c't 3003: Vorinstallierte Schrott-Apps löschen mit Universal Android Debloater

Viele Android-Smartphones sind ab Werk vollgerümpelt mit unerwünschten Apps. Manche lassen sich deinstallieren, viele nicht. Mit einem Trick klappt's doch.

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Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Auf den meisten Smartphones finden sich unerwünschte Apps, vorinstalliert vom Hersteller oder Provider. Die nerven nicht nur, sondern fressen auch Systemressourcen. Einige dieser Apps lassen sich mit Bordmitteln deinstallieren, viele aber auch nicht. Und hier kommt der Universal Android Debloater ins Spiel.


Transkript des Videos:

Wer schonmal ein Android-Telefon benutzt hat, kennt sehr wahrscheinlich das Problem: Von Anfang an sind da dutzende Apps drauf, die man gar nicht haben will und die einfach nur nerven. Leude, ich will kein Xiaomi-Kreditdings, Lords-Mobile-Schrottspiel und Facebook will ich auch nicht. Dummerweise kann man von dem unerwünschten Zeugs vieles nicht manuell deinstallieren – das frisst dann also ständig Akku und Speicher. Ich zeig euch in diesem Video, wie man solche Bläh-Apps doch loswird; und zwar echt einfach. Ich habe das bei zwei Smartphones ausprobiert, bei einem waren nach dem ersten Einschalten 78 Apps installiert; nach dem Abspecken waren es nur noch 29. Also ein Riesenunterschied; und vor allem: die Aktion hat keinerlei negative Konsequenzen – sondern nur positive. Bleibt dran!

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen hier bei c’t 3003.

Bloatware, ist der Fachbegriff für Software, die eure Geräte aufbläht, also Software, die vorinstalliert ist, die ihr aber in vielen Fällen gar nicht haben wollt. Eigentlich unterscheidet man da zwischen mehr oder weniger praktischer Hersteller-Software; also zum Beispiel der Uhr-App, die auf jedem Smartphone installiert und Dritthersteller-Software, also sowas wie Tiktok oder Facebook. Bei Dritthersteller-Software kassiert der Handy-Hersteller oder auch der Mobilfunkprovider oft Geld von den App-Betreibern.

Wie viel Geld da so genau fließt, ist natürlich meist geheim, aber es gibt ein paar Anhaltspunkte: So hat laut einem Bericht der US-Provider Verizon im Jahr 2016 angeboten, Apps gegen Geld auf Smartphones vorzuinstallieren – 1 bis 2 US-Dollar wurden dafür aufgerufen, und zwar pro App und Gerät. Heftig, oder? Google hat laut Analysten allein 2021 15 Milliarden US-Dollar dafür bezahlt, auf Apple-Geräten die vorinstallierte Suchmaschine zu sein.

Zwischen so praktischen System-Apps wie dem Wecker und unerwünschten Schrott-Apps gibt es natürlich Zwischenstufen; zum Beispiel Apps, die zwar direkt von den Herstellern kommen, aber nicht unbedingt in die beiden Kategorien fallen, also zum Googles YouTube Music oder Samsungs Nachrichten-App Upday. Wollen das alle haben? Nein, eher nicht, sondern die Hersteller wollen damit Geld verdienen. Denn, wer das Zeugs haben will, könnte das ja über den Appstore herunterladen, müsste man ja eigentlich nicht vorinstallieren.

Wenn ihr jetzt denkt, Ist ja alles halb so wild: Doch schon, weil jede einzelne App frisst nicht nur Flash-Speicher, sondern, wenn sie automatisch gestartet wird, läuft sie auch im Hintergrund, knabbert Arbeitsspeicher weg und verursacht Prozessorlast – macht also womöglich das Smartphone langsamer. Und: Jede App ist ein potenzielles Einfallstor für Malware oder Hacking. Und das alles ist komplett unnötig. Man braucht es nicht, man will es nicht, der einzige, der davon profitiert ist der Hersteller oder der Provider. Ein Beispiel für eine völlig unnütze und potenziell gefährliche Software: Auf vielen Xiaomi-Geräten läuft die versteckte App mit dem Namen com.huaqin.factory, die offenbar für Testzwecke in der Xiaomi-Fabrik genutzt wird und die nur mit einem ewig langen Zahlencode gestartet werden kann (*#*#64663#*#*)– tja, und weil damit andere Apps unsichtbar WLAN, GPS und Bluetooth ein- und ausschalten können – ohne, dass sie die Rechte dafür haben – ist die App ganz offiziell eine Sicherheitslücke.

