ZeroMQ-Schöpfer Pieter Hintjens ist gestorben

Einer der wichtigsten Vertreter im Kampf gegen Softwarepatente und ein großer Förderer des Open-Source-Gedankens ist letzte Woche auf eigenen Wunsch gestorben. Hintjens litt an einer aggressiven Krebserkrankung.

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ZeroMQ-Schöpfer Pieter Hintjens ist gestorben

Pieter Hintjens als Keynote-Sprecher auf der data2day 2014

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Alexander Neumann

Letzte Woche ist Pieter Hintjens auf eigenen Wunsch verstorben. Er verabschiedete sich am 4. Oktober auf Twitter für ihn typisch mit den Worten "I'm choosing euthanasia etd 1pm. I have no last words." Hintjens, einst Präsident der sich gegen Softwarepatente richtenden Foundation for a Free Information Infrastructure (FFII) und initialer Schöpfer des Advanced Message Queuing Protocol (AMQP), hatte im Frühjahr erfahren, dass er an einem Gallengangskarzinom, einer sehr aggressiven Form eines Tumors, leide, und seitdem in seinem Blog auf berührende, aber auch schockierende Art seine Gefühlslage zum Ausdruck gebracht. Sterbehilfe ist in Belgien, wo Hintjens lebte, in Fällen wie dem seinen erlaubt.

Hintjens wurde 1962 im Kongo geboren und wuchs in Ostafrika auf. Zuletzt war er CEO und Chief Software Designer für die von ihm gegründete Firma iMatix und zugleich Schöpfer der Messaging-Bibliothek ZeroMQ, des AMQP-Messaging-Service OpenAMQ, der Code-Generatoren Libero und GSL sowie des Xitami-Webservers. Wichtiger sind vermutlich seine Bemühungen im FFII-Kontext und als einer der Gründer der Digital Standards Organization. Auch hat Hintjens etliche Bücher verfasst.

Ich lernte Hintjens vor zwei Jahren im Kontext der Big-Data-Konferenz data2day kennen. Im Gespräch stellte er sich als charismatischer Gegenüber mit spannendem Lebenslauf heraus, mit dem sich tiefschürfend über "Gott und die Welt" reden ließ, der ziemlich genau wusste, wie IT und Wirtschaft, aber auch Themen wie Literaturbetrieb und Musik-Business funktionieren.

Dass Hintjens sich während des Gesprächs fleißig Notizen machte, verwunderte mich nicht, hatte er doch vorher formuliert, Ideen für ein mehr philosophisches Buch zu sammeln. Umso mehr überraschte es mich, dass er am nächsten Tag auf der Konferenz, auf der er eine Keynote hielt, die wesentlichen Punkte unseres Gesprächs als roten Faden für seinen Vortrag nutzte. Dieses zweifellos von ihm im wahrsten Sinne "geführte" Gespräch am Abend zuvor war demnach gefühlt so etwas wie der Testlauf seiner frei vorgetragenen Rede gewesen, die erst zögerlich, dann aber eine zunehmend regere Diskussion im Auditorium nach sich zog.

Ich habe nicht viel Zeit mit Pieter Hintjens verbracht, aber er wird mir als einer der großen Intellektuellen des Softwarebetriebs in Erinnerung bleiben. Mein Mitgefühl gilt nun seiner Familie, die ich als Leser des öffentlichen Hintjens kennen lernen durfte. Möge sie die Kraft haben, mit der Hintjens sein Sterben über das letzte halbe Jahr öffentlich gemacht hatte. Er selbst hatte drei Tage vor seinem Tode – wieder über Twitter – zum Ausdruck gebracht, wie wir ihn in Erinnerung behalten sollen: "Tell them I was a writer. A maker of software. A humanist. A father. And many things. But above all, a writer." (ane)