".all" ist noch zu haben

Das niederländische Unternehmen UNIDT hat eine fast perfekte Kopie der klassischen, von der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) verwalteten Rootzone aufgesetzt.

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Von
  • Monika Ermert

Der A-Root steht in Amsterdam. Das sagt zumindestens UNIDT, ein niederländisches Unternehmen, das eine fast perfekte Kopie der klassischen, von der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) verwalteten Rootzone aufgesetzt hat. Auch hier gibt es 13 Rootserver, und davon stehen nur vier in den USA. Auch hier gibt es eine byzantinische Aufsichtsstruktur unter dem Namen Internet Names Authorization & Information Center (INAIC) samt einem INAIC World Council, der dafür sorgt, dass alle vergebenen Top Level Domains auflösbar sind im Netz.

Doch genau hier liegt laut Experten auch der Haken bei der Sache: Zwar verspricht man die Adressierbarkeit der üblichen TLDs vom eigenen System aus, doch die INAIC-Domains sind für den normalen Netzbenutzer eben nicht erreichbar. 1000 US-Dollar (für ein Jahr) für ".all" scheint zwar billig im Vergleich zu den Kosten der Bewerbung bei ICANN, doch für das, was geboten wird, scheint es immer noch zu teuer.

Als eine "weitere Inkarnation des Schwachsinns von einer alternativen Rootzone" bezeichnet Daniel Karrenberg, als Cheftechnologe beim RIPE auch für den Rootserver K verantwortlich, folglich auch das Angebot. Karrenberg warnt, dass die Nutzung der teuer verkauften Top Level Domains in der "großen weiten Welt" nicht ohne "kleine" Konfigurationsänderung möglich ist. Man sei von Weiterleitungen in die Public Root abhängig und sobald auch nur eine Minderheit der Internetnutzer das System nutzten, würde es, so Karrenberg, zusammenbrechen. Außerdem gibt es natürlich keine Garantie, dass von INAIC vergebene Adressen nicht auch noch von der ICANN vergeben werden. Für "asia" zum Beispiel ist eine "schlafende TLD" von INAIC verzeichnet. Das dürfte die Bewerber, die derzeit mit der ICANN über ".asia" verhandeln, nicht besonders freuen.

Trotz all der bekannten Probleme mit dem alternativen Root-Konzept ist die Liste der beantragten Adressen laut Ticker bei UNIDT lang: ".bilgisayar", ".pferde", ".everest", für jeden ist etwas dabei. Unterschieden wird zwischen "corporate TLDs", "public TLDs" und "schlafenden TLDs". Türkischen Firmen kündigten UNIDT und die Turkish Informatics Association kürzlich den Segen mit den neuen "Firmen"-Top-Level-Domains an.

Der Chef der Turkish Informatics Association, Turhan Mentes, begründete die Enstehung des als "Public Root" verkauften Projektes mit Mängeln in der bestehenden Internet-Infrastruktur und monopolistischen Tendenzen. Derartige Kritik hat auch schon eine Reihe anderer alternativer Projekte von OSRN bis zur inzwischen aufgebenen Namensvergabe durch new.net geführt.

"Inhaltlich ist das nichts wirklich neues", urteilt der deutsche ISOC-Chef Peter Koch. Was ihn aber sehr stört, ist der Versuch, Nutzern durch vertraut klingende Abkürzungen und Begriffe zu täuschen. Dass die Macher ihr alternatives System Public Root nennen, dass sie, wie Koch kritisiert, "mit der "DNS Operations Working Group" den Namen der entsprechenden Arbeitsgruppe bei der Internet Engineering Task Force (IETF) plagiieren und auch deren RFCs, erscheint ihm wenig seriös. Unbedarfte Nutzer könnten sich leicht davon verführen lassen. (Monika Ermert) / (anw)