c't 3003: Warum die Bedienung vieler Streamingdienste und Mediatheken nervt

Gute Inhalte, schlechte Bedienung: Prime Video, Netflix, Disney+, Apple TV+ und vor allem die öffentlich-rechtlichen Mediatheken könnten vieles besser machen.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Warum sind viele Streamingdienste so nervig zu bedienen? c't 3003 wirft einen Blick auf Amazon Prime Video, Netflix, Disney+, Apple TV+ und die öffentlich-rechtlichen Mediatheken.


Transkript des Videos:

Warum sind die Oberflächen von Streaming-Anbietern und den Mediatheken von Fernsehsendern so unfassbar schrottig? Ich kann es mir wirklich nicht erklären und zeige euch hier, was da alles falsch läuft. Warum kommt da Werbung bei Amazon Prime? Warum plärrt hier sofort Autoplay los bei Netflix? Wieso gibt es in der ARD-Mediathek so viele identische Einträge zur gleichen Sendung mit unterschiedlichen Videos drin? Ein paar gute Beispiele habe ich auch, also bleibt dran.

Ja, Streaming-Anbieter und Mediatheken – schön, dass es so viele tolle Inhalte gibt, aber will man alles gucken, muss man auch ganz schön viele Abos abschließen und viele unterschiedliche Plattformen nutzen. Das hier sind aktuell die Marktanteile der Anbieter: Netflix kommt auf 32%, Amazon Prime Video auf 31, Disney+ auf 18% und Sky und Apple haben 7 und 4%. Amazon Prime war lange Zeit Marktführer – ist aber nun überholt worden. Das kann an den Inhalten liegen; aber vielleicht auch an der grausamen Bedienoberfläche.

Guckt mal: Wenn man hier so runterscrollt, weiß man überhaupt nicht, wo man hinschauen soll, alles gleich groß, alles unübersichtlich. Ah, geil, Rambo, super Film. Hä, wie was, das ist doch kein Zeichentrick, aber hier oben steht Rambo, hä? Achso, das ist Werbung – wieso kriege ich hier Werbung gezeigt, obwohl ich 7,99 Euro im Monat für das Abo bezahle? Und wieso ist der Film auf Deutsch, ich will den im Originalton hören! Kann ich aber nicht umstellen, es wird mir hier nur Deutsch angeboten. Ich suche mal manuell nach Rambo. Ok, der erste Treffer ist Rambo I, das ist die rein deutsche Fassung, die ich gerade schon abgespielt habe, das sehe ich aber nicht in der Suche, sondern erst, wenn ich draufklicke. Der zweite Treffer ist Rambo 2 von 1985. Dann kommt der letzte Rambo-Film von 2019, danach Rambo 3 von 1987, dann John Rambo von 2008, dann nochmal Rambo 2 und dann Rambo … also der gleiche Film wie der erste Treffer ABER diesmal in der deutschen UND englischen Sprachfassung. Der ist wiederum aber nicht Teil des Abos, den muss ich extra bezahlen. Hä? Leihen und kaufen kostet in HD mit 3,99 Euro gleichviel, aber in SD ist leihen einen Euro billiger. Ja, klar, alles total logisch.

Auf den Schock muss ich erstmal Kevin allein zu Haus kucken. Hä, den gibts ja auch zweimal? Einmal mit „dt/ov“ in Klammern und einmal mit „4K/UHD“ in Klammern. Bedeutet das jetzt, dass es die 4K-Version nicht in beiden Sprachvarianten gibt? Nee, den gibts auch auf Deutsch und Englisch. Kosten auch beide gleichviel, aber wenn ich die erste Version kaufe, hat die halt schlechtere Bildqualität; und wenn ich 4K will, muss ich nochmal kaufen. Ich check‘s nicht: Wenn es eine gleich teure UHD-Version gibt, warum wird dann die alte Version nicht einfach aus der Suche ausgeblendet?

Ok, dann versuche ich mal eine Serie. Succession ist super, kann ich empfehlen. Da gibt es auch wieder mehrere Versionen, OV und deutsch. Ah cool, aber die deutsche Fassung gibt es ab 0,00 Euro zu kaufen. Wie was, 2,99 Euro, ich dachte die ist umsonst? Ja, der 2 Minuten lange Trailer kostet 0 Euro, das ist sehr gnädig von Amazon. Übrigens ist in den USA schon die dritte Folge der dritten Staffel raus, in Deutschland gibt es zurzeit allerdings KEINEN legalen Weg, sich die anzuschauen – aber gut, das ist ein anderes Thema.

Übrigens: Wir freuen uns über einen Klick auf abonnieren! Und das ist wirklich kostenlos!

Um Nochmal was nettes über Amazon zu sagen: Die Versionsverwirrung von Prime Video wurde in weiten Teilen schon verbessert, gerade bei den selbstproduzierten Serien gibt es keine unterschiedlichen Sprach- und Auflösungsvarianten mehr: Es gibt nur noch eine Version, bei der man dann Auflösung und Sprache im Video umschalten kann – also so, wie man das haben will. Außerdem kann man mit der sogenannten X-Ray-Funktion immer nachgucken, welche Schauspieler gerade zu sehen sind und welche Musik gespielt wird. Das bieten andere Anbieter wie Netflix nicht.

Dafür hat Netflix aber die meiner Meinung nach deutlich hübschere und übersichtlichere Oberfläche. Viele Leute nervt allerdings, dass die Trailer schon losplärren, sobald man auf das Icon navigiert. Das kann man glücklicherweise abstellen – allerdings nur im Browser: Oben rechts auf den eigenen Avatar klicken, dann auf Konto, dann nochmal aufs eigene Profil, Wiedergabe-Einstellungen und dann das Häkchen bei "Automatisches Abspielen der nächsten Folge" wegklicken.

