heise meets…. Quantencomputing – wann wird der Hype Realität?

Dr. Joseph Reger, CTO Fujitsu, erläutert: Quantencomputing wird klassische Rechnersysteme nicht ablösen, beide werden künftig spezifischen Anwendungen finden.

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Von
  • Gisela Strnad
Inhaltsverzeichnis

In der neuen Ausgabe unseres Podcasts "heise meets…. Der Entscheider-Talk" spricht Gisela Strnad mit Dr. Joseph Reger, Chief Technology Officer von Fujitsu. Er meint, Quantencomputing im engeren Sinn sei heute kaum realisierbar. Zwar wirkt Quantenphysik schon heute im Hintergrund bei einigen Technologien mit, ohne dass sie für Laien vollständig wahrnehmbar ist. Auch quantenmechanische Effekte werden auf Halbleitern bereits genutzt, aber es wird noch dauern bis echtes Quantencomputing möglich ist.

Dr. Joseph Reger, CTO Fujitsu

Ein Rechner aber, der voll quantenmechanisch mit einer völlig anderen Logik und nach anderen Regeln in einem Quantenzustand agiert, kann durch Superposition, Verschränkung (Q-bits) und Quantentunneln heute schon erheblich mehr als ein konventioneller Computer. Dabei sind die Quantengattersysteme gewissermaßen als "heiliger Gral" universell einsetzbar. Aber es gibt Herausforderungen im Hinblick auf die Methode, die Prozesse sowie die Anlage. Die erforderlichen Quantenalgorithmen sind überwiegend noch unbekannt, die bestehenden Quantenrechner können den Quantenzustand nur Mikrosekunden lang halten, und die heutigen Rechner sind noch viel zu klein.

Eine echte Brückentechnologie ist aber schon verfügbar: Es gibt Annealer, adiabatische Quantenrechner zur Optimierung, die eigentlich alle relevanten gegenwärtigen Probleme der Industrie lösen können. Sie haben bis zu 5000 Q-bits und sind kommerziell einsetzbar. Quantenemulatoren wie der Digital Annealer stellen die Quanteneffekte zwar im klassischen Zustand, aber durch eine besondere Hardware nach und erweitern damit das Anwendungsspektrum im Bereich der Optimierung. Hier sind sie bis zu 10.000 Mal schneller als herkömmliche Alternativen – etwa im Bereich der Verkehrssteuerung sowie in vielen anderen Bereichen.

In puncto Quantencomputing steht Deutschland im Mittelfeld der forschenden Nationen – mit Luft nach oben. Ratsam wäre für die nationale Agenda eine Konzentration auf Software und Anwendungen, insgesamt sollte die Forschung aber eher international orientiert und konzertiert sein. Kleinere Projekte auf Basis der Supraleitung zur Implementierung haben das Problem, dass die entsprechenden Quantenzustände zu schnell zerfallen – aber es gibt Alternativen wie Ionenfallen, Photonik oder topologische Quantenrechner. Eine systematische und gezielte nationale Förderung zwecks Portfolioentwicklung wäre hier hilfreich, um Deutschland fit zu machen für das Quantenzeitalter.

Eine weitere Problematik für das derzeitige Quantencomputing ist die Tatsache, dass diese Rechner die Cloud benötigen – aber Unternehmen bräuchten die Computer wegen der Latenzzeiten sogar in einem 5G-Netz unbedingt on-site. Dafür sind jedoch die erforderlichen Betriebsbedingungen wie der extreme Kühlungsbedarf zu extrem. Gerade hier sind Alternativen wie der Digital Annealer derzeit besser geeignet, denn sie können problemlos vor Ort eingesetzt werden.

Mit anderen Schlüsseltechnologien wie KI können Quantenrechner eine regelrechte Symbiose eingehen – und ganz neue Perspektiven erschließen. Jedoch müssen die verfügbaren Quantencomputer dafür zunächst erheblich ausgereifter werden. Dann aber könnten sich Quantencomputing und KI gegenseitig befruchten und die Entwicklung vorantreiben.

Die Evolution der Quantensysteme schreitet schnell voran. Dennoch: Anstelle eines Verdrängungseffekts werden sich Quantencomputing und klassisches Computing künftig ergänzen. Auch herkömmliche Rechner haben ihre Stärken gegenüber der neuen Technologie – und Lösungen wie der Digital Annealer bringen manchmal das Beste aus beiden Welten zusammen. Entscheidend ist der Komplexitätsgrad der Aufgaben. Demzufolge ist mit einer alles Heutige wegfegenden "Quantenrevolution" nicht zu rechnen – aber mit Möglichkeiten, die heute vielleicht sogar noch außerhalb der Vorstellungskraft liegen.

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(jk)