Zypries gegenüber Unions-Forderungen im Anti-Terror-Kampf weiter skeptisch

Die heimliche Untersuchung von Computern per Internet sei "schon ein massiver Eingriff in die Privatsphäre", und auch die Strafbarkeit des Besuchs von Terrorcamps sei problematisch, sagte die Justizministerin im Deutschlandfunk.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 197 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) bleibt bei Kernforderungen des Koalitionspartners CDU/CSU im Anti-Terror-Kampf skeptisch. Die heimliche Untersuchung von Computern per Internet sei "schon ein massiver Eingriff in die Privatsphäre", und auch die Strafbarkeit des Besuchs von Terrorcamps sei problematisch, sagte Zypries im Deutschlandfunk. Mit Blick auf die Vereitelung eines Terroranschlags in dieser Woche fühlt sie sich bestätigt, dass Deutschland im Anti-Terror-Kampf "sehr gut aufgestellt" sei.

Zypries kritisierte die aktuelle hitzige Debatte über Online-Durchsuchungen: "An und für sich gibt es zwischen dem Bundesinnenminister und mir eine Absprache, dass eine Arbeitsgruppe aus beiden Häusern die technischen und rechtlichen Voraussetzungen der Online-Durchsuchung klären soll." Für sie hätte daher keine Notwendigkeit bestanden, öffentlich darüber zu diskutieren. Eine Umfrage von Infratest Dimap hatte ergeben, dass 58 Prozent der Deutschen für Online-Durchsuchungen sind. Am Donnerstag hatte Zypries in einem Interview im Deutschlandfunk gesagt, sie nehme keine zunehmende Unterstützung war und verwies auf die Haltung des Verbands Bitkom.

Die Justizministerin sieht vor dem Hintergrund des jüngsten Anschlagsversuchs Regelungsbedarf beim Verkauf bestimmter Chemikalien, die zum Bombenbau geeignet sind. "Die Tatsache, dass die Chemikalie, um die es bei den drei jetzt gefassten Tätern ging, frei im Handel erhältlich ist, ohne dass der Name registriert wird beim Kauf, halte ich nicht für sonderlich glücklich." Sie prüfe derzeit die Frage, um dem zuständigen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) einen Vorschlag zu machen.

Zu der von den Innenministern verlangten Strafbarkeit des Besuchs von Terrorcamps sagte Zypries: "In Deutschland ist es üblich, dass man nur dann für etwas bestraft wird, wenn man auch tatsächlich etwas gemacht hat – oder wenn man wenigstens Vorbereitungshandlungen getroffen hat, die so weit gehen, dass man schon erkennen konnte, da will jemand etwas machen." Wenn aber jemand an einem solchen Camp teilnehme, nach Deutschland zurückkehre und sich völlig normal verhalte, "dann ist es schon schwierig zu sagen: Trotzdem möchte ich Dich jetzt dafür bestrafen." Ihr Ziel sei, konkretere Vorbereitungshandlungen unter Strafe zu stellen.

Angesichts möglicher Probleme, den Besuch von Terror-Ausbildungslagern nachzuweisen, sagte die Ministerin, wenn der Staat eine Norm erlasse, müsse man sicher sein, dass er sie auch vollziehen könne. Die vom Bundesinnenministerium befürwortete Strafbarkeit von Bombenbauanleitungen im Internet sieht Zypries ebenfalls skeptisch: Zum Teil sei dies bereits strafbar, zum Teil gebe es Schwierigkeiten, solche Internetseiten konkreten Personen zuzurechnen.

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

(dpa) / (anw)