Österreich: Urteil gegen ausgespähte Terrorverdächtige aufgehoben

Der Oberste Gerichtshof hat Urteile gegen ein Paar zum Teil aufgehoben, das unter anderem wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden war. Der Verfassungsschutz hatte den Computer eines der Verdächtigen überwacht.

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Der Oberste Gerichtshof (OGH) Österreichs hat Urteile gegen ein Paar zum Teil aufgehoben, das unter anderem wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden war. Mahmoud M. und seine Lebensgefährtin Mona S. hatten Texte übersetzt und online gestellt. Darunter sollen auch Anschlagspläne der Terrororganisation Al Kaida gewesen sein. Der Staatsanwalt ist außerdem überzeugt, dass M. im März vergangenen Jahres an der Produktion eines Drohvideos beteiligt gewesen ist und dieses im Internet verbreitet hat. M. stritt jede Beteiligung daran ab.

Das nun aufgehobene Strafmaß belief sich auf vier Jahre Haft für M. und 22 Monate für S. Beide sitzen seit etwa einem Jahr in Untersuchungshaft. Wie der Verteidiger der beiden gegenüber heise online angab, liegt die Begründung der OGH-Entscheidung noch nicht vor. Neue Strafmaße sollen in der für Herbst geplanten Wiederholung des Prozesses festgelegt werden.

Der Prozess gegen Mahmoud M. und seine Lebensgefährtin Mona S. hatte mehrfach für Aufsehen gesorgt. Während der Ermittlungen gegen M., in deren Verlauf ein so genannter Großer Lauschangriff richterlich genehmigt worden war, hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) auf dem Computer des Verdächtigen 98 GByte an Daten erzeugt. Die Polizei war in M.s Wohnung eingebrochen, hatte Wanzen angebracht und auf seinem Computer Software installiert, die alle Tastaturanschläge aufzeichnete und alle 60 Sekunden den Bildschirminhalt festhielt.

Die damit erzeugten Daten wurden automatisch an die Polizei übermittelt. "Das ist keine Online-Durchsuchung, sondern eine Online-Überwachung", sagte ein als Zeuge geladener BVT-Mitarbeiter vor Gericht. Die Rechtmäßigkeit dieses Vorgangs ist umstritten, der OGH dürfte die entsprechenden Beschwerden des Verteidigers jedoch verworfen haben.

Die angeklagte Frau hatte sich vor Gericht geweigert, ihre Burka (Ganzkörperschleier) abzunehmen und war daher vom Verfahren ausgeschlossen worden – was vom OGH offenbar als rechtmäßig bestätigt wurde. In einer verlesenen Stellungnahme hatte sich S. damit verteidigt, nur Medienarbeit gemacht und Dienstleistungen angeboten zu haben: "Dass wir Sachen von der Al Kaida übersetzt haben, heißt nicht, dass wir auch die Meinung vertreten haben. Wir wollten die Al Kaida nicht fördern."

Rechtskräftig ist das Urteil gegen den Mann in den Punkten Nötigung der Bundesregierung, schwere Nötigung und Aufforderung zu einer mit Strafe bedrohten Handlung. Die Verurteilung für die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und Beteiligung an einer kriminellen Organisation dürften jedoch aufgehoben worden sein, weil die den Geschworenen gestellten Fragen "zu abstrakt" gewesen sein sollen. Das Urteil gegen die Frau wurde komplett aufgehoben, sie könnte im zweiten Prozess sogar freigesprochen werden. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)