Und weil die App vom System nicht angezeigt wird, kann man sie nicht einfach deinstallieren. Das Gleiche gilt übrigens für viele andere Apps, die in der App-Ansicht normal zu sehen sind. Da fehlt dann einfach der „Deinstallieren“-Button, der da sonst vorhanden ist.

Ich habe mir zwei Smartphones genauer angeschaut, was da so an vorinstallierten Apps unterwegs ist. Einmal das Samsung A33 5G und einmal das Xiaomi Redmi 10; das wir hier sogar in diesem Channel im September 2021 getestet haben. Auf beiden Geräten habe ich keinerlei eigene Apps installiert, sondern einfach auf Werkseinstellungen zurückgesetzt, ein WLAN-Passwort eingegeben und mich in meinen Google-Account eingeloggt. Dann habe ich alle angebotenen Updates einspielen lassen.

Kleiner WTF-Moment am Rande: Das Redmi 10 ist erst 8 Monate alt, scheint aber schon jetzt keine Sicherheitsupdates mehr zu bekommen: Das letzte Security-Update, also der Android-Patchlevel, ist von Dezember 2021 also ungefähr ein halbes Jahr alt.

Dafür gibt es regelmäßig von Xiaomi selbst ausgespielte Updates für vermeintliche System-Apps. Allerdings hat man keine Chance zu sehen, was das genau für Apps sind, denn die Updater-App schneidet die Namen nach maximal 4 Buchstaben ab. Äh, Mi G, Anal, Sich, Pak? Man kann auch nirgendwo drauftappen, um mehr zu sehen.

Insgesamt zeigt mir das Redmi 10 nach der Inbetriebnahme heftige 72 installierte Apps an, darunter so richtigen Schrott wie Pay-to-Win-Spiele oder halt auch so komische Geld-Apps wie Mi Coin oder Mi Credit. Nicht alle dieser 72 Apps tauchen übrigens als Icon auf dem Smartphone, viele davon sind System-Apps ohne Icon.

Wofür man Redmi bzw Xiaomi durchaus loben kann: Man kann sehr viele der Apps sehr schnell mit Bordmitteln deinstallieren; und zwar mit der „Tiefenreinigung“-Funktion. Einfach auf Einstellungen, „Über das Telefon“, Speicher und dann „Tiefenreinigung“ – eigentlich auch kurios, dass Xiaomi das quasi selbst vorschlägt, den ganzen Quatsch zu löschen. Von den 72 Apps lassen sich 29 über diese Tiefenreinigung löschen. Schon ganz gut, aber bleiben halt immer noch 43 Apps.

Sooooo, und jetzt wird es interessant: Man KÖNNTE jetzt mit der sogenannten Android-Debug-Bridge, also adb auf der Kommandozeile rumfrickeln und einige der Apps deaktivieren. ABER: Da muss man dann wirklich sehr genau wissen, was man tut, weil man womöglich irgendwas killt, was für den Betrieb benötigt wird ist. Also keine gute Idee.

Aber, es gibt seit Kurzem die tolle Open-Source-Software Universal Android Debloater. Und die macht selbstständig die ganze Arbeit. Sogar gefahrlos: In der Doku heißt es sinngemäß: Du kannst dein Gerät mit dieser Software NICHT schrotten –im allerschlimmsten Fall klappt der Bootvorgang fünfmal hintereinander nicht, und dann rebootet das Handy automatisch im Recovery-Mode, wo man dann auf Werkzustand zurücksetzen kann und alles wieder ist wie vorher. Ein kurzes Tutorial, wie man den Debloater installiert, kommt ganz am Ende des Videos. Die Software funktioniert mit Geräten von so gut wie allen populären Android-Smartphone-Herstellern und Mobilfunk-Providern.

Der Debloater kann aber natürlich nicht zaubern, komplett vom Datenträger löschen kann er System-Apps nicht, denn dafür bräuchte er Root-Zugang – die System-Partition bei Android ist nämlich im Normalzustand schreibgeschützt. ABER: Der Android Debloater kann die Apps so einfrieren, dass sie nicht mehr sichtbar sind und auch nicht mehr gestartet werden können.