Ansonsten macht Netflix viel richtig, es werden Vorschaubildchen angezeigt, wenn man auf der Timeline hin und herfährt, außerdem gibt es die nette 10-Sekunden vor und zurück Funktion – besonders praktisch, wenn man Netflix auf dem Fernseher mit Fernbedienung bedient, das geht wirklich gut, wenn man mal kurz was nicht mitbekommen hat. Ok, ich lobe Netflix jetzt vielleicht nur so, weil ich neulich beim Gucken der sehr netten Serie The Billion Dollar Code ein fiktives c't-Cover gesehen habe, hihi.

Es gibt aber auch Negatives bei Netflix: Will man zum Beispiel einfach nur alphabetisch sortiert schauen, welche Filme im Angebot sind, geht das nicht; außerdem vermisse ich eine einfache chronologische Auflistung, welche Inhalte in den letzten Tagen dazu gekommen sind. Das ist allerdings bei allen Anbietern so – schließlich wollen die gar nicht, dass ich sofort das finde, was ich suche. Sie wollen die WATCHTIME maximieren, und das machen, indem sie mir möglichst viel Zeugs anzeigen, was ich gerade gar nicht suche, was aber irgendein undurchsichtiger Algorithmus für mich herausgesucht hat. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ich dadurch etwas anschaue, was ich gar nicht gesucht habe. Zumindest haben alle Anbieter eine ganz normale Suchfunktion, das ist ja wenigstens was.

Und jetzt würde ich mich gerne noch über Disney+ aufregen. Das Abo dafür läuft bei mir über Apple und das kann ich auch auf dem iPad und auf meinem Fernseher nutzen. Aber in meinem Browser unter Windows kann ich mich zwar einloggen, aber Disney erkennt das laufende Abo nicht. Außerdem hat Disney+ von allen erwähnten Anbietern auf meinem LG-Fernseher die nervigste Spulfunktion: Ich kann nicht einfach wie sonst mit den Rechts-Links-Richtungstasten hin und her spulen, sondern ich muss wie bei einem alten Videorekorder auf die Vor- und zurückspultasten navigieren und dann da draufdrücken. Puh. Zumindest hat Disney+ keine zusätzlich kostenpflichtigen Inhalte mehr.

Und das regt mich nicht nur bei Amazon Prime Video auf, sondern auch bei Apple TV+ auf. Immer wieder stößt man dort auf Inhalte, für die man irgendwelche Extra-Abos abschließen muss. Zum Teil sind das sogar vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen produzierte Inhalte, für die ich also schon Rundfunkgebühren bezahlt habe.

Apropos öffentlich-rechtliche Sender: Die haben ja auch Streaming-Angebote, die den wundervollen Namen MEDIATHEKEN tragen. Die sind in Sachen Bedienungs-Katastrophe allerdings leider der Endgegner. Wenn ich zum Beispiel nach Babylon Berlin in der ARD Mediathek suche: Dann kommen da unten von hinten nach vorne geordnete Einzelfolgen – ja ok. Aber da oben gibt es bei „Sendungen“ zwei Einträge. Ich klicke mal auf den Ersten. Alle Videos? Kommt nix. Beim zweiten Eintrag geht’s dann. Nun suche ich mal nach der Sendung mit der Maus. Da gibt es dann drei Einträge mit identischen Bildern, drunter steht einmal Kika, einmal Das Erste und einmal WDR. Hinter der WDR-Maus kriege ich ausschließlich „Zeitreisen mit der Maus“, nicht die normale Sendung. Bei Kika und das Erste gibt es die normalen Sendungen, allerdings von jeder immer drei Stück: Als erstes mit Gebärdensprache, dann als Hörfassung und als drittes die konventionelle Variante. Warum muss es dafür drei einzelne Inhalte geben, warum kann man die Fassungen nicht einfach innerhalb der Sendung umschalten?

Am nervigsten finde ich aber, dass es nur die jeweils letzten fünf Maus-Folgen gibt. Alles was älter ist, wird gelöscht. Das hat mit Lizenzrechten und dem Rundfunkstaatsvertrag zu tun. Es gibt unter daserste.de einen erstaunlich verwirrenden Erklär-Artikel zu den Verweildauern: Zitat: „So dürfen einzelne Filme maximal drei Monate online bleiben, während Reihen wie zum Beispiel der Tatort […] bis zu sechs Monate als Video angeboten werden dürfen. Dokumentationen und Informationssendungen dürfen bis zu zwölf Monate online bleiben, kulturelle Beiträge bis zu fünf Jahre.“ Warum nun allerdings die Sendung mit der Maus nur einen Monat angeboten wird, das steht da leider nicht drin.

Und all das ist wirklich jammerschade: Denn wenn ALLE öffentlich-rechtlichen Sender ihre Inhalte zu in einer gut bedienbaren Mediathek zusammenführen würden, dann wäre das eine echte Konkurrenz für Netflix & Co – denn es gibt ja wirklich supergute Inhalte, nur findet man die nicht; oder die werden gelöscht. Stellt euch mal vor: Eine übersichtliche Mediathek mit wirklich alles jemals produzierten öffentlich-rechtlichen Inhalten, also auch von Arte zum Beispiel – ich würde direkt alle Streaming-Abos löschen! Aber das wird nix, es gab solche Pläne mal, aber man hat sich jetzt lediglich dazu entschieden, die Inhalte von ARD und ZDF in den beiden Mediatheken zusammenzuführen – man findet dann also ARD-Sachen in der ZDF-Mediathek und umgekehrt. Na, toll. Tschüß!


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t magazin. Redakteur Jan-Keno Janssen und die Video-Producer Johannes Börnsen und Şahin Erengil veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)