Österreichs Mobilfunker: Lange Vorratsdatenspeicherung ist unnütz

Die Mobilfunk-Netzbetreiber in Österreich betonten ihre Funktion als Verteidiger der Kundendaten gegenüber zu neugierigen Behörden.

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Einhellige Ablehnung hat die Ausweitung der Telecom-Überwachung bei der Veranstaltung Mobile Business 06 des e-center in Wien erfahren. Die Data-Rentention-Richtlinie der EU macht die Vorratsdatenspeicherung verbindlich, die Mitgliedsstaaten müssen die Speicherdauer im Bereich von sechs bis 24 Monaten individuell festlegen. Die österreichische ITK-Branche hofft auf eine Festlegung am unteren Limit. Die Mobilfunk-Netzbetreiber betonten ihre Funktion als Verteidiger der Kundendaten gegenüber zu neugierigen Behörden.

Pro Tag würden alleine bei den österreichischen Mobilfunk-Netzbetreibern 60 bis 100 Millionen Datensätze anfallen, erklärte Klaus M. Steinmaurer, Leiter der Rechtsabteilung von T-Mobile Austria. Diese auswertbar zu speichern würde enorme Kosten verursachen – umso länger gespeichert werden müsse, desto teurer würde die Speicherung. "Wir sollten bei der Sechs-Monatsfrist (für Datenspeicherungen) bleiben. Alles andere wäre überschießend und nicht notwendig. Das lässt sich auch belegen." 80 Prozent aller Abfragen durch Polizei und Gerichte würden innerhalb von drei Monaten erfolgen, 99 Prozent innert eines halben Jahres.

"Von den richterlichen Aufträgen (zur Herausgabe von Daten) müssen wir elf Prozent zurückweisen", betonte Steinmaurer, "weil sie inhaltlich falsch oder rechtswidrig sind." Vertreter anderer Mobilfunknetzbetreiber bestätigten diese Statistik, halten die Zahlen sogar eher für zu gering. In der Vergangenheit seien oft unbewältigbare Überwachungsaufträge gekommen, berichtete der T-Mobile-Jurist. Erst nach juristische Gegenwehr, der dadurch erreichten Verankerung der "Verhältnismäßigkeit" im Sicherheitspolizeigesetz, und nachdem die Gerichte einen Teil der Kosten übernehmen müssten, hielten sich die ausufernden Aufträge in Grenzen. Missbrauch müsse "massiv eingedämmt werden", forderte Dietmar Appeltauer von Siemens Österreich, für den sechs Monate "wirklich mehr als genug" sind. "Wir bei Microsoft sind ein Anhänger der Sechs-Monatsfrist", sagte auch Christian Maranitsch, Leiter der Enterprise & Partner Group bei Microsoft Österreich.

"Solange wir in einer demokratischen Republik leben, ist der Big Brother eine Mär", glaubt Steinmaurer. Allerdings sinke mit steigender Datenmenge die Aufklärungswahrscheinlichkeit eines Verbrechens. Auch der auf Urheber, Werbe- und Telecom-Recht spezialisierte Anwalt Georg Zanger fürchtet, dass die Fehlerquote durch die zusätzlichen Datenmengen höher wird. Generell kritisierte er Überwachung der Bürger, deren Einsatz sich schnell gegen die Sicherheit der Überwachten richten können. Die Siemens-Kameras am Pekinger Platz des himmlischen Friedens seien zur Verfolgung von Dissidenten genutzt worden – und hätten ganz andere Auswirkungen als bisher die zahlreichen Kameras in Monaco: "Wenn das Dritte Reich Überwachungskameras gehabt hätte, wäre die 'Endlösung' wahrscheinlich zu 100 Prozent erfolgt."

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

(Daniel AJ Sokolov) / (jk)