Das Schöne am Debloater ist, dass er eine eingebaute Datenbank hat, er erkennt also die meisten der vorinstallierten Apps und Programmpakete. Man muss also nicht selbst überlegen, was was ist. Die Software teilt die Apps in vier Kategorien ein: Am interessantesten ist „Recommended“, was in diesem Fall heißt „Empfohlen zu entfernen“. Das sind laut der Debloater-Entwickler „Sinnlose oder sogar Pakete mit negativen“ beziehungsweise Apps, die man auch über den Google-Play-Appstore bekommen könnte. Die Kategorie „Advanced“ bedeutet, dass durch das Löschen „obskure oder unwichtige“ Smartphone-Funktionen kaputtgehen könnten, „Expert“ kann _wichtige_ Funktionen kaput machen, aber das Grund-System bleibt am Laufen und „Unsafe“ kann das ganze System lahmlegen. Also nicht für immer, sondern man kann ja immer auf den Werkszustand zurückgehen. Was auf jeden Fall sehr interessant ist: Zu den meisten Einträgen gibt es eine kleine Erklärung, was die App macht und warum empfohlen wird, die zu löschen oder nicht zu löschen. Beim Android-System-Prozess steht da „Offenbar der Kern des Android-Systems, WAHRSCHEINLICH SEHR unsicher, wenn man das deaktiviert“. Beim Chrome-Browser heißt es: „Benutzt einfach Firefox, funktioniert eh besser“. Und man findet auch viele kleine, ziemlich irritierende Tracking-Apps – also wirklich sehr interessant.

Wenn ihr euch nicht im Detail damit beschäftigen wollt, könnt ihr einfach die Voreinstellungen benutzen, also „Recommended“, „Enabled“ und „All Lists“. Jetzt könntet ihr einfach „Select all“ unten klicken und „Uninstall Selection“. Dann dauert das ein bisschen, und wenn alles durch ist, klickt ihr Reboot und zieht das USB-Kabel ab. Fertig.

Tja, und nun zeigt das System nur noch 29 Apps an hier beim Redmi 10. Einige für mich unnütze Apps waren da noch zu sehen, die habe ich dann einfach manuell gelöscht. Am Ende zeigte der App-Dialog in den Einstellungen dann nur noch 25 Apps an – von ursprünglich 72. Das ist doch schon ein netter Unterschied, ich bilde mir auch ein, dass sich das System schneller anfühlt – aber das ist natürlich sehr schwierig messbar. Aber vor allem ging hier in meinen Probeläufen komplett nix an Funktionalität verloren, ich habe zumindest nix gefunden. Achso, doch: Beim ersten Versuch hat der Debloater „com.miui.miwallpaper“ deaktiviert, da konnte ich dann keine Desktophintergründe mehr nutzen, sondern hatte immer nur einen schwarzen Hintergrund. Aber das gute ist: Man kann im Debloater Apps einfach wieder zurückholen, indem man auf „Restore“ klickt und rebootet. Nachdem ich das gemacht hatte, gingen auch die Hintergründe wieder.

So und jetzt zum Samsung A33 5G: Das wirkt auf den ersten Blick deutlich weniger aufgebläht als das Xiaomi, aber es gibt definitiv auch da unschönes Zeugs. Auffallend fand ich, dass das Smartphone bei der Inbetriebnahme so tat, als könnte ich mir aussuchen, ob ich die Tiktok-App installieren will oder nicht. Konnte ich aber gar nicht, das ließ sich nicht wegklicken – bei dem Redmi gab es den gleichen Dialog und da konnte ich schon vorab sagen, Tiktok gar nicht erst zu installieren. Samsung will mir obendrein einen eigenen Appstore andrehen, den ich nicht brauche – es gibt ja schließlich schon den Google Play Store – und außerdem irgendwelche AR-Spielereien.

Sage und schreibe 28,1 GByte genehmigt sich das Samsung-System – und ihr müsst ja bedenken, dass ich noch keine einzige eigene App installiert oder ein Foto gemacht habe! Das ist alles nur das vorinstallierte Zeugs. 78 Apps zeigen die Systemeinstellungen. Anders als das Redmi 10 hat Samsung keine „Tiefenreinigung“ mit der man mehrere unerwünschte Apps auf einmal löschen kann. Hier muss man wirklich jede App antippen und dann manuell deinstallieren. Super nervig, das geht mit dem Debloater viel schneller. Nachdem der die „Empfohlen zu entfernen“-Liste abgearbeitet und ich neu gebootet habe, waren es nur noch 35 Apps. Von Hand konnte ich noch 6 für mich unnütze deinstallieren. Bleiben 29 Apps von anfangs 78. Das ist ungefähr die gleiche Quote wie bei Redmi (da waren es ja 23 von 72).

