Zweibeiner am Ball

Die ersten Mannschaftsspiele humanoider Roboter waren ein Publikumsmagnet bei den fünften RoboCup German Open - allerdings keiner mit besonders lang anhaltender Wirkung. Dazu passierte auf dem Spielfeld einfach zu wenig. Viele Zuschauer wandten sich daher noch während der Demonstrationsspiele anderen Ligen des Roboterfußballturniers zu. Immerhin - es war ein Anfang.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Um für die vom 8. bis 10. April im Heinz Nixdorf Museumsforum in Paderborn ausgetragenen Wettkämpfe (www.robocup-german-open.de) überhaupt Mannschaften humanoider Roboter bilden zu können, hatten sich die Teams der Universitäten Freiburg und Osnabrück darauf verständigt, ähnlich wie in der Liga der vierbeinigen Roboter eine einheitliche und kostengünstige Hardware zu verwenden. Der Spielzeugroboter Robo Sapien, der normalerweise per Infrarot ferngelenkt wird, erhielt statt des Kopfes mit dem Infrarotempfänger einen Pocket PC mit einer aufgesteckten einfachen Kamera. Mithilfe der Weitwinkeloptik konnten die Spieler so sowohl den Bereich unmittelbar vor den Füßen erkennen als auch das Spielfeld überblicken.

Mit dieser vergleichsweise einfachen Ausstattung eine möglichst schnelle und robuste Bildverarbeitung zu implementieren, war eine der Herausforderungen in dieser Klasse. Von den maximal möglichen 1,3 Megapixeln nutzte das Freiburger Team lediglich 320 mal 240 Pixel und erreichte damit eine Frame-Rate von etwa vier Bildern pro Sekunde. Bei der Interpretation der Bilder mussten allerdings auch die extremen Schwankungen des Oberkörpers berücksichtigt werden. Robo Sapien verdankt seine Standfestigkeit den Akkus in den Füßen, die für einen sehr niedrigen Schwerpunkt sorgen. Um diese schweren Füße überhaupt heben zu können, muss er den Oberkörper beim Gehen jeweils in die Gegenrichtung neigen.

Das sieht recht putzig aus, erschwert aber zielgerichtete Bewegungen, zumal der Ersatz des Kopfes durch Pocket PC und Kamera die fein austarierte Gewichtsverteilung des Roboters zusätzlich durcheinander bringen. Die Spieler beider Teams tapsten daher ziemlich plump herum und trafen den Ball eher zufällig - selbst bei Strafstößen. Interessanter waren da schon die mithilfe des japanischen Bausatzes Kondo an der Universität Freiburg und der TU Darmstadt konstruierten Roboter. Sie sind jedoch noch zu teuer, um mit ihnen Teams mehrerer Spieler bilden zu können. So blieb es diesmal noch bei Lauf- und Kickdemonstrationen.

Es war bei den Humanoiden ein wenig so wie bei der ersten RoboCup-Weltmeisterschaft im Jahr 1997. „Damals war man froh, wenn sich überhaupt etwas bewegte“, sagt Ansgar Bredenfeld vom Fraunhofer-Institut für Autonome Intelligente Systeme und Cheforganisator der RoboCup German Open. Die Entwicklung bei den anderen Ligen lässt aber hoffen, dass auch die humanoide Liga in den kommenden Jahren rasch in Schwung kommen wird.

Bei den schon länger etablierten Ligen des RoboCup kommt Stillstand auf dem Spielfeld jedenfalls kaum noch vor. Das hat auch damit zu tun, dass die Quelltexte der verwendeten Programme nach den Wettkämpfen regelmäßig veröffentlicht werden, sodass alle Teams ans höchste Niveau anknüpfen können. So verwenden in der Liga der vierbeinigen Roboter die meisten Teams die Software-Architektur des amtierenden Weltmeisters, des German Teams. Diese Architektur wurde entwickelt, um die Arbeit des auf vier Universitäten (Humboldt Universität Berlin, Universität Bremen, Ruhr Universität Dortmund, TU Darmstadt) verteilten Teams besser koordinieren zu können. Mittlerweile zeigen die Aibos von Sony, die in dieser Liga die einheitliche Hardware sind, eine beeindruckende Vielfalt bei ihren Bewegungen, laufen sehr schnell und orientieren sich sehr sicher auf dem Spielfeld.

Deutliche Fortschritte gegenüber dem Vorjahr waren gleichwohl kaum zu erkennen. Das liegt daran, dass die Spielbedingungen erschwert worden sind: Das Spielfeld ist größer geworden und hat vor allem keine Bande mehr. Diese Bande stellte bislang eine klare Grenze dar. Objekte, die darüber lagen, konnten von den Robotern einfach ignoriert werden. Außerdem war das Verhalten der Roboter am Spielfeldrand darauf ausgerichtet, dass der Ball von der Bande ins Feld zurück rollt. Nun wurde er häufig ins Aus geschoben.

Die Hauptarbeit der Programmierer bestand daher diesmal darin, die vorhandene Software den neuen Bedingungen anzupassen. Doch es gab vereinzelt auch neue Spieltechniken zu bewundern. So setzen die Dortmunder Microsoft Hellhounds, die das Aibo Team Humboldt im Finale mit 4:2 bezwangen, eine neue Sprintmethode ein, bei der der Roboter sich auf die Pfotenspitzen erhebt und dadurch größere Schritte machen kann. Bis zu 50 Zentimeter pro Sekunde sollen so erreicht werden können. Der Pfotensprint kommt jedoch nur relativ selten zum Einsatz, wenn eine längere, geradlinige Strecke bewältigt werden muss.

Ein bemerkenswerter Erfolg gelang den Brainstormers von der Universität Osnabrück: Im Wettbewerb der Simulationsliga spielen sie seit Jahren an der Spitze mit, sowohl bei den Weltmeisterschaften als auch bei den German Open, mussten sich aber regelmäßig mit zweiten oder dritten Plätzen begnügen. Dafür schafften sie diesmal einen Hattrick und können gleich drei Titelpokale mit nach Hause nehmen: In der 2D- und 3D-Simulation gewannen sie klar nach Punkten und in der Middle Size League bezwangen die wendigen Roboter der Brainstormers Tribots das Team Minho aus Portugal mit 5:1. Besonders schön war das erste Tor, bei dem ein Tribot den Ball elegant über den portugiesischen Verteidiger ins Tor hob. (anm)