Zentralstelle für Bestandsdaten aller TK-Anbieter in Planung

Die Bundesnetzagentur will die Suche in Provider-Kundendateien mit gesetzlich vorgeschriebenen neuen Funktionen vereinfachen und dafür einen zentralen Datenpool einrichten. Gegner warnen vor einer damit möglichen Rasterfahndung.

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Die Bundesnetzagentur hat Telekommunikationsunternehmen den Vorschlag unterbreitet, die Suche in Kundendateien angesichts neu zu erfüllender gesetzlicher Verpflichtungen zu erleichtern. Dazu sollen neue Suchfunktionen an zentraler Stelle in einem gemeinsamen "Pool" der Bestandsdaten durchgeführt werden, heißt es in einer auf Wikileaks gewanderten Einladung zu einer Anhörung über die Initiative am morgigen Donnerstag in Mainz. Ein solches Verfahren "hätte in Anbetracht der bereits hohen und weiter steigenden Anzahl der von den berechtigten Stellen gestellten Auskunftsersuchen und der nicht unerheblichen Zahl von Verpflichteten" insbesondere bei Namens- und Adressabfragen "unbestreitbare technische Vorteile" für alle Parteien, wirbt die Regulierungsbehörde für das Vorhaben.

Hintergrund des Plans sind überarbeitete Vorgaben für das in Paragraph 112 Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelte automatisierte Auskunftsverfahren über die Bestandsdaten öffentlicher Anbieter. Gemäß der vor knapp zwei Jahren vom Bundestag beschlossenen Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung müssen die Provider auch Ähnlichkeitssuchen mit Jokerfunktionen in ihren Kundendatenbanken durchführen können. Darüber hinaus sollen Anfragen nicht mehr nur für Bestandsinformationen wie Rufnummer, Adresse, Geburtsdaten oder Vertragsbeginn ermöglicht werden, sondern auch für E-Mail-Adressen, Log-in-Daten oder die Mobiltelefon-Gerätenummer IMEI (International Mobile Station Equipment Identity).

Darüber hinaus rechnet die Bundesnetzagentur mit einer Verdoppelung der derzeit 20 Millionen Bestandsdatenabfragen pro Jahr. Die in Paragraph 113 TKG geregelten manuellen Auskünfte sollen demnach nur noch eine Ausnahme bilden. Weiter geht die Regulierungsbehörde davon aus, dass die meisten betroffenen Firmen noch keine Systeme zur Ähnlichkeitssuche implementiert haben. Der Aufbau entsprechender Anlagen sei mit erheblichen Kosten verbunden, da eigene Hard- und Software vorzuhalten sei und diese den Suchalgorithmen der Bundesnetzagentur folgen müsse. Jeder Betreiber solle aber frei entscheiden können, ob er auf das geplante neue Verfahren umschwenken will. Unerlässlich sei zudem eine erneute Änderung von Paragraph 112 TKG.

Trotz der vielen angepriesenen Vorteile haben erste Provider und Branchenverbände bereits im Vorfeld der Sondierung Bedenken gegen das Vorhaben geäußert. "Die Zentralisierung wäre aus Datenschutzsicht verheerend", erklärte ein Sprecher von 1&1 gegenüber heise online. Der im Raum stehende Datenpool würde letztlich alle Telefon- und Internetanschlüsse hierzulande umfassen. Dies könnte naturgemäß "Begehrlichkeiten" wecken und die "Grundlage für Rasterfahndungen" darstellen. Dass als Speicherstelle und "Suchdienstleister" das Bundesverwaltungsamt ins Gespräch gebracht worden sei, das derzeit zu einem Abhörzentrum für die Sicherheitsbehörden des Bunds ausgebaut wird, vergrößere die Bauchschmerzen. Eine zentrale Datenbank ziehe zudem mehr potenzielle Angreifer an als dezentrale Systeme.

Generell ist die Abfrage von Bestandsdaten mit weniger rechtlichen Hürden verknüpft als etwa das Schürfen in Verbindungs- und Standortdaten, erläuterte der Provider-Vertreter die Vorbehalte weiter. Eine große Zahl berechtigter Stellen von der Polizei über Geheimdienste bis hin zur Bundesanstalt zur Finanzdienstleistungsaufsicht dürfe darauf zugreifen. In der Praxis gehe es bei Internetanbietern in diesem Rahmen häufig um die Verfolgung von Urheberrechtsverstößen. Es wäre daher besser, wenn weiter eine zusätzliche Prüfung der Abfragewünsche beziehungsweise der entsprechenden richterlichen Anordnungen durch die Telcos auf formale Richtigkeit erfolge.

Auch der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco will den Vorschlag gründlich abwägen und dabei zunächst vor allem Kostenaspekte im Auge behalten. So sei noch völlig unklar, ob der Ansatz für Provider tatsächlich finanzielle Entlastungen trotz zu erwartender deutlich häufigerer Bestandsdatenabfragen mit sich bringe. Davon unabhängig müsse zudem der Schutz der Grundrechte der Nutzer beachtet werden. Der Verband von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) wollte sich vor der Anhörung noch nicht in der Frage positionieren.

(pmz)