Ja und Speicherplatz habe ich auch ein bisschen zurückbekommen, allerdings nicht so viel wie erhofft: Bei Samsung waren anfangs 28,1 GByte belegt, nach meiner Behandlung 26,7 GByte. Bei Redmi ging es von ursprünglich 21,8 auf 19,2 GByte runter. Nach einem Systemupdate sollte man den Debloater übrigens nochmal laufen lassen, weil es sein kann, dass dann Apps wieder aktiviert worden sind.

Bevor ich gleich zum Tutorial komme, ein kurzes Fazit: Ich bin echt begeistert vom Universal Android Debloater, das bringt schon echt was. Vor allem hatte ich echt gedacht, dass das Löschen von so vielen Systemapps zumindest zu kleineren Problemen führt. Aber außer dem leicht zu behebbaren fehlenden Hintergrundbilder beim Redmi 10 war da nix. Ich habe auch testweise sehr sensible Apps wie Google Pay installiert, die ja auf vielen modifizierten Systemen oder Custom-ROMs nicht laufen – ging alles problemlos. Beide Handys fühlten sich nach meiner Behandlung auch schwuppsiger an, aber das ist natürlich sehr subjektiv und schlecht messbar.

Aber jetzt zur Anleitung, wie man den Universal Android Debloater installiert.
Zuerst braucht ihr die offiziellen Android-Platform-Tools von Google, weil da das erforderliche adb drin ist. Wenn das bei euch schon läuft, könnt ihr den Part überspringen.

Unter Linux und macOS ist die adb-Installation am einfachsten: Unter Linux einfach mit dem gewünschten Üaketmanager die Andorid-Platform-Tools installieren, also bei einem Debian-basierten System wie Ubuntu einfach „sudo apt install android-sdk-platform-tools“.

Unter macOS installiert ihr erst Homebrew und dann „brew install android-platform-tools“ im Terminal.

Unter Windows braucht ihr zuerst einen ADB-Treiber, einen universellen gibt’s auf adb.clockworkmod.com. Den runterladen und installieren. Links sind übrigens alle in der beschreibung. Dann holt ihr euch hier die Android Platform Tools und entpackt das ZIP in einem beliebigen Ordner. Diesen Ordner müsst ihr nun in euren Windows-Path reintun, damit externe Software einfach adb aufrufen kann. Das geht, in dem ihr ins Windows-Suchfeld „var“ eingebt und dann „Systemumgebungsvariablen bearbeiten“ klickt. Dann noch mal auf „Umgebungsvariablen“ klicken. Dann in dem unteren Feld „Path“ suchen, „Bearbeiten“ klicken und auf „Durchsuchen“. Da hangelt ihr euch dann zu dem Ordner, wo ihr gerade das Zip mit den Platform-Tools reingeworfen habt. Und dann auf ok.

So, ab jetzt ist das Vorgehen wieder für jedes Betriebssystem gleich: Ihr geht auf die Github-Seite vom Universal Android Debloater und sucht euch die für euch passende Variante aus. Das ist ein bisschen verwirrend, weil es die Software einmal mit „opengl“ im Dateinamen gibt und einmal ohne, probiert erstmal die ohne opengl, die läuft unter vulkan und wenn die nicht läuft, probiert die mit opengl. Bei meinem Windows-System funktionierten beide.

Tja, und jetzt müsst ihr noch in eurem Android-Handy USB-Debugging aktivieren. Das geht, in dem ihr in den Einstellungen unter Telefoninfo und Softwareinformationen siebenmal auf die Buildnummer tippt. Dann geht ihr zurück und findet dann im Einstellungsmenü die Entwickleroptionen. Hier dann „USB-Debugging“ einschalten.
Jetzt könnt ihr auf dem Rechner den Universal Android Debloater starten, das Smartphone per USB-Kabel an den Rechner hängen, dann einmal auf dem Smartphone bestätigen, dass ihr dem Rechner vertraut und zack, zeigt der Debloater alle Bläh-Apps an, die auf dem Handy laufen. Fröhliches löschen! Tschüss!


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(jkj)