Zustelldienst Amazon Flex: Vom Algorithmus gefeuert

Wer für Amazon Pakete ausliefert, hat meist keinen Kontakt mit Menschen – Ansprechpartner ist eine App. Auch für Entlassungen sind die Algorithmen zuständig.

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(Bild: Hadrian/Shutterstock.com)

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Wer für Amazon Flex Pakete ausliefert, kann von einem Algorithmus entlassen werden und Widerspruch kostet Geld. Das geht aus einem Bericht des US-Magazins Bloomberg zu den Arbeitsbedingungen bei dem Lieferdienst hervor.

Demnach wird die pünktliche Erfüllung der zugewiesenen Aufgaben nicht manuell, sondern nur von Software kontrolliert; sobald unvorhergesehene Hindernisse auftreten, kann das zu einem großen Problem werden. So sei ein Fahrer entlassen worden, der Pakete nicht pünktlich in einen verschlossenen Apartment-Komplex zustellen konnte, einer Fahrerin wurde ein Nagel im Reifen zum Verhängnis.

Amazon Flex wurde in den USA 2015 eingeführt und soll die Lieferfahrzeuge von Amazon ergänzen. Private Fahrer und Fahrerinnen bekommen dabei über eine App Zustellaufträge zugewiesen, vorwiegend zu Paketen, die nicht mehr rechtzeitig in Lieferfahrzeuge geladen werden konnten. Dadurch soll verhindert werden, dass die Bestellung nicht mehr am gleichen Tag zugestellt wird. Auch Essenslieferungen werden per Flex zugestellt Amazon setzt dabei intensiv auf die App und Urteile von Algorithmen, auch weil CEO "Jeff Bezos glaubt, dass Maschinen Entscheidungen schneller und richtiger treffen können, als Menschen", zitiert Bloomberg Eingeweihte. Wer sich für Flex verpflichte, bemerke schnell, dass Algorithmen jede Bewegung überwachen würden, heißt es noch.

Für den ausführlichen Bericht hat Bloomberg 15 Fahrer und Fahrerinnen interviewt, mehrere davon seien überzeugt, dass sie zu Unrecht entlassen worden seien. Sobald es ein Problem gebe, gebe es keine Unterstützung, wird ein Fahrer zitiert. Wer etwa schlechte Bewertungen durch die App berichtigen wolle, wisse nicht einmal, ob er mit Menschen oder einer Maschine kommuniziere. Problematisch sei dabei auch, dass die Amazon-Kunden gar nicht wüssten, welche Hindernisse bei der Zustellung auftreten können. Hier zähle nur die rasche Zustellung. Dabei sei es typisch, dass etwa Wohnkomplexe zur Lieferzeit verschlossen und eine Zustellung unmöglich wäre. Wer die folgende schlechte Bewertung oder schlimmstenfalls den Rauswurf aus dem Programm anfechten will, kann für 200 US-Dollar eine Schlichtung verlangen oder kafkaeske E-Mail-Kaskaden auf sich nehmen.

Ehemalige Manager von Amazon haben Bloomberg demnach berichtet, dass man bei dem Konzern wisse, dass bei solch einem starken Rückgriff auf Algorithmen Fehler passieren würden. Es sei aber billiger, als Menschen mit der Überprüfung zu beauftragen; außerdem würde sich immer schnell Ersatz für die Entlassenen finden. Eine anonyme Quelle sagte demnach sogar, "die Verantwortlichen wussten, dass es verkackt werden wird": "Die einzige Frage war, wie viel Kacke man da haben wollte." Eine Amazon-Sprecherin hat dem widersprochen und die Berichte als "anekdotisch" abgetan. Die große Mehrheit der Teilnehmer und Teilnehmerinnen würde das Flex-Programm anders erleben.

(mho)