eHealth: Kassenärzte in Testregion stoppen Einführung des E-Rezepts

Wegen Datenschutzproblemen steigt die Kassenärztliche Vereinigung in der Testregion Schleswig-Holstein aus der geplanten Einführung des E-Rezepts aus.

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Digitale Rezeptsammelstelle

An einer solchen digitalen Sammelstelle werden Rezepte gescannt und direkt an die Apotheke übermittelt.

(Bild: dpa, Harald Tittel/dpa)

Update
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Kurz vor der geplanten Einführung des elektronischen Rezeptes in der Testregion Schleswig-Holstein warnen die dortigen Datenschützer vor ungeschützter elektronischer Übermittlung des E-Rezepts mittels E-Mail und SMS. Daher hat die Kassenärztliche Vereinigung (KVSH) des nördlichsten Bundeslandes beschlossen, das E-Rezept vorerst nicht einzuführen. Das sollte eigentlich im September geschehen.

Da der Versand von 2D-Codes beim elektronischen Rezept nach Ansicht der Datenschutzbehörde Schleswig-Holsteins der Übermittlung von Gesundheitsdaten entspricht, muss dieser entweder mit geeigneten Methoden Ende-zu-Ende-verschlüsselt oder mit anderen Sicherheitsfunktionen abgesichert werden, sagen die Datenschützer. Das vorgesehene Verfahren, den 2D-Code auszudrucken, wird von ihnen als zulässig bewertet. Ob auch Westfalen-Lippe – die zweite Testregion – die Reißleine für das elektronische Rezept zieht, ist noch unklar.

Den Ausstieg erklärt die KVSH in einem Schreiben an ihre Vertragsärzte so:

"In der analogen Welt geht die Verantwortung für den formalen Umgang mit einem Rezept mit der Abgabe der Praxis an den Empfänger über. Was dieser/diese damit tut, ist allein seine/ihre Sache. In der digitalen Welt können Sie als Ärzte/Ärztinnen auch für Fehlverhalten oder missbräuchliche Anwendung datenloser QR-Codes durch Dritte in Haftung genommen werden, wie wir jetzt erfahren. Daher muss die Funktionalität sofort nach Bekanntwerden zu Ihrem Schutz unterbunden werden."

Während der einfache Ausdruck eines E-Rezeptes unproblematisch ist, gibt es auch sichere Verfahren für die elektronische Übertragung des E-Rezepts bis in die Apotheke. Eines ist eine von der Projektgesellschaft Gematik entwickelte App, für die allerdings ein NFC-fähiges Smartphone und eine NFC-fähige elektronische Gesundheitskarte (eGK) benötigt wird. Sie ist erkennbar an der Bezeichnung "G 2.1" rechts oben auf der Vorderseite. Im Zusammenspiel mit der App können Versicherte so in der Apotheke nachweisen, dass er oder sie rechtmäßige Inhaber des Tokens sind, die vom 2D-Code repräsentiert wird. Wegen des Chipmangels, der zum Teil auch Krankenkassen betrifft, sind bisher jedoch noch nicht für alle Versicherten NFC-fähige eGK in Umlauf gebracht worden.

Eine weitere Methode wäre, dass die Arztpraxis den QR-Code per KIM an eine Apotheke schickt. KIM steht für "Kommunikation in der Medizin" und ist ein verschlüsseltes E-Mail-System mit POP3-Postfächern. Dafür müssen sowohl Arztpraxis als auch Apotheke eine KIM-Mailadresse haben. Allerdings besitzen derzeit noch wenige Apotheken eine solche Adresse, weil ihnen die Kosten für diesen Dienst im Unterschied zu den Arztpraxen derzeit noch nicht erstattet werden.

Die dritte Methode liegt in der Nutzung des E-Rezepts mithilfe der eGK. Wie genau diese Methode funktionieren soll, steht noch nicht fest. Zudem soll sie erst im Jahr 2023 zur Verfügung stehen.

In dem Schreiben an ihre Vertragsärzte warnt die Kassenärztliche Vereinigung ausdrücklich vor einer vierten Methode: "Vermeiden Sie beim ausgedruckten E-Rezept außerdem unbedingt eine Übermittlung per Fax, denn dies ist datenschutztechnisch ebenfalls unzulässig."

Außerdem warnt die KV Schleswig-Holstein, die E-Rezept-Zahlen auf dem TI-Dashboard der Gematik für bare Münze zu nehmen. Hier würden die ausgedruckten 2D-Codes mitgezählt. "Die KVSH wird sich unterstützend wieder einschalten, wenn ggf. durch Gesetzesanpassungen und/oder technische Gematik-Aktivitäten eine Entbürokratisierung für Praxen und eine Alltagstauglichkeit absehbar ist", heißt es abschließend in der Absage.

Update

Artikel überarbeitet, um falsche Aussage zum Ausdruck von E-Rezepten zu korrigieren und Details ergänzt

(mack)