dmexco: Adblock Plus steigt in Werbevermarktung ein

Mit einer neuen Plattform versucht die Kölner Firma Eyeo, auf mehr Webseiten akzeptable Werbung ausspielen. Werbeverkäufer will die Firma aber nicht sein.

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Adblock Plus steigt in Werbevermarktung ein

(Bild: heise online / Torsten Kleinz)

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Von
  • Torsten Kleinz
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Pünktlich zur Branchenmesse dmexco hat die Kölner Adblock-Firma Eyeo ein neues Angebot in die Welt gesetzt. Mit der Acceptable Ads Platform will es mehr Website-Betreiber gewinnen, um "Acceptable Ads" auszuliefern.

Zusammen mit dem Werbe-Dienstleister Combotag hat Eyeo ein System entwickelt, das es den Betreibern von Webseiten ermöglichen soll, Werbung an Adblock-Plus-Nutzer auszuspielen. Bereits 2011 hatte Eyeo das Programm "Acceptable Ads" gestartet, das es "nicht nervender" Werbung erlaubt, den Adblocker zu passieren, sofern der Nutzer diese Ausnahmen nicht aktiviert. Prominente Kunden auf der Whitelist sind beispielsweise Google, Amazon und Microsoft, die vorwiegend einfache Textanzeigen an die Nutzer von Adblockern ausliefern und Eyeo beträchtliche Einnahmen verschaffen.

Diese Kundenbasis will Eyeo nun mit einer einfacheren Plattform wesentlich erweitern. So habe es in der Vergangenheit teilweise Wochen gedauert, bis ein Werbeplatz freigeschaltet werden könne. Mit der neuen Plattform soll dieser Prozess nun in kürzester Zeit erledigt sein.

Dies funktioniert, weil Eyeo mit Firmen wie Criteo, Taboola und Outbrain Partnerschaften geschlossen hat, Werbung speziell für Adblock-Nutzer bereitzustellen. Die Nutzer können per Drag and Drop Werbeanzeigen auf ihre Webseiten ziehen und müssen dazu nur einen einfachen Tag in den Code ihrer Website einfügen, verspricht Eyeo. Entwickler-Arbeit sei nicht nötig. Zur demexco ist die Plattform im Betabetrieb gegangen.

Dass ein Adblock-Produzent Werbung akquiriert, sieht Eyeo-Geschäftsführer Till Faida nicht als Widerspruch: "Wir verkaufen keine Werbung", betonte Faida im Gespräch mit heise online. Über die neue Plattform werde es den Werbetreibenden allenfalls erleichtert, Acceptable Ads zu nutzen.

Durch das Programm sollen Werbetreibende motiviert werden, auf störende Werbeanzeigen zu verzichten. "Mich hat immer geärgert, dass es Werbung gibt, die zwar alle Kriterien für Acceptable Ads erfüllt, aber dennoch nicht angezeigt werden kann", sagt Faida. Dennoch werden auch auf der neuen Plattform Nutzern ohne Adblocker weiterhin konventionelle Werbung ausgespielt. Eyeo und seine Partner bekommen einen Anteil der zusätzlichen durch Acceptable Ads erzielten Werbeeinnahmen.

Kritik kommt von dem Bundesverband Digitale Wirtschaft, die auch die dmexco veranstaltet. Oliver von Wersch, stellvertretender Vorsitzender des Onlinevermarkter-Kreises (OVK), griff das Unternehmen in scharfen Worten an. "Wenn Eyeo anfängt, Inventar zu vermarkten, das ihnen gar nicht gehört, zeigt es, wessen Geistes Kind diese Leute sind."

Er verglich Eyeo mit einem Türsteher, der sich vor einer Diskothek platziert, die ihm gar nicht gehört und das Publikum vom Betreten abhält, wenn er nicht bezahlt wird. Zwar müsse sich die Branche ernsthaft mit den Ursachen beschäftigen, warum Nutzer Adblocker installierten und sich der Werbung verweigerten, räumte von Wersch ein – er werde deshalb jedoch nicht mit "unseriösen Unternehmen" zusammenarbeiten. Das neue Eyeo-Angebot werde in Zukunft wohl auch die Gerichte beschäftigen.

Auf der dmexco muss sich Eyeo auf Konkurrenz einstellen. Denn auch die Adblock-Blocker haben begonnen, "wiederhergestellte Werbeplätze" zu vermarkten. So versuchen zahlreiche Dienstleister Adblocker auszumanöwrieren, indem Werbung im Datenstrom versteckt oder direkt über die Server des Publishing-Anbieters ausgeliefert wird. Diese Werbeplätze sollen nun aktiv vermarktet werden. Werbeanbieter haben also die Auswahl, ob sie Eyeo oder die Adblock-Blocker bezahlen wollen, um die Werbeverweigerer zu adressieren. Einnahmeverluste müssen sie in beiden Fällen hinnehmen.

Einen ausführlichen Artikel mit weiteren Hintergrund-Informationen zu den Entwicklungen im Onlinewerbe-Markt finden Sie in der c't-Ausgabe 19/16, die derzeit im Handel ist.

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(anw)