Zypries will geistiges Eigentum in der EU und in China stärken

Die Bundesjustizministerin will im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und der G8-Führung das EU-Patentsystem "effizienter" gestalten und sich für die Achtung gewerblicher Schutzrechte in Asien einsetzen.

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Bundesjustizministerin Brigitte Zypries will im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und der G8-Führung Deutschlands das EU-Patentsystem schlagkräftiger machen und sich zugleich für die stärkere Beachtung sowie Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte in Asien einsetzen. "Deutschlands Status als führende Exportnation beruht maßgeblich auf der Ausfuhr technologischer Innovationsprodukte", heißt es im Hause der SPD-Politikerin zur Übernahme der beiden Präsidentschaften im ersten Halbjahr 2007. Die Bundesregierung setze sich deshalb "nicht nur national, sondern auch weltweit für einen effektiven Schutz des geistigen Eigentums ein".

Deutschland habe "ein großes Interesse an einem kostengünstigen, sicheren und effizienten Patentsystem in Europa", macht Zypries weiter klar. "Im Interesse aller innovativen Unternehmen" unterstütze Deutschland daher weiter das heftig umstrittene European Patent Litigation Agreement (EPLA), mit dem ein übergeordnetes Streitregelungssystem für Europa gemäß einem Vorschlag des Europäischen Patentamtes (EPA) geschaffen werden soll. Das Übereinkommen vermeidet laut der Ministerin "unterschiedliche Urteile nationaler Gerichte und gibt den Rechtsinhabern mehr Rechtssicherheit". Im Kreis der Industriestaaten der G8 werde Deutschland zudem einen intensiveren Dialog mit den Schwellenländern suchen. Die Bundesregierung wolle etwa China dabei helfen, "dass es seine internationalen Verpflichtungen zum Schutz des geistigen Eigentums auch in die Praxis umsetzt".

Das EPLA ist allerdings von vielen Seiten in die Kritik geraten, weil sich damit Hintertüren für die Sanktionierung von Softwarepatenten und die weitgehende Vergabepraxis des EPA über ein nur schwer kontrollierbares übergeordnetes Patentgericht öffnen könnten. Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, appellierte jüngst an die Bundesregierung, sich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gegen eine solche "klammheimliche Legitimierung von Softwarepatenten" einzusetzen.

Das geplante Europäische Patentgericht, das im Rahmen EPLA eingerichtet werden soll, könnte umstrittene Patente durch Fallrecht europaweit letztinstanzlich bestätigen, fürchtet der Mittelstandsvertreter. Dies beträfe auch Schutzrechte auf "computerimplementierte Erfindungen", die vom EPA "weiterhin ungebremst vergeben werden". Die enge personelle Verzahnung der geplanten Gerichtsbarkeit mit der hinter der Münchner Behörde stehenden Europäischen Patentorganisation lässt laut Ohoven "das Schlimmste" erwarten. "Unter dem Deckmantel der Vereinheitlichung des Patentsystems wird der Bock zum Gärtner gemacht. Zudem entzieht sich das Patentgericht der Kontrolle durch die EU". Aufgrund ähnlicher Bedenken hatte im Dezember Frankreich mit Unterstützung etwa von Italien oder Spanien eine Einigung im EU-Rat auf das EPLA verhindert. Zypries will die Opponenten im EU-Regierungsgremium nun beim informellen Treffen der Justiz- und Innenminister Mitte Januar in Dresden umzustimmen versuchen.

Scharfe Proteste gegen das EPLA kommen auch weiterhin vom Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII). Auf einer neu eingerichteten Informationsseite zu dem Übereinkommen warnt die Mittelstandsvereinigung, dass das EPLA "Softwarepatente geradezu unverzüglich legalisieren würde". Es handle sich eindeutig um ein Werkzeug, um die umstrittenen erweiterten Schutzrechte auf Computerprogramme nach dem Nein des EU-Parlaments doch noch zu erlauben.

FFII-Präsident Pieter Hintjens, der die Überlebensfähigkeit des Patentsystems bei einem einfachen "Weiter so" der Verfechter einer Ausdehnung geistiger Eigentumsrechte jüngst anzweifelte, kritisiert zugleich auch die EU-Kommission. Diese verkaufe das EPLA als eine "Zwischenlösung" für das ins Straucheln gekommene Gemeinschaftspatent, habe aber keine Wegbeschreibung für eine solche Fortentwicklung aufgezeichnet. Das EPLA würde so eine "langfristige Konsolidierung des gegenwärtigen kaputten Systems darstellen." Um Auswege zu finden und über ein "neues europäisches Patentsystem" nachzudenken, lädt der FFII Interessierte am 24. Januar in Brüssel zu einer "Europäischen Patentkonferenz" ein.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)