Zwiebelfreunde: Hausdurchsuchungen bei Datenschutz-Aktivisten rechtswidrig

Die Durchsuchungen bei Datenschutz-Aktivisten waren rechtswidrig, beschlagnahmte Gegenstände müssen zurückgegeben werden. Das wurde nun gerichtlich bestätigt.

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Polizei
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Die Durchsuchungen und Beschlagnahmungen bei Datenschutzaktivisten des Vereins "Zwiebelfreunde" waren rechtswidrig. Das hat das Landgericht München I vergangene Woche entschieden und damit gleich mehrere Entscheidungen des Amtsgerichts München kassiert. Die Betroffenen müssten ihre Gegenstände zurückerhalten, die getroffenen "Maßnahmen können nicht mehr als von der Strafprozessordnung gedeckt angesehen werden", heißt es in dem Beschluss, der heise online vorliegt. Es bestehe keine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, relevante Daten aufzufinden.

Mit der Entscheidung haben die Opfer einer fragwürdigen Ermittlungsaktion Recht erhalten. Hintergrund der Durchsuchungen an verschiedenen Orten in Deutschland Ende Juni waren Ermittlungen zu einem Blog, auf dem anlässlich des AfD-Bundesparteitags in Augsburg zu gewalttätigen Protesten aufgerufen worden sein soll. Als Kontaktmöglichkeit war lediglich eine E-Mail-Adresse bei dem US-amerikanischen E-Mail-Provider RiseUp angegeben. Weil die Zwiebelfreunde eine Bankverbindung für Spenden an den Provider eingerichtet haben, waren sie als Zeugen ins Visier der Ermittler geraten und es wurden ihre Räumlichkeiten durchsucht.

Trotz mehrerer Beschwerden waren die beschlagnahmten Festplatten, Mobiltelefone und Computertechnik sowie Spendenquittungen und Mitgliederlisten einbehalten worden, obwohl die Generalstaatsanwaltschaft München schon kurz danach bestätigt hatte, dass über das Sammeln von Geldspenden hinaus keine Verbindung zwischen RiseUp und den Zwiebelfreunden besteht. Die scharf kritisierten Durchsuchungen waren kurz vor einer ähnlichen Maßnahme in Dortmund bekannt geworden.

Der Verein Zwiebelfreunde will "Technik und Wissen im Bereich Anonymität, Privatsphäre und Sicherheit im Internet" fördern. Dafür werden unter anderem Relays der Anonymisierungssoftware Tor (The Onion Router) betrieben. Die Durchsuchungsbeschlüsse gegen die Mitglieder waren von der Polizei vor Ort auch noch auf andere Räumlichkeiten ausgeweitet worden, darunter auch das OpenLab in Augsburg. Die Durchsuchungen offenbarten entweder "hochgradige kriminalistische Inkompetenz oder bösen Willen bei den bayerischen Ermittlungsbehörden", kritisierte der Chaos Computer Club, dessen Räumlichkeiten ebenfalls betroffen waren.

Das Landgericht München I hat der Kritik der Betroffenen nun weitestgehend Recht gegeben: Man habe keine "keine Anhaltspunkte, dass die Betroffenen, deren Verein Zwiebelfreunde e.V. oder die Gruppierung “Riseup Networks” auch nur zum Umfeld der unbekannten Täter gehören". Es sei deswegen nicht unmittelbar ersichtlich, dass sich bei ihnen Informationen zum Täterumfeld oder zu den Tätern finden lassen. Einzige Verbindung sei die E-Mail-Adresse.

"Nach bisherigen Erkenntnissen" könnten die "Zwiebelfreunde" auch nicht mit Riseup gleichgesetzt werden, erkennt das Landgericht an: Die Verbindung bestehe "nur in der Unterstützung des Netzwerks durch das Sammeln von Spenden". Es bestehe sogar nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass über Riseup selbst Informationen zu erhalten seien, da dort anonym Konten eingerichtet werden können und diese Anonymität sogar empfohlen wird. (mho)