheiten der chinesischen Sprache ausnutzen, um über untersagte Themen zu sprechen. Ein Beispiel ist das regelrecht legendäre "Grass-Schlamm-Pferd" (草泥馬), das in Mandarin genauso ausgesprochen wird wie eine vulgäre Beleidigung der Mutter des Gegenübers (肏你媽). Eine andere Methode wird bei "Augen-Feld" (目田) deutlich, das geschrieben bis auf wenige Details den Zeichen für "Freiheit" (自由) ähnelt, erklärt Internet Monitor.

Ein aktuelles Beispiel für die derartige Umgehung der Zensurmaschinerie ist der Rückgriff auf die chinesische Bezeichnung für die Niederlande ("Helan"), wenn man eigentlich über Proteste in der Provinz Henan spricht, erklärt die South China Morning Post. Diskussionen über Finanzprobleme einer Bank dort und die Proteste von Menschen, die kein Geld abheben können, würden strikt unterbunden, weswegen etwa gefragt werde "Wie sieht es aktuell aus in der Bank im niederländischen Amsterdam". Ob das von Sina Weibo jetzt angekündigte schärfere Vorgehen Erfolg zeigen wird, ist angesichts der bisherigen Erfahrungen also zweifelhaft. Forscher in den USA hatten schon 2015 ermittelt, dass Algorithmen sogar automatisch Homophone ermitteln können, die für Chinesischsprechende verständlich sind und von Inhaltskontrollen nicht blockiert würden.

Die Ankündigung von Sina Weibo wurde dem Bericht zufolge jetzt teils kritisch kommentiert. "Es wird immer weniger lustig hier", lautete demnach ein Kommentar und "Was bleibt uns noch zu sagen". Einige würden sich um die große Tradition der chinesischen Codewörter Sorgen machen. Andere hätten aber bereits Widerstand angekündigt: "Einfach, weil mein Bildungsgrad so niedrig ist und ich nicht all die richtigen Schriftzeichen kenne."

(mho)